Notwohnung für Zwangsverheiratete

Im Juli wird in Wien eine Notwohnung für von Zwangsheirat bedrohte oder betroffene Frauen eingerichtet. Dies hatten Frauenorganisationen schon seit geraumer Zeit gefordert. Bis zu zehn Frauen in Notsituationen werden hier Platz finden.

Die Frauenservicestelle Orient Express hat im Vorjahr 89 Frauen (58 Bedrohte und 31 Betroffene) zum Thema Zwangsheirat beraten und betreut und in der Vergangenheit immer wieder auf die Errichtung einer Notwohnung gedrängt.

24-Stunden-Betreuung

Die Zahlen steigen, was auf die zunehmende Information über das Thema zurückzuführen sei. Der Verein übernimmt nun per Juli die 24-Stunden-Betreuung der neuen Notwohnung. Aufgenommen werden Mädchen und junge Frauen im Alter von 16 bis 24 Jahren, wobei man bei der Altersgrenze sicher Ausnahmen machen werde. Die Herkunftsländer der Betroffenen sind unterschiedlich - sie stammen etwa aus der Türkei, Afghanistan, Indien, Syrien oder aus dem Kosovo.

Die Errichtung sei bereits „überfällig“ gewesen, meinte eine Vertreterin des Vereins, umso glücklicher sei man nun über diesen Schritt. In etwa einem Jahr soll die neue Einrichtung evaluiert werden. Orient Express hat in der Vergangenheit auch Schulworkshops zur Sensibilisierung von Jugendlichen durchgeführt. Für dieses Jahr habe es hierfür allerdings keine Subvention gegeben. In Zukunft hofft der Verein, diese „wichtige Maßnahme, um an die Zielgruppe heranzukommen“, wieder durchführen zu können.

Innen- und Frauenministerin einig

Die Finanzierung der Notwohnung teilen sich Innenministerium und Frauenministerium. Für eineinhalb Jahre sind rund 360.000 Euro budgetiert. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hielt fest: „Zwangsheirat ist in Österreich kein Kavaliersdelikt. Mit der Umsetzung des Projekts setzen wir ein deutliches Zeichen." Sie sei weiters stolz darauf, dass man den betroffenen Frauen Mut machen könne, „sich zu befreien“.

Auch Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) zeigte sich erfreut darüber, dass mit der Notwohnung ein wichtiges Projekt aus dem Regierungsprogramm umgesetzt werden konnte: „Damit setzen wir ein klares Zeichen, gegen diese Form von Gewalt treten wir entschieden auf.“ Sie erklärte außerdem: „Die Notwohnung soll nicht nur Unterkunft sein. Mädchen und Frauen werden auch beraten und unterstützt, Gewalterfahrungen zu verarbeiten und hinter sich zu lassen.“

„SozialMarie“ für „Orient Express“

Für ihr Engagement gegen Zwangsheirat wurde der Verein „Orient Express“ im Mai mit der „SozialMarie“ ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich an Institutionen vergeben, die durch innovatives Engagement abseits von karitativen Großprojekten auffallen.

Preisverleihung Sozialmarie

ORF

Sprecherin von „Orient Express“ nimmt die SozialMarie in Empfang

„Orient Express“ betreibt seit 2012 eine Online-Plattform, auf der von Zwangsheirat bedrohte oder betroffene Frauen anonym per Email Hilfe in Anspruch nehmen können. Der Onlinedienst soll Mädchen und Frauen dazu ermutigen, Hilfe zu suchen ohne dabei sofort persönlich und direkt mit den Beraterinnen in Kontakt treten zu müssen - mehr dazu in Sozialmarie für zwei Wiener Projekte.

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