125 Jahre Mythos Burgtheater

Elfriede Jelinek, Claus Peymann und Nicholas Ofczarek: Beim Jubiläumskongress reflektieren sie den Mythos Burgtheater und wagen Ausblicke in die Zukunft. Mit Vorträgen und Vorstellungen sollen Perspektiven gebildet und Skandale zurückgelassen werden.

„Nestbeschmutzerin“: Der Ruf der Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek resultiert aus ihrem ersten großen Skandal, der Uraufführung von „Burgtheater“ 1985. Sie thematisiert im schrillen Ton der Farce die Nazi-Verstrickungen Paula Wesselys, ihres Mannes Attila und dessen Bruder Paul Hörbiger, allesamt Publikumslieblinge und Burg-Giganten.

Jelinek: „Es ist Sprechen und aus“

In und um das Burgtheater gab es viele Skandale. Mit Jelineks Uraufführung sei nur an einen erinnert. Nun gibt es das Burgtheater bereits seit 125 Jahren - zumindest das Haus am Burgring -, die Institution ist noch älter. Von 11. bis 13. Oktober findet zu diesem Anlass der Jubiläumskongress an der Burg statt.

Die Nobelpreisträgerin ist mit der Grußbotschaft „Es ist Sprechen und aus“ bei der Jubiläumsmatinee am 13. Oktober vertreten. Der Kongress soll den eigenen Mythos reflektieren und einen Ausblick in die Zukunft des Mediums Theater wagen. Zum einen steht also die Geschichte des Hauses von 1888 bis heute im Mittelpunkt, zum anderen soll der Status quo der Institution Theater beleuchtet werden. Geplant ist der Versuch einer Standortbestimmung von Theater im Allgemeinen und vom Burgtheater im Besonderen.

Burgtheater-Direktor Hartmann mit Krone

APA/Robert Jaeger

Burgtheater-Direktor Matthias Hartmann feiert 125 Jahre Burg

Aufarbeitung der Skandalisierungsperiode

Am ersten Tag liegt also das Burgtheater an sich im Fokus. Sowohl eine Retrospektive als auch eine Aufarbeitung der Skandalisierungsperiode sollen erfolgen, erzählt die Pressesprecherin Konstanze Schäfer. Damit ist sicher auch Peymann gemeint, der in seinen 13 Jahren als Direktor das Burgtheater wesentlich geprägt hat.

Andre Heller wird mit ihm über seine „Weltkomödie Österreich!“ sprechen. Denn in den Jahren unter der Leitung von Peymann gab es nicht nur 252 Premieren, sondern auch 25 parlamentarische Anfragen. Daraus ist ein 1.348 Seiten dickes Buch entstanden, ein Archiv der Fantasien, das Einblick hinter die Kulissen gewährt.

Claus Peymann bei der Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des Burgtheaters

APA/Georg Hochmuth

Claus Peymann ist beim Kongress mit Andre Heller im Gespräch

„(K)Ein Theater wie jedes andere?“

Beantwortet werden sollen folgende Fragen: Was ist wie und wo passiert und wer war beteiligt? So hält der Historiker Oliver Rathkolb den Vortrag „Mythos Burgtheater“. Die Theaterwissenschaftlerin Hilde Haider-Pregler fragt: „Das Burgtheater - (K)Ein Theater wie jedes andere?“. Ebenfalls angekündigt ist ein Gespräch zwischen dem Schauspieler Klaus Maria Brandauer und dem Regisseur Hermann Beil.

Veranstaltungshinweis

Jubiläumskongress „125 Jahre Haus am Ring“, 11. bis 13. Oktober, Burgtheater

Am zweiten Tag rücken die Jetztzeit und die Zukunft in den Fokus, genauso wie die Frage, was Theater im Allgemeinen muss, soll und künftig können wird. Der deutsche Autor Björn Bricker fragt zum Beispiel ganz grundsätzlich: „Wem gehört die Kultur?“ und Robert Alföldi, der ehemalige Leiter des Budapester Nationaltheaters, versucht zu eruieren, wie viel Freiheit die Kunst braucht. Aber auch Schauspielerinnen und Schauspieler kommen zu Wort: Ofczarek, Caroline Peters, Michael Maertens und Joachim Meyerhoff diskutieren mit Peter Kümmel.

Spannungsfeld zwischen Alltag und Utopie

Anlässlich des 125-jährigen Bestehens des nach den Plänen der Architekten Gottfried Semper und Karl Hasenauer errichteten Ringstraßen-Baus soll der Jubiläumskongress also „den Mythos (Burg)Theater im Spannungsfeld zwischen Alltag und Utopie, Anachronismus und Avantgarde, Schlagworten, Vorurteilen und Möglichkeiten reflektieren“. Ob der Versuch, Bilanz zu ziehen und Perspektiven zu entwickeln, geglückt ist, zeigt sich nach dem Abschluss am 13. Oktober.

Elfriede Jelinek

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Elfriede Jelinek ist mit der Grußbotschaft „Es ist Sprechen und aus“ beim Jubiläumsmatinee am 13. Oktober vertreten

Zuvor ist aber noch die Jubiläumsmatinee: Burgtheater-Direktor Hartmann und der ungarische Autor György Konrad halten Reden. Und zum Abschied warten noch zwei Höhepunkte - denn zum einen ergreift Bundespräsident Heinz Fischer das Wort, zum anderen wird die Grußbotschaft von Jelinek verlesen. Der Kongress endet mit der Vorstellung von „Hamlet“ von William Shakespeare.

Bedeutende Bühne in Europa

Das Jubiläum betrifft die „Immobilie“, denn die eigentliche Gründung der Institution (Hof)Burgtheater jährt sich dieses Jahr zum bereits 237. Mal. Das ursprüngliche „alte“ Burgtheater auf dem Michaelerplatz wurde von 1748 bis zur Eröffnung des neuen Hauses am Ring 1888 bespielt.

Das neue Haus brannte 1945 infolge von Bombenangriffen vollständig aus. Das Theater Ronacher diente als Ausweichquartier bis zur Wiedereröffnung am 14. Oktober 1955. Das Burgtheater ist das größte deutschsprachige Sprechtheater und gilt als eine der bedeutendsten Bühnen Europas. Hartmann ist seit 2009 Direktor.

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