Westbahn erhöht Preise für Pendler

Die mehrheitlich private Westbahn erhöht ab kommender Woche die Preise für Pendler in der Ostregion, also rund um Wien. Zeitkartenbesitzer zahlen pro Fahrt um zwei bzw. drei Euro mehr. Mit den Kapazitäten sei man „am Ende“, hieß es.

Jahres-, Monats-, Wochen- und Tageskartenbesitzer zahlen ab 9. September zwischen Montag und Freitag vor 9.00 Uhr und ab dem Nachmittag bis 19.00 Uhr einen Aufpreis von zwei Euro pro Fahrt - wer auf der Strecke Amstetten-Wien unterwegs ist, zahlt um drei Euro mehr.

Für die VOR- und VVNB-Zeitkartenbesitzer wird es aber auch eine Monatsaufpreiskarte um 69 Euro geben, kündigten der Vorstand der Westbahn-Mutter Rail Holding AG, Clemens Schneider, und Westbahn-Geschäftsführer Erich Forster, an. An den Tarifen für Einzelfahrten ändert sich nichts.

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Die Westbahn erhöht die Preise ab 9. September

„Eine absolut schwierige Situation“

„Die Pendler sind bei uns sehr willkommen, aber mit den Kapazitäten sind wir am Ende - in Peak-Zeiten ist der Zug voll“, berichtete Schneider. Standardkunden, die eine weitere Strecke zurücklegen wollen und entsprechend mehr zahlen würden, finden keinen Platz mehr. „Es ist eine absolut schwierige Situation, da wir einen Umsatz erzielen, der in keiner Relation zu den Kosten steht“, so Forster. Die Bedienung der Pendlerflut sei derzeit „wirtschaftlich nicht darstellbar“.

Die Westbahn fährt derzeit noch Nettoverluste ein. Ab 2015 winken Unternehmensangaben zufolge Gewinne. Das operative Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBITDA) soll schon heuer ausgeglichen sein. „Wir arbeiten hart am operativen Plus - das werden wir heuer erreichen“, betonte Schneider. „Mit den Umsätzen werden wir ab 2014/15 nicht nur eine operative Null schreiben, sondern auch die Zinsen und Abschreibungen verdienen und dann 2015 auch unter dem Strich positiv sein.“

2012 vergrößerte sich der Bilanzverlust der Westbahn laut FirmenCompass noch von 2,1 auf 3,7 Mio. Euro, der Jahresverlust stieg gegenüber dem Jahr davor von 1,5 auf 1,6 Mio. Euro. Die Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht, erhöhten sich von null auf 21,1 Mio. Euro.

„Ohne Stützung Pendler nicht finanzierbar“

Der Konkurrent ÖBB bekommt für die Zeitkartensozialtarife eine Stützung vom Bund, die Westbahn nicht. Das Verkehrsministerium habe die von ihr beantragte Leistungsbeistellung kürzlich abgelehnt. „Ohne Stützung können wir uns die Pendler nicht mehr leisten“, sagte der Westbahn-Chef.

Zusätzliche Züge seien auch keine Option. Ohne Leistungsbestellung (Stützung) für die Pendler sei eine Angebotserweiterung nicht finanzierbar. Ein Westbahn-Zug kostet mindestens 16,5 Mio. Euro. „Wir müssen unser Geld am freien Markt verdienen“, betonte der Rail-Holding-Chef. Für die Standardkunden brauche die Westbahn derzeit keine zusätzlichen Züge.

Parkpickerl brachte mehr Bahnkunden

Die geänderte Parkraumbewirtschaftung in Wien (Ausdehnung der Pickerlzonen) hat die Zahl der Bahnreisenden in die Höhe getrieben - vor allem aber jene der Pendler. Allein in der Ostregion rund um Wien habe sich die Zahl der Passagiere im ersten Halbjahr 2013 gegenüber der Vorjahresperiode um 110 Prozent erhöht. „Hier wurde eine Entwicklung ausgelöst, die die anderen Bundesländer nicht haben“, so Forster.

Die gesteigerte Bahnnachfrage sei „an sich eine positive Entwicklung, die aber nachhaltig geplant gehört“, so Forster. „Wir sind mit einer Situation konfrontiert, die für uns nicht ‚handlebar‘ ist, sie wurde viel zu schnell umgesetzt“, kritisiert der Westbahn-Chef. Für ein wohldurchdachtes Verkehrskonzept oder zeitgerechte Ausschreibungen wäre seiner Ansicht nach eine Vorlaufzeit von dreieinhalb Jahren angemessen gewesen.

Die nunmehr angekündigte Preiserhöhung deckt laut Forster „nicht annähernd ab, was wir als Leistungsbestellung brauchen würden“. Derzeit verzeichnet die Westbahn rund 750.000 Pendlerfahrten pro Jahr. Wie viele Pendler sich nun von den höheren Tarifen abschrecken ließen, sei erst in ein paar Wochen abschätzbar. Auf manchen Strecken - etwa Tullnerfeld-Wien - gebe es ohnehin keine Alternative zur Westbahn.

Bures: „Nicht nachvollziehbar“

Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) wies darauf hin, dass die Tarife im Verkehrsverbund Ostregion von den beteiligten Unternehmen selbst verhandelt und festgelegt worden sind. „Die plötzliche Entscheidung der Westbahn GmbH, jetzt die Tarife zu erhöhen, ist daher nicht nachvollziehbar“, so Bures. „Ich werde daher bei den ÖBB anregen, die Zahl der Halte am Pendler-Bahnhof Tullnerfeld zu erhöhen und eine mögliche Kapazitätsausweitung bei den Zügen zu überprüfen.“

Grundsätzlich gebe es seit 2010 überhaupt keine Tarifsubventionen mehr. Die gemeinwirtschaftlichen Leistungen seien komplett umgestellt worden auf Leistungsbestellungen, es würden also dort konkrete Zugsverbindungen bestellt, wo ein eigenwirtschaftlicher Betrieb für die Bahnen nicht möglich sei.

Das Verkehrsministerium mache überhaupt keine Tarifstützungen, weder bei den ÖBB noch bei anderen Bahnen, wird von Ministeriumsseite betont. „Im Fernverkehr auf der Weststrecke zwischen Wien und Salzburg gibt es keine Bestellungen, weder bei den ÖBB noch bei anderen Bahnen. Hier ist der Verkehr eigenwirtschaftlich zu erbringen.“

ÖBB wollen Westbahn-Kunden Angebot machen

Die ÖBB hielten zu den Ankündigungen der Westbahn, ihre Pendlertarife aufgrund fehlender Stützungen durch Steuermittel zu erhöhen, in einer Aussendung fest, dass „auch die ÖBB auf dieser Strecke keine gemeinwirtschaftlichen Leistungen erhalten. Generell werden gemeinwirtschaftliche Leistungen seit 2010 zug- und streckengenau abgerechnet und zwar auf Strecken, die nicht eigenwirtschaftlich zu führen sind. Die Weststrecke ist eine eigenwirtschaftliche Strecke“.

„Weiters ist es unrichtig, dass nur die ÖBB Sozialtarifabgeltungen erhalten. Der Sozialtarif für Schüler- und Lehrlingsfreifahrten wird vom Verkehrsverbund für die Westbahn nach den gleichen Regeln kompensiert, wie für die ÖBB. Darüber hinausgehende Mittel aus Sozialtarifen stehen auch den ÖBB nicht zur Verfügung. (...) Die ÖBB wollen Pendlern ein Angebot machen, um den Wechsel auf die ÖBB attraktiv zu machen“, hieß es.

Wenig Freude hat der Verkehrsverbund Ost-Region: „Die Westbahn ist als Partner im Verkehrsverbund Ost-Region, also auch Teil der Einnahmenaufteilung, und wir sind deswegen schon negativ überrascht über diesen Schritt“, sagte VOR-Sprecher Georg Huemer Montagnachmittag zur APA. Kein anderes Unternehmen im Verkehrsverbund verlange Aufschläge von Pendlern, auch die Westbahn solle das nicht tun, appelliert der VOR an die mehrheitlich private Bahn.

Hans Peter Haselsteiner mit 47 Prozent beteiligt

Über die Muttergesellschaft Rail Holding gehört die Westbahn zu rund 47 Prozent dem Bauindustriellen und Ex-STRABAG-Chef Hans Peter Haselsteiner, zu 28 Prozent den französischen Staatsbahnen SNCF und zu rund einem Viertel der Schweizer Augusta Holding, die vom Investor Erhard Grossnigg vertreten wird.

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