Narrenturm als „Museumsjuwel“

Die Tausenden Präparate kranker oder entstellter Körperteile im Narrenturm im Alten AKH sind ein „Sammlungsschatz“. Durch eine umfassende Renovierung soll er laut Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) zum „Museumsjuwel“ avancieren.

Wachspräparate von durch Krankheiten entstellten Körperteilen, eingelegte Organe und verkümmerte Skelette - es gebe kaum eine Krankheit, die hier nicht als Präparat zu sehen sei, hob Schmied die Bedeutung der Sammlung hervor.

Narrenturm

APA / Schlager

Denkmal zur Geschichte der Krankenversorgung

Nachdem die Präparate „ein bisschen spooky“ seien, verwundere es kaum, dass hier bereits der eine oder andere Krimi gedreht worden sei, so die Ministerin, die es „von der Choreographie her großartig“ und „kurios“ fand, ihre letzte Pressekonferenz im Kulturbereich dieser Legislaturperiode ausgerechnet im Narrenturm abzuhalten.

Der 1784 erbaute Narrenturm gilt laut dem Naturhistorischen Museum (NHM) als bedeutendstes Denkmal zur Geschichte der Krankenversorgung. Immerhin war der von Kaiser Joseph II. mitinitiierte Rundbau das erste Krankenhaus der Welt, das ausschließlich zur Pflege von psychisch kranken Menschen errichtet wurde - auch wenn die Kranken unter teils menschenunwürdigen Bedingungen untergebracht wurden. Erst ab Anfang der 1970er Jahre wurde die pathologisch-anatomische Sammlung im Narrenturm angesiedelt, zunächst wurden die 139 Zellen einzeln angemietet.

Nutzung hinterließ Spuren

Die Jahre und die Nutzung als „Irrenhaus“ bis in die 1860er Jahre, nach dessen Auflassung als Krankenschwesterwohnheim, Arztdienstwohnungen und Werkstätten der Unikliniken hinterließen ihre Spuren am fünfstöckigen Gebäude. Der Putz bröckelt, durch viele Stellen der Außenfassade lugt das Mauerwerk.

Mehrere Sanierungsphasen

Bei laufendem Museumsbetrieb wird der denkmalgeschützte kreisrunde Bau mit einer Spange in der Mitte, in der früher Ärzte- und Schwesternzimmer untergebracht waren und wo künftig neue Ausstellungsräume entstehen sollen, nun in mehreren Phasen saniert: Mit Ende 2012 wurde mit neuer Infrastruktur für das Museum wie der Schaffung eines barrierefreien Zugangs und der Renovierung der Innenhoffassaden begonnen, 1,6 Mio. Euro gibt es dafür vom Kulturministerium.

Ende 2014 soll die Außenfassade folgen, die Kosten in vermutlich nochmals dieser Höhe soll die Stadt Wien übernehmen, eine mündliche Zusage dafür gibt es laut NHM-Generaldirektor Christian Körberl bereits. Das Budget für den Innenbereich soll laut Schmied wieder aus dem Kulturministerium kommen.

Reaktivierung der historischen Belüftungsanlage

Architekt Thomas Kretschmer, der bereits seit einem Jahrzehnt die Gebäudestruktur des Narrenturms „durchleuchtet“ hat, sieht als Herausforderung bei der Renovierung vor allem die Entscheidung, welche durch die Nachnutzung entstandenen Umbauten (etwa Duschräume für die Krankenschwestern etc.) rückgebaut und was restauriert werden soll. Fix ist etwa bereits eine Reaktivierung der historischen Belüftungsanlage. Parallel zu den Arbeiten wird ein Forschungsprojekt durchgeführt, bei dem etwa die Blitzschutzanlage - laut Kretschmer eine der ältesten der Welt - beleuchtet werden soll.

Auch bei der Sammlung steht das NHM vor Herausforderungen: Zwar seien in den vergangenen Jahrzehnten Kataloge zur nach wie vor für wissenschaftliche Zwecke genutzten Sammlung herausgegeben worden, die Präparate seien allerdings nach einem System katalogisiert, „das für mich nicht wirklich nachvollziehbar war“, so Maria Teschler-Nikola, Leiterin der Abteilung für Anthropologie im NHM. Dazu kämen „Überraschungen“: So habe man Präparate entdeckt, die ursprünglich vom NHM verliehen, aber nie zurückgegeben worden waren. „Die sind uns schon abgegangen.“

„Sammlung der Grauslichkeiten“

Nun gehe es darum, die Sammlung zu sichten und zu entscheiden, was davon künftig gezeigt werden soll und ob Teile eventuell abgegeben werden. Bis die Sammlung in einem neuen Arrangement zu sehen ist, wird es laut Köberl jedenfalls „sicher einige Jahre dauern“.

Die im Medizinstudentenjargon „Sammlung der Grauslichkeiten“ genannte Sammlung war bereits 1796 gegründet worden, 1971 übersiedelte das damals eigenständige Bundesmuseum in den Narrenturm. Seit 2012 ist es in das NHM eingegliedert. 2012 zog das Museum im Narrenturm 24.000 Besucher an.

Links: