Familie tyrannisiert: Chefinspektor verurteilt

Ein pensionierter Chefinspektor der Wiener Polizei, der seine Familie tyrannisiert haben soll, ist am Montag zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Die Strafe bekam er aber wegen Urkundenfälschung und illegalen Waffenbesitzes.

Die Staatsanwältin warf dem 64-Jährigen in der Anklage fortgesetzte Gewaltausübung, Freiheitsentziehung, schwere Nötigung und gefährliche Drohung vor. Psychoterror und Schläge - etwa mit einer Fliegenklappe und einem Hosenspanner - sollen für die drei Töchter im Alter von acht, elf und 14 Jahren sowie die 42-jährige Ehefrau beinahe auf der Tagesordnung gestanden sein.

Doch von diesen angeklagten Delikten wurde der Mann freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Staatsanwältin legte Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde ein. Die Verteidigung erbat sich drei Tage Bedenkzeit.

Angeklagter: Keine Misshandlungen

„Es ist nichts geschehen. Ich habe meine Frau und meine Kinder weder misshandelt noch bedroht“, gab der Angeklagte zu Beginn seiner Einvernahme zu Protokoll. Er behauptete, zum Zeitpunkt seiner Festnahme nur deshalb mehrere illegale Schusswaffen und Munition im Kofferraum seines Pkw gehabt zu haben, weil er sich vor seiner Frau gefürchtet hätte: „Ich hab’ Angst g’habt, dass mich meine Frau erschießt.“

Chefinspektor soll Familie tyrannsisert haben: Angeklagter vor Gericht

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Angeklagter bei Gericht

Die 42-Jährige, die er 1997 während eines Kuraufenthalts kennengelernt und nach längerer Lebensgemeinschaft geheiratet hatte, habe nach der Geburt eines Sohnes im Frühjahr 2011 psychische Probleme entwickelt. Sie sei auch auf ihn losgegangen, behauptete der pensionierte Polizist: „Zum Schluss war es ganz arg. Sie hat mich auch geohrfeigt und geschlagen.“

Hilferufe am Polizeinotruf

Bei der Einvernahme des Angeklagten wurde die Aufnahme des Anrufes der 14-jährigen Tochter bei der Polizei im Oktober 2011 vorgespielt. „Bitte kommen Sie! Mein Vater will uns alle umbringen!“ - mit diesen Worten, untermalt von heftigem Schluchzen und Schreien, hatte sie den Notruf der Polizei kontaktiert.

Er wisse nicht, weshalb das Mädchen damals die Polizei kontaktiert hätte, nahm der Angeklagte zu dem Anruf Stellung: „Ich hab’ keine Ahnung. Ich hab’ keine Erklärung dafür. Es war nichts!“ Er habe seine Kinder nie geschlagen.

Ehefrau durfte nicht zu ihren Eltern

Der 64-Jährige soll laut Anklage im Lauf der Jahre systematisch den freien Willen seiner Familie gebrochen und den Alltag seiner Ehefrau streng überwacht haben. Er verbat ihr demnach den Kontakt zu ihren Eltern und gestattete der Frau das Verlassen der Wohnung nur zu Einkaufszwecken oder der Erledigung dringend nötiger Geschäfte. Auch den Reisepass hatte er der Frau abgenommen. Den Kindern gestattete er ebenfalls nur einen eingeschränkten Bewegungsspielraum.

Wenn sich seine Angehörigen ihm widersetzten, wurde der Familienvater laut Anklage handgreiflich, wobei vor allem die älteste Tochter regelmäßig Ohrfeigen und Schläge versetzt bekam. Zudem soll der Mann mit seinen insgesamt fünf Schusswaffen hantiert haben. Durch demonstratives Drehen an der Trommel eines Revolvers brachte er die Familie dazu, sich seinen Wünschen zu beugen.

Morddrohung nach Polizeieinsatz

Nach dem Polizeieinsatz soll der 64-Jährige seiner Frau angekündigt haben, er werde sie in die Psychiatrie bringen, indem er die gemeinsamen Kinder vor ihren Augen töten werde. Am darauffolgenden Tag präzisierte er seine Drohung, indem er der Frau erklärte, er werde die Kinder betäuben, sie erschießen, ihnen dann den Bauch aufschlitzen und diese zum Zeichen seiner Liebe mit roten Rosen bedecken.

Weil seine Frau befürchtete, der Polizist werde seine Pläne in die Tat umsetzen, flüchtete sie mit ihren Kindern ins Frauenhaus und erstattete Anzeige. Der pensionierte Chefinspektor wurde am 7. Dezember 2011 wegen Tatbegehungsgefahr in U-Haft genommen, aus der er erst nach sieben Monaten entlassen wurde, obwohl ihn sogar das Wiener Oberlandesgericht (OLG) noch erkennbar für gefährlich hielt.