Pürstl: „Keine Quote bei Anzeigen“

Wiener Polizisten müssen bei Strafmandaten keine Mindestanzahl im Monat erreichen, erklärte der Wiener Polizeichef Gerhard Pürstl am Montag. In der Vorwoche wurde eine derartige Anweisung von der Polizei noch verteidigt.

Strafzettel aufgrund eines fehlenden Parkpickerls an Windschutzscheibe

ORF

Etwa eine Stunde pro Monat sollen Polizisten „in die Ahndung von Verkehrsübertretungen investieren“

Es existiere „keine Anordnung der Wiener Polizeiführung, die Polizisten eine bestimmte Zahl zu erstattender Anzeigen oder Organstrafverfügungen vorschreibt“, erklärte Gerhard Pürstl in einer Aussendung. Bei den in Medienberichten angesprochenen Dokumenten handle es sich um ein Besprechungsprotokoll eines Floridsdorfer Kommandanten mit Leitern von Polizeiinspektionen.

Darin sei „ein Mindestmaß an Überwachungstätigkeit“ eingefordert worden. Es gehe „um einen Arbeitsaufwand von etwa 1 (!) Stunde pro Monat, also in etwa um 1/150 der Arbeitsleistung eines Polizisten, die dieser in die Ahndung von Verkehrsübertretungen investieren sollte“, betonte Pürstl. Grund für diese Maßnahme seien Beschwerden von Anrainern gewesen.

Diskussion erreichte Politik

In der Vorwoche hatte ein Sprecher der Wiener Polizei die Quote von sieben Anzeigen pro Polizist im Monat noch mit dem Argument verteidigt, dass ähnliche Vorgaben auch in der Privatwirtschaft üblich seien. Sollte ein Beamter diese Zahlen nicht erreichen, werde man natürlich das Gespräch suchen - mehr dazu in Polizei: „Befehl zum Abkassieren“.

Nach heftiger Kritik von Seiten der Autofahrerclubs hatte die Quoten-Diskussion am Dienstag auch die Politik erreicht. „Sollte es eine derartige Anweisung geben, ist diese Anweisung sofort zu revidieren“, betonte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) vor einem EU-Innenministertreffen in Luxemburg. „So etwas darf es nicht geben.“ Sie kündigte ein Gespräch mit dem Wiener Polizeichef an.

Fiakerkontrollen statt Verbrechensaufklärung

Scharfe Kritik an der Anweisung hatte am Dienstag auch Polizeigewerkschaftschef Hermann Greylinger (FSG) geübt. Er sagte im Ö1-Morgenjournal, er hätte lieber Wohnungseinbrecher, Gewalttäter und Taschendiebe im Polizeifokus statt Autofahrer. Eine Anzeigenvorgabe sei schikanös und demotivierend für die Beamten - mehr dazu in Polizeigewerkschaft gegen Strafvorgaben (oe1.ORF.at).

Der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Reinhard Zimmermann (FCG-KdEÖ) schloss sich in einer Aussendung am Dienstag dieser Kritik an: „Es ist für mich schlicht beschämend, wie man medial die Arbeitsleistung unserer Basispolizistinnen und Polizisten in Frage stellt“, sagte Zimmermann.

Laut Greylinger halte derzeit auch eine Reihe andere Tätigkeiten die Polizisten von ihren Kernaufgaben ab. Mittlerweile hätten 40 Prozent der Tätigkeit gar nichts mit klassischer Polizeiarbeit zu tun. In einer Wiener Innenstadtinspektion seien die Polizisten etwa Fiakerkontrollen, Baustellenkontrollen oder der Einhaltung der Beißkorbpflicht für Hunde beschäftigt. Greylinger forderte, dass die Aufgabenpalette der Polizei durchforstet wird.

Links: