Telekom-V-Prozess: „Eindeutige Packelei“

Der Telekom-V-Prozess um den Verkauf einer Luxusimmobilie am Schillerplatz ist am Dienstag vertagt worden. Es sollen neue Zeugen gehört und das Gutachten nachgerechnet werden. Ein Zeuge kritisierte den Deal als „eindeutige Packelei.“

Konkret geht es um den Verkauf einer Luxusimmobilie von der Telekom Austria (TA) an den damaligen ÖBB-Chef Martin Huber und dessen Ehefrau. Zu Beginn der Verhandlung war der ehemalige Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ) geladen. Böhmdorfer nutzte beim Prozess im Wiener Straflandesgericht sein Entschlagungsrecht als Rechtsanwalt. Auf APA-Nachfrage sagte Hubers Rechtsanwalt im Strafprozess, dass Huber Böhmdorfer von der anwaltlichen Schweigepflicht entbunden habe. Böhmdorfers Auftritt vor Gericht dauerte damit nur rund eine Minute.

Böhmdorfer entschlug sich Aussage

Die Rolle Böhmdorfers beim Kauf des Objektes ist umstritten - denn Böhmdorfer war auch Aufsichtsrat bei den ÖBB und somit auch ein Kontrollor des ÖBB-Chefs Huber. Laut „Kurier“ soll Böhmdorfer für die anwaltliche Betreuung des Objektes am Schillerplatz rund 170.000 Euro erhalten haben.

Huber trat damals nicht offen als Käufer der Immobilie auf, sondern eine Gesellschaft im Eigentum eines Treuhänders und seiner - nun mitangeklagten - Gattin kauften. Gegenüber seinem Arbeitgeber soll Huber damals bestritten haben, hinter dem Immodeal zu stecken. Die Anklage gegen Huber wurde während des Prozesses auf Verdacht des schweren Betrugs gegenüber den ÖBB ausgeweitet.

Böhmdorfer war von 2005 bis 2007 im Aufsichtsrat, Huber war von 2004 bis 2008 Generaldirektor der Bahn-Holding. Der Verkauf der TA-Immobilie an Huber erfolgte 2006. Zur Doppelrolle erklärte Böhmdorfer gegenüber der Zeitung, er habe sich „in keiner Sekunde in einer Konfliktsituation befunden“ und alles „absolut korrekt“ abgewickelt.

Zeuge: „Das Projektentwicklungsgeschäft läuft so“

Als nächster Zeuge kam der Vorstandsvorsitzende des Objektentwicklers Seeste in den Zeugenstand. Die Seeste hat die Immobilie am Schillerplatz ein Jahr nach dem Kauf durch das Ehepaar Huber von diesem gekauft - um das Doppelte des Kaufpreises vor einem Jahr. Die Seeste ist ein wichtiger Bauträger am neuen Wiener Hauptbahnhof, worin Kritiker eine seltsame Optik sehen. Der Zeuge sagte, er habe von der Schillerplatz-Immobilie über einen Makler erfahren.

Der Seeste-Vorstandsvorsitzende kam in Erklärungsnot, als die Richterin genauer nachfragte, warum sich innerhalb eines Jahres der Kaufpreis von 5,4 auf rund elf Mio. Euro erhöht habe. „Natürlich ist das für Außenstehende eine Riesendifferenz, nur, das Projektentwicklungsgeschäft läuft so“, sagte der Zeuge. Da die Baubewilligung schon da gewesen sei, sei es ein „beginnendes Projekt“ gewesen.

Prokurist: „Eindeutige Packelei“

Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten vor, die Immobilie ohne aktuelles Verkehrswertgutachten zu billig an den damaligen nun mitangeklagten ÖBB-Chef Huber verkauft zu haben, die Beschuldigten bestreiten das.

Dritter Zeuge war der Leiter der internen Revision bei der Telekom. Er hatte bei den Besprechungen zahlreiche handschriftliche Bemerkungen angefügt, die er heute vortrug. So hatte ein Telekom-Prokurist den Schillerplatz-Deal als „eindeutige Packelei“ kritisiert. Dieser kritisierende Mitarbeiter sei aber nicht direkt in den Deal involviert gewesen.

Gutachter: Projektpotenzial kaufentscheidend

Gutachter Roland Popp betonte vor der Richterin mehrfach, dass man bei der Immobilie auch das Ausbaupotenzial im Dachgeschoß sehen müsse. Dies habe er bei seinem ersten Gutachten gemacht, beim zweiten Gutachten, zu dem ihn die Richterin im Jänner beauftragt habe, habe er dies auftragsgemäß nicht gemacht.

Popp war in seinem ersten Gutachten, für das er den Kaufvertrag zugrunde legte, auf einen Wert der Immobilie von 9,8 Mio. Euro zum Verkaufsangebots-Zeitpunkt Mai 2006 gekommen. In dem nun präsentierten „Ergänzungsgutachten“ hatte er zunächst in einer Variante den dreigeschoßigen Dachgeschoßausbau - der im Kaufvertrag dem Käufer, dem Ehepaar Huber, gewährt worden war - ausdrücklich nicht berücksichtigt und war auf einen Wert von 6,9 Mio. Euro gekommen.

In einer zweiten Variante des Ergänzungsgutachtens hatte er auch die - im Kaufvertrag ausdrücklich zugesagte - Wohnungseigentumsbegründung nicht berücksichtigt und war so für die verkauften Büroflächen auf 5,5 Mio. Euro gekommen. Die Verteidiger versuchten daraufhin stundenlang, das Gutachten zu zerpflücken und die Aussagen des Gutachters in Zweifel zu ziehen. Besonders störte sie, dass er für die Sendemasten der Telekom am Gebäude keinen Abschlag auf den Wert gemacht hatte. Am 4. April geht der Prozess weiter.

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