Jugendhaft: Drohung durch Wärter

Übergriffe in Jugendstrafanstalten dürften auch durch das Wachpersonal stattfinden. Wie das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte in Strafanstalten in Wien und Niederösterreich erhoben hat, berichteten Insassen von Bedrohungen und Schlägen durch Beamte.

Zwei Jahre lang untersuchte man die Erfahrungen von jungen Häftlingen in den Justizanstalten (JA) Gerasdorf und Wien-Josefstadt. Dabei wurde auch von Formen der Gewalterfahrung durch Justizwachebeamte berichtet.

Es scheint kaum körperliche Übergriffe durch die Beamte gegenüber den Insassen zu geben, doch in diesem Zusammenhang wurde von den Häftlingen von „Watschen“, Drohungen mit Bestrafungen, Provokationen, unfaire Beschuldigungen und Überreaktionen berichtet.

„Ich mach Dir das Leben zur Hölle“

Drohungen wie „Ich mach Dir das Leben zur Hölle“ sollen ebenso vorkommen wie Schläge gegen Insassen. Erzählt wurde außerdem von rassistischen Beschimpfungen. Die Insassen meinten, dass „niemand einem Häftling Glauben schenken würde“, wenn sie sich über gewalttätiges Verhalten oder Misshandlungen durch Beamten beschweren würden. Die befragten Häftlinge sahen demnach „keine Möglichkeit, sich gegenüber schlechter und unfaire Behandlung der Beamten zur Wehr zu setzen“, heißt es in dem Bericht.

Die Insassen bezeichneten vor allem einen zeitlich vorverlegten Einschluss in die Zelle oder einen Einschluss in den Keller als eine „massive Demütigung“. Oft wurden Situationen erwähnt, in denen Insassen versucht hatten, Raufereien zu schlichten und die Beamten ihnen dann gemeinsam mit den Hauptbeteiligten eine kollektive Strafe auferlegten.

Furcht vor sogenannten Achter-Kommandos

Einige gaben an, dass es ein paar Beamte gebe, die mit sich reden lassen würden, wenn sie eine Situation falsch eingeschätzt und jemanden fälschlicherweise beschuldigt hätten. „Ein Befragter erzählte von einem Vorfall, bei dem sich ein Insasse wegen eines körperlichen Übergriffs durch einen Beamten beschwerte und ihm daraufhin vonseiten der Anstalt alle Vergünstigungen entzogen wurden. Schlussendlich war er gezwungen, die Beschwerde zurückzuziehen.“

Besonders bedenklich erscheinen die Berichte über sogenannte Achter-Kommandos. Dabei handelt es sich um eine Art Einsatzgruppe, die offenbar bei eskalierenden Gewaltausbrüchen zugezogen wird.

Diese Einheit soll nach Angaben der befragten Häftlinge teilweise brutal vorgehen, auf Häftlinge einschlagen und Schlagstöcke mit sich führen, die allerdings nicht oft eingesetzt werden. „Vor dieser Einsatzgruppe herrscht allgemein eine große Angst“, heißt es in dem Bericht. Die Befragung wurde in Zusammenarbeit mit dem Weißen Ring und dem Institut für Rechts- und Kriminalsoziologie erstellt.

Viele Verbesserungen ohne finanziellen Aufwand

Die Wiener Kinder- und Jugendanwältin Monika Pinterits meinte, dass viele Verbesserungen im Jugendstrafvollzug auch ohne großen finanziellen Aufwand zu erreichen wären. Als einen der wesentlichsten Punkte nannte die Expertin die Entwicklung von Kooperationsformen. So sei zum Beispiel die Psychiatrie einzubinden, da viele Jugendliche psychiatrische Betreuung benötigen. Eine Möglichkeit sei etwa eine Kooperation der Jugendwohlfahrt mit der Psychiatrie.

„Wir müssen grundsätzlich schauen, dass möglichst nicht eingesperrt wird“, erklärte Pinterits. Natürlich gebe es „Hardcore-Geschichten“: Deutschen Studien zufolge werden etwa zehn Prozent der straffällig gewordenen Kids zu Wiederholungstätern, so die Kinder- und Jugendanwältin.

Gewisse Entwicklungen würden schon sehr früh auffällig, zum Beispiel schon im Kindergarten. Es gehe darum, diese Delinquenz zu unterbrechen. Dafür sei ein sehr auf das jeweilige Individuum abgestuftes Verfahren notwendig, sagte Pinterits.

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