Kunsthaus: Das gebrochene Starimage

„Bitte brich mein Image“: Mit diesem Ansinnen sind zahlreiche Prominente von Miles Davis über Sophia Loren bis Uma Thurman zu dem Starfotografen Michel Comte gepilgert. Im Kunsthaus sind ab sofort seine Werke aus drei Jahrzehnten zu sehen.

„Michel Comte versteht es, eine Gegensicht auf die tradierten Images der Stars zu schaffen“, sagt Christian Brändle, Direktor des Museums für Gestaltung in Zürich. Er hat die umfangreiche Ausstellung gemeinsam mit Andreas Hirsch vom Kunsthaus Wien kuratiert. Während man die These des Image-Bruchs im ersten Raum mit außergewöhnlichen Porträts von Miles Davis, der seine Trompete wie ein Neugeborenes ans Herz drückt, oder einer Nahaufnahme von Pamela Andersons Gesicht dem Zuschauer näher bringt, führt die Schau bald weiter in die Farbwelt der 90er-Jahre, in der vor allem die scheinbare Spontaneität der Bilder durch die bei genauerer Betrachtung deutlich sichtbare Inszenierung gebrochen wird.

Bild von Michael Comte

Michael Comte

Uma Thurman, 2003

Ein Blick ins „Labor“ gibt unterdessen Einblicke in die Arbeitsweise Comtes, den sein Weg von seiner Geburtsstadt Zürich über Paris bis nach New York führte. Zahlreiche Kontaktabzüge eines Shootings mit Iggy Pop verdeutlichen etwa, wie viele Fotos es braucht, um das eine wahre Bild zu ermöglichen. Schließlich arbeitet Comte mit langen Vorbereitungszeiten und einem ganzen Stab von Visagisten, Beleuchtern und Assistenten, wie die Kuratoren schilderten.

Bild von Michael Comte

Michael Comte

Iggy Pop, 1997

Besonders deutlich wird die Inszenierung bei der Dokumentation eines Werbeshootings mit der Schauspielerin Uma Thurman: Hier sind nicht nur Making-Of-Fotos vorhanden, sondern auch ein Bildschirm, auf dem die Nachbearbeitung via Photoshop nachvollzogen wird. Fältchen, Härchen und Muskelmasse wurden wegretuschiert, auf dem Endprodukt ist nicht mal mehr jene malerische Landschaft zu sehen, in der das Shooting stattgefunden hat.

Verstörende soziale Arbeiten

So aufregend aufwendige Nacktfotos von Helena Christensen oder Carla Bruni auch sind, so verstörend sind jene Arbeiten, in denen sich Michel Comte in seiner Karriere mit sozialen Themen auseinandergesetzt hat. Aus der Kampagne „Safer Sex“ stammt etwa ein Foto von Sofia Coppola in der Badewanne, die als anti-erotisches Porträt geradezu aus der Ausstellung herausstreicht. Gerade die Darstellung der Frau sei es nämlich laut Kuratoren gewesen, die Comte zu Ruhm verhalf. Anders als sein Kollege Helmut Newton zeige er nicht „unterkühlte Erotik“, sondern selbstbewusste Frauen mit spielerischem erotischem Zugang.

Kritik an Inszenierung

Auch jene Arbeiten, die auf Kriegsschauplätzen zwischen dem Irak und Afghanistan entstanden sind, stehen in starkem Kontrast zur Glitzerwelt der Stars, die Comte etwa in legendären Sessions in der Suite 152 des Ritz in Paris ablichtete. Bilder aus einem Leichenschauhaus oder einem Krankenhaus für Beinprothesen lassen den Besucher inne halten.

Doch auch hier verzichtet Comte nicht auf Inszenierung, was ihm durchaus auch viel Kritik eingebracht hat. So habe er etwa ein verhungertes Baby, das auf einem der Bilder zu sehen ist, für das Foto extra zum Fenster bringen lassen, um für bessere Lichtverhältnisse zu sorgen. Doch Kurator Hirsch gibt zu bedenken: Ohne diese - wenn auch fragwürdige - Inszenierung gäbe es dieses aufrüttelnde Foto, das das Leid an vielen Orten der Welt wiedergibt, gar nicht. Die Ausstellung ist bis zum 16. Februar im Kunsthaus zu sehen.

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