Erstmals blinde Richter in Österreich

Im neuen Bundesverwaltungsgericht werden erstmals in Österreich zwei blinde Richter eingesetzt. Mit Alexander Niederwimmer und Gerhard Höllerer erhofft sich Präsident Harald Perl Vorbildwirkung für andere Bereiche.

„Ich freue mich wirklich sehr, die beiden Kollegen neben vielen anderen Kollegen mit im Team zu haben“, sagte Perl bei der Präsentation der beiden Richter am Mittwoch. Die beiden blinden Bewerber hätten wie alle anderen auch das Auswahlverfahren durchlaufen, betonte er. Mit der Ernennung sei ein „historischer Schritt“ gemacht worden, er hoffe, dass das nun auch sofort zur Normalität werde.

Alexander Niederwimmer, Asylgerichtshofpräsident Harald Perl und Gerhard Höllerer bei einer Pressekonferenz

APA/Herbert Pfarrhofer

Als „sehr wichtigen Schritt“ bezeichnete Harald Perl (m.) die Ernennung der beiden Verwaltungsrichter Alexander Niederwimmer (l.) und Gerhard Höllerer (r.)

„Entscheidungen als Rechtskundiger“

Niederwimmer zeigte sich stolz auf seine Ernennung, vor allem, da er wisse, dass beim Auswahlverfahren auf seine Behinderung keinerlei Rücksicht genommen wurde. Der Polizeijurist betonte, dass die fehlende Sehkraft keinerlei Einschränkung auf seine Arbeit habe: Er habe in seiner bisherigen Tätigkeit bei der Polizei etwa Lokalaugenscheine durchgeführt. „Ich habe nicht als Blinder, sondern als Rechtskundiger entschieden.“ Das Aussehen von Betroffenen sei für eine Beurteilung von Sachverhalten nicht relevant.

Auch Höllerer betonte, ein blinder Mensch habe in diesen Bereichen keine Einschränkungen. Er kann eine 26-jährige Tätigkeit als Jurist im Wissenschaftsministerium vorweisen. Seit 2012 war der Ministerialrat stellvertretender Leiter der Ombudsstelle für Studierende.

Positive Reaktionen

Erfreut reagierten Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) und Franz Joseph Huainigg, Behindertensprecher der ÖVP, auf die Ernennung der Richter. Hundstorfer verwies darauf, dass bereits im Jahr 2006 die rechtliche Basis für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung im Richterberuf geschaffen worden sei, indem das Kriterium der körperlichen Eignung im Richterdienstgesetz gestrichen wurde. Huainigg zeigte sich überzeugt davon, dass die Bestellung den Weg für weitere Richter mit Blindheit oder Sehbehinderungen ebnen werde.

Auch der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) und die Fachgruppe Grundrechte der Richtervereinigung begrüßten die Entscheidung. Die Öffnung des Richterberufs für blinde und sehbehinderte Menschen werde als wichtiges Signal der Offenheit und Antidiskriminierungsbemühungen der Rechtsberufe begrüßt. „Ich wünsche mir, dass auch die ordentliche Gerichtsbarkeit diesem Beispiel folgt“, so ÖRAK-Präsident Rupert Wolff.

Verwaltungsgericht mit 168 Richtern

Der neue Verwaltungsgerichtshof nimmt am 1. Jänner 2014 seine Tätigkeit auf. Insgesamt werden im Zuge der Reform 120 weisungsfrei gestellte Berufungssenate und Sonderbehörden in insgesamt elf Verwaltungsgerichten aufgehen (neun Verwaltungsgerichte der Länder sowie Bundesverwaltungsgericht und Bundesfinanzgericht).

Sowohl Asylgerichtshof als auch der Unabhängige Finanzsenat werden im Zuge dessen aufgelöst. Das Bundesverwaltungsgericht wird die Aufgaben des Asylgerichtshofs übernehmen. Sein Sitz wird in Wien sein, darüber hinaus wird es Außenstellen in Graz, Innsbruck und Linz geben. In der vergangenen Woche hatte Bundespräsident Heinz Fischer die Liste mit den 80 neuen Richtern für das Bundesverwaltungsgericht unterzeichnet. Insgesamt - mit den aus dem Asylgerichtshof übernommenen Richtern - besteht das Team aus 168 Richtern.

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