Neues Baurecht: Balkone auch für Altbauten

Rund 30.000 Gründerzeithäuser sind in Wien nicht denkmalgeschützt. Durch die neue Bauordnung können diese nun auf der Straßenseite nachträglich mit Balkonen bestückt werden. Auch „zeitgemäße“ Modelle wären für die MA 19 denkbar.

„In solchen Fällen prüfen wir jede Anfrage einzeln und entscheiden dann von Fall zu Fall, ob Balkone angebracht werden dürfen“, so Andrea Kreppenhofer von der MA 19. Ein Kriterium ist die Dekoration auf der Außenfassade. Diese darf durch neue Balkone nicht zerstört werden - mehr dazu in Neues Baurecht bringt mehr Balkone.

Um das äußere Erscheinungsbild der historischen Häuser zu wahren, werden Einzelbalkone kaum gestattet sein, sondern immer nur Balkonreihen. „Es müssten also mehrere Mieter pro Haus einen Balkon nachrüsten wollen“, so Kreppenhofer. In der Praxis wird es also hauptsächlich Gesamtprojekte für die jeweiligen Gebäude geben.

Gründerzeithäuser Wien Balkone

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Rund 30.000 Gründerzeithäuser in Wien stehen nicht unter Denkmalschutz

Moderne Balkone sind kein Tabu

„Bei der Wahl des Balkonmodells haben die Eigentümer genauso viel oder wenig Freiheit, wie beim Einbau neuer Fenster oder bei der Fassadenfarbe“, so Kreppenhofer. Denn auch solche Änderungen müssen bei der MA 19 genehmigt werden. Kreppenhofer: „Die Eigentümer müssen mit einem Vorschlag kommen, wie ihr neuer Balkon aussehen soll, und dieser wird im Einzelfall begutachtet. Wir wollen keine historisierenden Balkone. Es kann durchaus etwas Zeitgemäßes sein, das mit der historischen Bausubstanz korreliert.“

Individualität im Hinterhof

Mehr Individualität bei Balkonen ist in Hinterhöfen möglich. Zumindest dann, wenn kein öffentlicher Weg durch den Hof verläuft und von keinem öffentlichen Platz in den Hof eingesehen werden kann. Aber auch hier gibt es zahlreiche Regeln und Vorgaben, die beim nachträglichen Bau eines Balkons beachtet werden müssen. Beispielsweise müssen drei Meter Abstand zu jeder Grundstücksgrenze eingehalten werden.

Keine „Balkonwelle“ in Sicht

Dass durch die geänderte Bauordnung viele neue Balkone in Wien entstehen, glaubt Architekt Clemens Mayer von der Firma „Easybalkon“ nicht. „Für die Nachrüstung eines Balkons braucht man noch immer die hundertprozentige Zustimmung der anderen Mieter. Wenn nur einer von 40 Nein sagt, dann wird aus dem Balkon nichts“, so Mayer. An dieser Vorgabe würden die meisten Balkonprojekte scheitern.

Bei der MA 19 wurde seit der Ankündigung der neuen Bauordnung noch kein gesteigertes Interesse an Balkonen erkannt. Die Bauordnung sei noch in der Begutachtung, die Information in der Bevölkerung noch nicht entsprechend durchgedrungen, heißt es bei der MA 19. Die Mieter bräuchten außerdem noch Zeit, um sich mit den Eigentümern abzusprechen.

Mayer: „Wien hat Nachholbedarf“

Wie sich die neue Bauordnung „straßenseitig“ auswirken wird, kann noch nicht abgeschätzt werden. Mayer findet es jedoch positiv, dass die Politik das Thema aufgegreift. Mayer: „Balkone steigern die Wohnqualität. Wien hat im Vergleich zu deutschen Städten großen Nachholbedarf.“

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