Wirtschaftskrise gefährdet die Psyche

Die Leiden der Seele dürfen kein Randthema der Gesellschaft sein: „Psychische Erkrankungen gehen uns alle an“, sagt der Wiener Psychiater Michael Musalek beim Kongress des Welt-Psychiatrie-Verbandes (WPA) im Austria Center Vienna.

„Weltweit leiden rund 450 Millionen Menschen an schweren psychischen Erkrankungen. In Europa sind es allein 165 Millionen Personen“, sagte Musalek, Ärztlicher Leiter des Anton Proksch Instituts. Er fungiert als Kongresspräsident.

Alzheimer bis 2030 auf Rang drei bei Krankheitslast

Der Chefarzt der Wiener Psychosozialen Dienste (PSD) und Leiter der lokalen Kongressorganisation, Georg Psota, ergänzte: „In unseren Breiten wird mit 2015 unter den ersten fünf Erkrankungen, welche die größte Krankheitslast verursachen, auf dem ersten Rang die unipolare Depression zu finden sein. Nummer vier wird die Alkoholabhängigkeit sein.“ Bis zum Jahr 2030 würden Morbus Alzheimer und andere Demenzerkrankungen auf Rang drei vorrücken.

Musalek und Psota betonten deshalb die enorme Bedeutung, welche Investitionen in die psychische Gesundheit und in die Versorgung von Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen haben. Der PSD-Chefarzt: „Das sieht man in Europa im Verlauf der Wirtschaftskrise.“ Die Zahl der Suizide hat sich in der Altersgruppe unter 65 Jahren in der EU seit 2007 erhöht.

Erhöhte Suizidrate in Griechenland

Der Experte: „In Griechenland ist diese Suizidrate von 2008 auf 2011 gar um 60 Prozent gestiegen. In Österreich gab es keine signifikante Steigerung.“ Letzteres könne auch damit in Verbindung gebracht werden, dass in der Alpenrepublik die Mittel für das Gesundheitswesen und die psychische Gesundheit nicht zurückgefahren wurden.

Eine wesentliche Trendumkehr kündigt sich derzeit in der Psychiatrie in Diagnose und Behandlung von Suchterkrankungen, zum Beispiel bei der Alkoholabhängigkeit an. Musalek: "Im April dieses Jahres wurde in den USA das neue Klassifizierungsmodell für psychische Erkrankungen publiziert.

Früherkennung verstärken

Erstmals kann man damit zum Beispiel eine Alkoholabhängigkeit bereits im Frühstadium diagnostizieren, dann intervenieren und behandeln. Es ist wie bei allen anderen Erkrankungen auch - je früher diagnostiziert, desto besser kann man sie behandeln."

Die einzelnen Sparten der Psychiatrie würden sich immer stärker zu einer „humanbasierten Psychiatrie“ unter Berücksichtigung der enormen Wissenszuwächse des Faches insgesamt entwickeln, so Musalek. Derzeit komme es in dem Fachgebiet wieder verstärkt zum Zusammenrücken modernster Hirnforschung, der Sozialpsychiatrie und der Psychotherapie - mehr dazu in Zigtausende Wiener brauchen Therapie.

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