Serviten-Flüchtlinge: Schlepper gefasst

Das Bundeskriminalamt hat sechs Personen wegen Schlepperei festgenommen, darunter waren drei Flüchtlinge aus dem Servitenkloster. Die Verdächtigen sollen durch das Schleppen von etwa 1.000 Menschen drei Mio. Euro kassiert haben.

Die Ermittlungen des Bundeskriminalamts liefen seit März 2013, die Verdächtigen sollen Schleppungen von vorwiegend pakistanischen Staatsbürgern organisiert haben. Pro geschleppter Person wurden bis zu 10.000 Euro verlangt. Der Organisation konnte laut Bundeskriminalamt bisher das Schleppen von etwa 300 Personen nachgewiesen werden, in den vergangenen Monaten könnten aber bis zu 1.000 Personen illegal in den EU-Raum gebracht worden sein.

Die Schleppungen sollen von Kleinasien über die sogenannte „Balkanroute“ nach Österreich und weiter in den EU-Raum vor allem nach Deutschland, Frankreich und Skandinavien erfolgt sein. Ein Umsatz von mindestens drei Mio. Euro wurde nachgewiesen. Die Haftbefehle der Staatsanwaltschaften Wien und Wiener Neustadt wurden am Montag vollzogen, weil sich mehrere Verdächtige ins Ausland absetzen wollten. Die Polizei betonte, dass die Festnahmen nicht innerhalb des Klosters erfolgten, sondern im Umfeld des Klosters auf der Straße.

Caritas: Rasche Aufklärung

Die Caritas Wien zeigte sich in einer ersten Stellungnahme über die Festnahmen schockiert. Die Vorwürfe der Behörde seien auch für die Caritas neu, wurde Generalsekretär Klaus Schwertner in einer Aussendung zitiert: " Wir haben jedes Interesse an einer raschen und vollständigen Aufklärung und sichern den Behörden volle Kooperation zu."

Im Servitenkloster sind derzeit 39 Personen gemeldet, 17 von ihnen befinden sich noch immer im laufenden Asylverfahren.

„Wir sind extrem verärgert, falls die Caritas hier von Einzelnen ausgenutzt wurde. Denn klar ist: Wenn mit der Not von Menschen Geschäft gemacht wird, ist das völlig inakzeptabel und aufs Schärfste zu verurteilen. Sollten wir hier tatsächlich von Einzelnen hintergangen worden sein, darf uns das als Caritas trotzdem nicht unaufmerksam machen für die Not der Menschen, die sich in einer schwierigen und verzweifelten Situation nach einer Flucht an uns wenden“, so Schwertner.

Proteste gegen Abschiebungen

Die Festnahme von acht Flüchtlingen aus dem Servitenkloster hatte am Sonntag Proteste ausgelöst, Montagfrüh wurden einige zum Flughafen Wien-Schwechat transportiert, um außer Landes gebracht zu werden - mehr dazu in Erste Flüchtlinge werden abgeschoben. Seit Montagabend sorgt ein Video von Protesten gegen die Abschiebungen im Internet für Aufregung. Das Video ist auf YouTube zu sehen.

Frau liegt auf Stufen, Polizist und andere Frau daneben

Youtube/Carina Lentsch

Das Video sorgt für Empörung

Eine Frau läuft dabei auf dem Gehsteig, als sie mit einem Polizisten zusammenprallt, der plötzlich auf sie zurennt und sie auch stoßen dürfte. Die Frau schlägt mit dem Kopf auf einer Stufe auf. Daraufhin will ihr der Polizist helfen und die Rettung rufen. Er sagt dabei: „Da samma owa zammgrennt.“

Anzeige gegen Polizisten

Gegen den Polizisten ist am Dienstag Anzeige erstattet worden. Der Verein „Resistance for Peace“ hat bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Sachverhaltsdarstellung wegen Körperverletzung eingebracht. In dem via YouTube verbreiteten Video sei klar zu sehen, dass der Beamte der Frau einen Stoß versetzt hat, heißt es darin. In sozialen Internet-Medien wurde gemutmaßt, dass der Beamte die Frau absichtlich zu Boden gestoßen habe, obwohl dieser ihr nach dem Vorfall Hilfe anbot und davon sprach, „zusammengerannt“ zu sein.

Ein Sprecher der Polizei hatte am Montag gegenüber wien.ORF.at den Vorfall bestätigt. Die Frau sei in Richtung Roßauer Lände gelaufen, der Polizist in die andere Richtung. Dabei seien die beiden im Schulterbereich zusammengestoßen, worauf die Frau zu Boden gefallen sei, so der Sprecher. Die Frau habe das Angebot des Beamten abgelehnt, die Rettung zu rufen, und auch ihren Namen nicht gesagt. Sie sei aufgestanden und weggegangen, so der Sprecher.

Am Dienstag hieß es von der Wiener Polizei, dass der Polizist den Vorfall selbst gemeldet hatte, der Zwischenfall sei noch vor Auftauchen des Videos bekannt gewesen. Die Identität der Frau ist noch nicht bekannt, nun werden sowohl die Frau als auch Zeugen gesucht.

Weitere Demos geplant

Auch unter den Unterstützern dürfte man sich nicht ganz sicher sein, wie viele der Flüchtlinge aus dem Servitenkloster bereits nach Pakistan abgeschoben worden sind. Für heute wurden zumindest auf der Website des „Refugee Camp Vienna“ weitere Demonstrationen vor dem Polizeianhaltezentrum Roßauer Lände und dem Innenministerium angekündigt, um die „Abschiebung der verbliebenen verhafteten Refugees zu verhindern“.

Anwalt: Besuch wurde verwehrt

Schwere Vorwürfe erhob Lennart Binder, Rechtsanwalt der acht Flüchtlinge, gegen die Polizei. Er sei am Besuch seiner Mandanten gehindert worden und habe Handgreiflichkeiten der Polizei gegen Demonstranten beobachtet - mehr dazu in Schwere Vorwürfe nach Abschiebung (news.ORF.at).

Zwölf Abschiebungen nicht möglich

Weitere zwölf Flüchtlinge im Servitenkloster, welche sich derzeit täglich bei den Behörden melden müssen, können derzeit gar nicht abgeschoben werden. Der Grund: Die pakistanische Botschaft in Österreich hat für sie noch keine Heimreisezertifikate ausgestellt. Dies könnte allerdings in den kommenden Tagen geschehen, befürchtet man bei den Betroffenen.

Ob die zwölf betroffenen ihrer täglichen Meldepflicht nachgekommen sind, war vorerst noch unklar. Einige der Betroffenen sollen ärztliche Atteste vorgewiesen haben, wonach eine tägliche Meldung aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich sei, hieß es aus dem Kreis der „Refugees“. Die Situation in der Unterkunft sei Dienstagvormittag vorerst ruhig gewesen, bestätigte die Caritas. Alle Betroffenen seien anwesend.

Die Heimreisezertifikate, welche die Botschaft für eine Abschiebung ausstellen muss, sind befristet, gelten allerdings ab Ausstellung einige Wochen lang. Sind diese erst einmal vorhanden, liegt es im Ermessen der Fremdenpolizei, wie schnell die Flüchtlinge in Schubhaft genommen und schließlich abgeschoben werden.

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