Streit um „offene Bücherschränke“

Keinen Weihnachtsfrieden gibt es zwischen der Bezirksvertretung Alsergrund und dem Künstler Frank Gassner im Konflikt um die offenen Bücherschränke am Zimmermannplatz. Am Montag lehnte Gassner eine Übernahme durch den Bezirk ab.

Frank Gassner ersetzte am Wochenende die kaputten Türen der „offenen Bücherschränke“ am Zimmermannplatz. Der Reparatur geht ein jahrelanger Streit voraus, ob Gassners Verein oder der Bezirk für das Projekt in Alsergrund verantwortlich sei. Am Montag kündigte die Bezirksvertretung eine Lösung an. „Künftig könnte die MA 28 die Schränke betreuen“, so der stellvertretende Bezirkschef Thomas Liebich (SPÖ), „weiters habe ich die Zusage der Büchereien Wien, in Zukunft ausgeschiedene Bücher in den offenen Bücherschrank einzustellen.“

Franz Gassner, Offene Bücherschränke in Alsergrund

Verein "offene Bücherschränke"

Die „offenen Bücherschränke“ in Alsergrund wurden von Gassner mit neuen stabilen Türen aus einem Eisenrahmen mit Sicherheitsglas ausgestattet

Gassner: „Ein schlechter Scherz“

„Mir einen Tag, nachdem ich alles repariert habe, zu sagen, dass es jetzt eine Lösung gibt, ist lachhaft, ein schlechter Scherz“, so Gassner. Er hat das Vertrauen in die Bezirksvertretung längst verloren und sieht mit dem Angebot den dauerhaften Bestand der Schränke nicht gesichert. Gassner versucht nun eine vom Bezirk unabhängige Lösung zu finden. Das soll mit Förderungen und Privatpersonen gelingen, die ehrenamtlich und langfristig die Schränke betreuen. Gassner: „Im 7. und 16. Bezirk funktionieren die Bücherschränke auch sehr gut ohne den Bezirk.“

Konflikt um Finanzierung und Haftung

Im Jahr 2010 eröffnete Gassner den ersten „offenen Bücherschrank“ in Wien-Neubau, eine Art kostenlose und unbürokratische Bibliothek auf offener Straße. Daraufhin wurde Gassner von der Bezirksvertretung eingeladen, auch in Alsergrund einen Schrank zu errichten. Ein entsprechender Beschluss der Bezirksvertretung folgte im April 2010. Eine Finanzierung scheiterte am Widerstand der Grünen im Bezirk.

Franz Gassner, Offene Bücherschränke in Alsergrund

Verein "offene Bücherschränke"

Gassner reparierte die Türen

Da es bereits eine Förderzusage für den Ankauf einer größeren Anzahl des Buches „Die Männer mit dem rosa Winkel“ von „Heinz Heger“ gab, beschloss Gassner, drei Schränke für den Zimmermannplatz aus Betonspanplatten mit seinem Verein selbst zu finanzieren. „Hätte man mir nicht vom Bezirk versichert, dass man sich um den Schrank kümmert, hätte ich das im Leben nicht gemacht“, so Gassner. Von der MA 46 wurde eine unbefristete Gestaltungsgenehmigung ausgestellt und von der Bezirksvertretung wurde die Kaution für die Wiederherstellung der Platzoberfläche geregelt.

Runder Tisch ohne Initiator

Ende 2012 wollte Gassner die Schränke der Bezirksvertretung in Alsgergrund mit allen Rechten und Pflichten schenken, um die Verantwortung abgeben zu können. Die Bezirksvertretung wandte sich an die MA 28, die das Geschenk ablehnte, da sie keine Rechtsperson sei und die „offenen Bücherschränke“ nicht betreuen wollte.

Der Konflikt wurde öffentlich sichtbar, als die Schranktüren beschädigt wurden und vorerst weder Gassner noch der Bezirk die Reparatur organisieren und finanzieren wollten. Da die Bücher durch die Witterung in Mitleidenschaft gezogen wurden, lud die Bezirksvertretung im November zu einem „runden Tisch“. Da Gassner das dortige Gespräch nicht mit einem Aufnahmegerät aufzeichnen durfte, blieb er dem Treffen fern.

Nitsch vor offenem Bücherschrank

APA/HERBERT PFARRHOFER

Hermann Nitsch unterstützte im Vorjahr das Projekt, weil damit Druckwerke unkompliziert und kostenlos entnommen und eingestellt werden können

„Offener Bücherschrank“ im Nitsch-Look

Wiens erster „offener Bücherschrank“ in Neubau feierte im Vorjahr den zweiten Geburtstag. Zum Jubiläum wurde er von Hermann Nitsch gestaltet. Blut kam dabei keines zum Einsatz, ein Partitur-Aufdruck des Orgien-Mysterien-Theaters ziert den Schrank - mehr dazu in „Offener Bücherschrank“ im Nitsch-Look (wien.ORF.at; 6.2.2012).

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