Häupl stimmte für Regierungspakt

Für Bürgermeister Michael Häupl ist das Regierungsprogramm nicht der große Wurf. Trotzdem hat der Wiener SPÖ-Chef beim heutigen Bundesparteivorstand für eine Neuauflage der rot-schwarzen Koalition gestimmt.

„Es ist natürlich nicht der große Wurf, sondern ein pragmatisches Arbeitsübereinkommen. Aber wahrscheinlich ist angesichts der Wirtschaftskrise ohnehin Pragmatismus angesagt“, sagte Häupl vor dem Bundesparteivorstand und kündigte an: „Ich werde jedenfalls mit ‚Ja‘ stimmen.“

„Hätte gerne Vermögenssteuern und Gesamtschule“

Mit dem Regierungsprogramm ist er nicht vollends zufrieden: „Natürlich hätte ich gerne Vermögenssteuern drinnen gehabt, natürlich hätte ich gerne die Gesamtschule drinnen gehabt. Das ist mit der ÖVP nicht zu machen und das muss man auch zur Kenntnis nehmen.“ Auf die Personalentscheidungen Faymanns angesprochen, sagte Häupl: „Da gibts eine klare Vollmacht für den Bundesparteivorsitzenden und ich werde seinen Vorschlägen auch folgen.“

Neue Gesichter gibt es hingegen im Regierungsteam der ÖVP. „Es gibt in Wirklichkeit nur ein neues Gesicht - ob das so rasend erfolgreich sein wird, werden wir ja sehen. Die ÖVP hat schon in der Vergangenheit neue Gesichter gebracht. Die haben dann früher alt ausgeschaut, als die alten“, so Häupl.

Wohnbaustadtrat Michael Ludwig war nicht besonders euphorisch: „Ich hätte so wie viele andere gerne eine Millionärssteuer gesehen, um Forderungen zu finanzieren, die wir uns noch vorgestellt hätten, beispielsweise im Bildungsbereich.“ Dieser Meinung ist auch Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch: „Mehr in Richtung gemeinsamer Schule hätte ich mir schon gewünscht. Aber ich habe selbst verhandelt und glaube, dass wir ein gutes Ergebnis erzielt haben. Es war das Maximum, das wir herausholen konnten.“

Häupl wird interviewt

APA/Hochmuth

Häupl nach dem Parteivorstand

Kurz und Karmasin: Neue Minister aus Wien

Mit der designierten Familienministerin Sophie Karmasin und dem künftigen Außenminister Sebastian Kurz kommen zwei neue Minister aus Wien. Beide werden von der ÖVP nominiert, Karmasin ist laut Parteichef Michael Spindelegger aber unabhängig.

Das Engagement von Sophie Karmasin als Familienministerin ist wohl die größte Überraschung im Regierungsteam der ÖVP, nicht zuletzt, weil die umtriebige Meinungsforscherin durch ihre TV-Auftritte einem breiten Publikum bekannt ist. Im Wahlkampf verteilte sie noch als Kommentatorin im ORF-TV regelmäßig Noten an die TV-Duellanten; nun wechselt sie die Seiten und aufs glatte Parkett der Politik. Das Ressort von Karmasin wird offenbar aus dem Wirtschaftsministerium ausgegliedert, das wiederum die Wissenschafts-Agenden dazubekommen könnte.

Minister Kurz und Karmasin mit Spindelegger

APA / Roland Schlager

ÖVP-Chef Spindelegger mit der Familienministerin in spe, Sophie Karmasin

Die Kommunikationsexpertin wird Familienministerin

Karmasin kam 1967 in Wien als Spross einer veritablen Kommunikations-Dynastie auf die Welt. Ihre Eltern - der im heurigen Frühling verstorbene Vater Fritz sowie Mutter Helene - bauten rund um das österreichische Gallup Institut ein Marktforschungs-Imperium auf. Bruder Matthias ist Kommunikationswissenschaftler an der Uni Klagenfurt.

Minister Kurz und Karmasin mit Spindelegger

APA / Roland Schlager

Von der Politikbeobachterin zur Akteurin

Ihre Qualifikation als Ministerin, zumal fürs Familienressort, liegt nicht so klar auf der Hand. In Interviews hat sich die Mutter zweier Söhne selbst als ausgeprägten Familienmenschen geschildert. Die Politik-Landschaft ist ihr aufgrund ihres beruflichen Engagements alles andere als fremd, doch der Sprung von der Beobachterin zur Akteurin ist kein geringer.

Karmasin bezeichnet sich zudem als „Emanze“, die schon in der Schule „mit abgerissenen Jeans herumgelaufen“ sei und später zeigen wollte, „dass auch Frauen Unternehmen führen können“. Umgesetzt hat sie diese Haltung in Netzwerken wie der überparteilichen Plattform „Klub der Frauen“. Mitglied der ÖVP ist sie nicht, was Partei-Obmann Michael Spindelegger bei der Präsentation seines Regierungsteams auch hervorhob.

ÖVP-Frauen freuen sich über Karmasin-Bestellung

Positive Reaktionen über die Bestellung Sophie Karmasins zur Familienministerin kommen von den ÖVP-Frauen. „Sie wird sicher frischen Wind bringen und neue Ideen. Wir werden viel diskutieren. Sie hat alle unsere Unterstützung“, sagte ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm. Die ÖVP-Frauen wollen mit Karmasin eng zusammenarbeiten und haben sie bereits zu einer Klausur eingeladen. Als jemand von außen habe sie auch andere Möglichkeiten: „Verkrustungen von innen aufzubrechen ist schwer“, stellte Schittenhelm fest. „Mit ihr vorne werden wir einiges zusammenbringen.“

Dass die neue Ministerin eben nicht aus der Riege der ÖVP-Frauen stammt ist für Schittenhelm „kein Problem“, obwohl: „Wir hätten in den eigenen Reihen genügend qualifizierte, tolle Frauen gehabt. Ich hätte genügend anbieten können aus jedem Bundesland. Aber die Entscheidung ist gefallen, wie sie gefallen ist.“ Im Vorstand habe sie der Entscheidung zugestimmt.

Berühmt geworden mit dem „Geilomobil“

Ob der künftige Außenminister Sebastian Kurz mit dem „Geilomobil“ zu Staatsbesuchen fahren wird, ist nicht geklärt. Damit nämlich wurde der JVP-Chef im Wien-Wahlkampf 2010 erstmals berühmt. Von den jungen Schwarzen schaffte es der 27-Jährige rasch an die Spitze der Republik. Als Integrationsstaatssekretär wurde er skeptisch begrüßt, doch bald medial bejubelt. Nun folgt die nächste Herausforderung.

Minister Kurz und Karmasin mit Spindelegger

APA / Roland Schlager

Kurz hinter Vizekanzler Spindelegger bei der Präsentation des neuen ÖVP-Teams

Seit 2011 in der Regierung

Im April 2011 holte ÖVP-Chef und Vizekanzler Michael Spindelegger Kurz in sein umgestaltetes Team. Wer dem selbstsicher auftretenden Jungpolitiker zumindest nur ein wenig politisches Talent zutraute, fürchtete, er könnte zu schnell verheizt werden.

Mit ausgestreckter und zugleich strenger Hand machte sich Kurz bald daran, vor allem die Muslime in Österreich zu „integrieren“. In dem von ihm auf die Beine gestellten „Dialogforum Islam“ ließ er Maßnahmen wie etwa ein islamisch-theologisches Studium und die Überarbeitung der Schulbücher für den muslimischen Religionsunterricht vorbereiten.

„Integration durch Leistung“ als Leitmotiv

Die Asylfrage vermied Kurz, als Staatssekretär dem Innenministerium unterstellt, insofern geschickt, als er stets auf die Zuständigkeit seiner Chefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verwies. Er sei zuständig für die Integration jener, bei denen schon feststehe, dass sie bleiben dürfen, so das Argument. Und forderte in diesem Zusammenhang etwa Deutschkenntnisse vor dem Schuleintritt. „Integration durch Leistung“ wurde sein Leitmotiv.

Minister Kurz und Karmasin mit Spindelegger

APA / Georg Hochmuth

Erfolgreichstes Thema: Nacht-U-Bahn

Kurz stieg 2009 zum Obmann der Jungen ÖVP auf. Sein wohl erfolgreichstes Thema war die Nacht-U-Bahn, die von der SPÖ nach einer positiven Volksbefragung dazu auch tatsächlich umgesetzt wurde. Freilich war die JVP-Kampagne für die Nacht-U-Bahn eher von Peinlichkeit gezeichnet.

Grenzwertig auch seine Kampagne mit den „Geil-o-mobilen“ bei der Wien-Wahl. Richtig geil fanden die Wiener das wohl nicht, wenn man auf das Wahlergebnis schaut. Immerhin, Kurz war drin im Landtag. Und wirkungsvoll war die Kampagne auch, denn das Geilomobil wird Kurz seitdem nicht los.

Schwere Aufgabe für jüngsten Minister aller Zeiten

So gesehen schadet es wohl nicht, dass er künftig auf dem internationalen Parkett unterwegs ist, wo man die Wiener Kommunalpolitik nicht ganz so akribisch mitverfolgt hat. Leicht wird es Kurz aber wieder nicht haben, denn einmal mehr wird seine Bestellung höchst skeptisch beäugt. Nicht nur sein Alter ist erneut Thema - Kurz löst Karl-Heinz Grasser als der bei Amtsantritt historisch jüngste Minister ab.

Seine Jugend kann er auch mitnichten mit Hausmacht im Außenressort wettmachen, im Gegenteil: Die Hohe Schule der Diplomatie autodidaktisch zu lernen, hält so mancher Beobachter für eine Mammutaufgabe, der nur wenige gewachsen sind. Bleibt abzuwarten, ob Kurz sich auch im neuen Job - die Integrationsagenden nimmt er übrigens mit - binnen Kürze zum Mediendarling mausern kann und dieser Ruf auch international bestätigt wird. Schafft er es, ist der Wandel von der Nachwuchshoffnung zum ÖVP-Schwergewicht nur mehr eine Frage der Zeit.

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