Polizist suspendiert: „Mehrere Verfehlungen“

Die Wiener Polizei hat einen Beamten vorläufig vom Dienst suspendiert. Er soll Informationen an eine Zeitung weitergegeben haben. Laut Polizei gab es darüber hinaus weitere Verfehlungen des Beamten. Die Gewerkschaft fordert die sofortige Wiedereinstellung.

Es war eine Meldung, die für gehöriges Aufsehen sorgte: Anfang Oktober berichtete die „Kronen Zeitung“ von einer Vorgabe in Floridsdorf, wonach Polizistinnen und Polizisten künftig mehr Verkehrsstrafen bringen müssten - und zwar mindestens sieben Anzeigen pro Monat - mehr dazu in Polizei: „Befehl zum Abkassieren“.

Der Informant in den eigenen Reihen, der die „Kronen Zeitung“ informiert hatte, wurde ausgeforscht und suspendiert, wie Ö1 berichtet. Polizeipräsident Gerhard Pürstl schrieb den 7.000 Wiener Polizisten: „Ich habe erst kürzlich einen Exekutivbeamten vorläufig suspendiert, der vorsätzlich ein Amtsgeheimnis an eine große Tageszeitung weitergegeben hat, weil ich der festen Überzeugung bin, dass ein nicht mehr zu heilender Vertrauensbruch zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer entstanden ist.“

Polizei: „Reihe von Verfehlungen“

In einer Aussendung am Samstagnachmittag ergänzte die Polizei die Vorwürfe. Die vorläufige Suspendierung gründe sich „tatsächlich auf den Verdacht einer Reihe von Verfehlungen, die die Behörde in Summe bewogen haben, aus dienstlichem Interesse vorläufig auf die Mitarbeit des Bediensteten zu verzichten“.

Ins Detail wollte aber niemand gehen. Der Landespolizeidirektion sei es nicht möglich, Details aus dem Verfahren und dem Akt der Öffentlichkeit preiszugeben, hieß es in der Aussendung weiter. Einzelne Fakten könnten und dürften aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes nicht im Wege der Medien erörtert werden.

Gewerkschaft fordert sofortige Wiedereinstellung

Die Suspendierung müsse sofort rückgängig gemacht, der Polizist „sofort wieder einstellt werden“, forderte der stellvertretende Vorsitzende der Personalvertretung der Wiener Polizei, Josef Sbrizzai. Der Polizist werde von der Personalvertretung und der Polizeigewerkschaft voll unterstützt. Gleichzeitig müsse die zuständige Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) alle bisherigen Weisungen auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen und rechtswidrige Weisungen sofort stoppen.

Juristin: „Keine gute Optik“ bei Suspendierung

In Pürstls Infobrief, der Ö1 zugespielt wurde, ist auch die Rede vom Bruch des Amtsgeheimnisses als gerichtlich strafbarem Delikt und von schwarzen Schafen, die die Polizei unverdient in eine schiefe Optik bringen. Die Verfassungsrechtlerin und Expertin für das Amtsgeheimnis, Gabriele Kucsko-Stadlmayer, sieht aber „keine gute Optik“ was die Suspendierung des Polizisten betrifft.

Die Dienstrechtsexpertin ist nicht überzeugt, dass ein Bruch des Amtsgeheimnisses vorlag. „Wenn eine Weisung rechtswidrig ist, muss man die Frage stellen: Muss nicht die Öffentlichkeit davon erfahren? Man muss immer mitdenken, dass ein Beamter ein Recht auf freie Meinungsäußerung hat und dieses Recht im Spannungsverhältnis zu seiner Amtsverschwiegenheit steht“, so Kucsko-Stadlmayer gegenüber Ö1.

Allerdings müsse ein Beamter schon zuerst intern versuchen, einen Missstand zu beseitigen, bevor er an die Öffentlichkeit gehe, so Kucsko-Stadlmayer. Ob der suspendierte Polizist das getan hat, ist unklar. Von der Wiener Polizei war vorerst keine Stellungnahme zu bekommen. Die „Kronen Zeitung“ hatte jedenfalls schon 2012 über eine Zehn-Strafen-pro-Polizist-Anordnung aus Wien-Donaustadt berichtet.

Pürstl: „Keine Anordnung der Wiener Polizeiführung“

Pürstl verlautete im Oktober in Reaktion auf den Zeitungsbericht in einer Aussendung: Es existiere „keine Anordnung der Wiener Polizeiführung, die Polizisten eine bestimmte Zahl zu erstattender Anzeigen oder Organstrafverfügungen vorschreibt“. Bei den in Medienberichten angesprochenen Dokumenten handle es sich um ein Besprechungsprotokoll eines Floridsdorfer Kommandanten mit Leitern von Polizeiinspektionen.

Darin sei „ein Mindestmaß an Überwachungstätigkeit“ eingefordert worden. Es gehe „um einen Arbeitsaufwand von etwa 1 (!) Stunde pro Monat, also in etwa um 1/150 der Arbeitsleistung eines Polizisten, die dieser in die Ahndung von Verkehrsübertretungen investieren sollte“, betonte Pürstl in der Aussendung. Grund für diese Maßnahme seien Beschwerden von Anrainern gewesen - mehr dazu in Pürstl: „Keine Quote bei Anzeigen“.