Immer mehr verletzte Polizisten

Eine Ladendiebin hat sich bei ihrer Festnahme mit Fußtritten gegen die Beamten zur Wehr gesetzt. Sie ist kein Einzelfall. Allein in der ersten Novemberwoche wurden in Wien sieben Polizisten im Einsatz verletzt, insgesamt 422 im heurigen Jahr.

Polizeibeamte wollten eine 36-jährige mutmaßliche Ladendiebin in Wien-Favoriten zu einer Vernehmung auf die nächste Polizeiinspektion bringen, doch die Frau setzte sich mit Fußtritten zur Wehr. Dieser Vorfall ging zwar glimpflich aus, drei Übergriffe, die sich in der ersten Novemberwoche zugetragen haben, allerdings nicht.

Sieben verletzte Polizisten in einer Woche

Der jüngste Vorfall ereignete sich am 5. November in Wien-Leopoldstadt. Die Streitereien eines 30-jährigen Mannes mit einer 21-jährigen Frau hatten sich von deren Wohnung auf die Straße verlagert. Der Mann ließ sich weder von den Beamten noch von der Frau beruhigen und attackierte die Polizisten mit Schlägen und Fußtritten. Dabei erlitt ein 24-jähriger Polizist Prellungen und Verletzungen am Kopf, ein weiterer Beamter einen Meniskuseinriss und eine Polizistin Verletzungen an beiden Knien.

In der Halloween-Nacht musste eine 48-jährige Frau am Universitätsring festgenommen werden. Bei der Überstellung im Polizeiauto verletzte sie einen Polizisten mit Fußtritten am Kopf.

Am 1. November attackierte ein 26-jähriger randalierender Mann in einem Lokal in Wien-Ottakring die herbeigerufenen Polizeibeamten mit einem Sessel. Weniger als 24 Stunden später wurde am 2. November ein weiterer Polizist bei einem Raufhandel mit einem Schlag ins Gesicht verletzt.

Wien besonders gefährlich

Bisher wurden im heurigen Jahr 422 Polizisten und Polizistinnen im Einsatz zum Teil schwer verletzt. Im gesamten Vorjahr waren es 430 Personen, 2011 kam es in 388 Fällen zu Verletzungen von Beamten.

Der Personalvertreter der Wiener Polizei, Harald Segall, ortet in Wien eine weitaus höhere Belastung als in den anderen Bundesländern. Auch das Innenministerium bestätigt, dass Wien tatsächlich die einzige Stadt in Österreich ist, in der die Übergriffe und daraus resultierende Verletzungen der Beamten zunehmen.

Ein Problem bestehe darin, dass das Personal aus Wien verstärkt weg versetzt würde, was „leider auch oft politisch motiviert“ geschieht, sagte Segall. Bis zu 40 Prozent Personal würde vor allem in den Polizeiinspektionen fehlen: „Die personelle Belastung ist genau dort, wo das Aggressionspotenzial zunimmt“, sagte der Personalvertreter.

Aus dem Innenministerium heißt es dazu, dass in Wien innerhalb der vergangenen fünf Jahre zehn Prozent Personal aufgestockt wurde. Wie groß hierbei der Anteil jener Polizisten ist, der Dienst auf der Straße verrichtet und somit am ehesten einer Gewaltattacke ausgesetzt ist, bleibt allerdings offen.

„Das Risiko gehört zum Berufsbild“

Ziel von Attacken zu werden sei begleitend im Polizeiberuf, das Risiko gehöre zum Berufsbild dazu, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck zu wien.ORF.at. Der Polizeivertreter kontert, dass zusätzliches Gefahrenpotenzial aufgrund von Personalmangel nicht mit dem generell erhöhten Berufsrisiko argumentiert werden dürfe.

An der Ausbildung und Vorbereitung auf den Beruf liege es jedenfalls nicht, sie sei laut Segall adäquat. Die Polizeischüler würden gut auf die Anforderungen ihres Berufes vorbereitet. Aber „früher war es sakrosankt, dass man auf einen Polizisten nicht hinhaut“, sagte Segall und verweist auf das stark angestiegene Aggressionspotenzial, das gegenüber Polizeibeamten zu spüren sei.

Dabei wird Widerstand gegen die Staatsgewalt härter geahndet als andere Gewaltdelikte. Jede leichte Verletzung eines Polizeibeamten wird strafrechtlich wie eine schwere Körperverletzung gehandhabt und auch dementsprechend bestraft.