Studie: Mehr riskanter Alkoholkonsum

In Wien steigt die Zahl der Personen mit riskantem Alkoholkonsum, das geht aus der aktuellen „Suchtmittel Monitoring Studie“ der Sucht- und Drogenkoordination hervor. Immer häufiger wird auch der Gebrauch von Psychopharmaka.

„Bereits 35 Prozent der Bevölkerung trinken zumindest zwei- bis dreimal pro Woche Alkohol (17 Prozent fast alle Tage, 18 Prozent zwei- bis dreimal/Woche; Anm.). Gleichzeitig hat sich der Anteil der absoluten Abstinenzler erhöht. Es sind jetzt 22 Prozent der Bevölkerung (z.B. 2007 und 2009: 17 Prozent, 2011: 19 Prozent)“, erläuterte der Wiener Drogenkoordinator Michael Dressel. Beim Alkoholkonsum zumindest alle zwei bis drei Tage wurde 1997 der bisher schlechteste Wert (39 Prozent) erreicht, der tiefste 2005 mit 25 Prozent.

Bessere Behandlung als Ziel

Durch die Größe der Alkoholproblematik in der Wiener Bevölkerung gibt es aus der Untersuchung auch Hinweise auf die demografische bzw. geschlechtsspezifische Entwicklung. "Es ist nicht so, dass die Jugendlichen immer früher Alkohol konsumieren (aktuelles „Einstiegsalter" im Durchschnitt 16,1 Jahre; 2007: 15,1 Jahre; Anm.). Wir haben den höchsten Anteil von riskantem Alkoholkonsum bei den über 50-jährigen Männern“, sagte Dressel. Frauen würden zunehmend insgesamt mehr Alkohol konsumieren.

Mehr und besser abgestimmt Behandlungsangebote für Alkoholkranke sind für Dressel nun ein klares Ziel in der Drogenpolitik. In der neuen Sucht- und Drogenstrategie hatte auch Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) diesen Schwerpunkt festgelegt - mehr dazu in Bessere Behandlung für Alkoholiker.

Maßnahmen gegen Rauchen nicht erfolgreich

Das zweite große Problemfeld ist bei den Substanz gebundenen Suchterkrankungen das Rauchen. „32 Prozent der Wiener sind regelmäßige bzw. tägliche Raucher. Das zeigt, dass alle Maßnahmen, die bisher gesetzt wurden, um den Nikotinkonsum zu reduzieren, nicht gegriffen haben. Bei den Jugendlichen sind wir unverändert im Spitzenfeld“, erklärte Wiens Drogenbeauftrager Alexander David.

In diesem Jahr „outeten“ sich in der „Suchtmittel Monitoring Studie“ 55 Prozent der Wiener als Nichtraucher, 2003 waren es 61 Prozent gewesen, 1995 sogar 63 Prozent.

Psychopharmaka: Wenig Problembewusstsein

Eine bisher kaum öffentlich diskutierter Aspekt ist der häufige Gebrauch von Psychopharmaka, also von Beruhigungs- und Schlafmitteln. Hier gibt es eine erhebliche Suchtproblematik. „20 Prozent der Bevölkerung haben bereits zumindest einmal Beruhigungstabletten eingenommen. 24 Prozent haben schon einmal Schlafmittel eingenommen“, so Hans Haltmayer, ärztlicher Leiter der Suchthilfe Wien.

Für den Arzt ist das ein Indiz, „dass offenbar der Druck in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt zunimmt“. Dem Druck werde fälschlicherweise mit Psychopharmaka begegnet. Gleichzeitig gebe es gerade auf diesem Gebiet noch recht wenig Problembewusstsein. „Diese Mittel verschreibt ja der Arzt. Die ‚müssen‘ also ‚gut‘ sein“, sagte Haltmayer.

Cannabis „quer durch die Bevölkerung“

Sogenannte „harte Drogen“ wie Opiate und Kokain werden laut Studie nur von einer absoluten Minderheit benutzt. Jemals Opiate konsumiert haben zwei Prozent der Wiener (in den vergangenen drei Jahren ein Prozent, im vorangegangenen Monat ebenfalls ein Prozent). Hier ist der Status seit 2005 praktisch gleich geblieben (davor jeweils ein Prozent, 2009: drei Prozent).

Der Haschisch- und Cannabiskonsum allerdings zieht sich mittlerweile quer durch fast die gesamte Bevölkerung. „24 Prozent der Wiener haben schon zumindest einmal Hanfprodukte konsumiert. Wir sehen die Entwicklung so, dass sozusagen die ’68er-Generation damit angefangen hat und dies weiter tut. Jugendliche wachsen hier nach“, sagte Alexander David. 1993 hatten nur fünf Prozent der Befragten von einem zumindest einmaligen Haschisch- oder Cannabiskonsum berichtet, 2003 waren es 16 Prozent, 2011 dann 21 Prozent gewesen.

Studie im Zwei-Jahres-Abstand

Die „Suchtmittel Monitoring Studie“ wird vom Institut für Empirische Sozialforschung (IFES) im Auftrag der Sucht- und Drogenkoordination Wien erstellt. Die Studie wird seit 1993 alle zwei Jahre durchgeführt. „Sie läuft auch jeweils mit fast identen Fragestellungen ab. Wir haben damit eine echte Zeitreihe, was die Abhängigkeitsproblematik in der Allgemeinbevölkerung angeht“, meinte Michael Dressel.

In der aktuellen Studie wurde ein repräsentatives Sample von 600 Personen im Alter ab 15 Jahren befragt. Für die diesjährige Studie liefen die mündlichen Befragungen von März bis April.

Link: