Arbeitslosigkeit immer öfters als Armutsfalle

Die AK Wien hat Arbeitslose gefragt, wie sie damit zurechtkommen. Demnach muss sich die Mehrheit bei den Ausgaben einschränken, viele leiden auch gesundheitlich. Konsumverzicht ist eine häufige Reaktion, auch für die Kinder ist weniger da.

Die mit der Arbeitslosigkeit verbundenen finanziellen Einbußen sind beträchtlich: Der Einkommensverlust durch die Erwerbslosigkeit betrug im Schnitt 44 Prozent. Lag das durchschnittliche persönliche Monats-Nettoeinkommen der Befragten vor der Arbeitslosigkeit bei 1.420 Euro, sank es während der Arbeitslosigkeit auf 796 Euro. Um den Einkommensverlust abzufedern konnte nur jeder Zweite auf eigene Ersparnisse zurückgreifen.

Mit dem niedrigeren Einkommen während der Arbeitslosigkeit kam fast jeder Zweite nicht aus. Je länger kein Arbeitseinkommen, umso schlimmer wurde die Lage: Bei mehr als 25 Wochen Arbeitslosigkeit wurden die finanziellen Einbußen für 63 Prozent der Befragten ein „sehr großes Problem“.

Weniger Sozialkontakte, Konsumverzicht

Jeder Dritte sah sein gesundheitliches Wohlbefinden eingeschränkt, wobei hier Frauen deutlich mehr betroffen waren als Männer. Bei knapp einem Drittel litten die sozialen Kontakte, die Beziehungen zu Freunden und ehemaligen Kollegen. Bei mehr Kindern im Haushalt gaben 35 Prozent an, die Arbeitslosigkeit habe auch negative Folgen für ihre Kinder. Den Verzicht auf Schulaktivitäten ihres Kindes nannten neun Prozent, den Wegfall von Nachhilfestunden sieben Prozent.

Wegen der Geldknappheit gerieten 22 Prozent während der Arbeitslosigkeit sogar mit ihren Mietzahlungen in Rückstand - eine existenzielle Frage, denn wer die Wohnung verliere und auf der Straße lande finde schwer wieder zurück. Eine sehr häufige Reaktion auf den Geldmangel ist Konsumverzicht: 58 Prozent gaben an, bestimmte Dinge einfach nicht mehr zu kaufen, 61 Prozent suchten verstärkt nach Billigangeboten. Insgesamt reichten trotz teilweise massiver Einsparungen bei 44 Prozent die Einnahmen nicht für die Deckung der laufenden Haushaltsausgaben aus.

Jobverlust meistens unfreiwillig

Bei der vom IFES (Institut für Empirische Sozialforschung) im Auftrag der AK Wien durchgeführten Umfrage wurden 500 Personen in Wien befragt, die in den vergangenen zwölf Monaten zumindest einmal arbeitslos waren - oder es noch sind. Von den Befragten hatten 42 Prozent Pflichtschulbildung, 20 Prozent wiesen Hochschulbildung auf.

Der Jobverlust war bei der überwiegenden Mehrheit der Befragten unfreiwillig: Nur jeder Zehnte hat selbst gekündigt, 46 Prozent gaben eine „einvernehmliche Kündigung“ an. Dabei handelt es sich laut dem Experten allerdings meist um eine Trennung, die vom Arbeitgeber ausgeht. 28 Prozent wurden offiziell durch den Arbeitgeber gekündigt, bei 16 Prozent endete das Arbeitsverhältnis durch Fristablauf.

AK fordert höheres Arbeitslosengeld

Für die Arbeiterkammer ist das Ergebnis der Umfrage ein Alarmsignal. Die AK fordert eine Anhebung des Arbeitslosengelds und eine Entschärfung der Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe. Das Arbeitslosengeld sollte länger bezahlt werden.

Konkret soll die derzeit geltende Nettoersatzrate von 55 Prozent angehoben werden. Eine Erhöhung auf 60 Prozent würde jährlich 230 Mio. Euro kosten, rechnet AK-Arbeitsmarktexperte Gernot Mitter vor. Die Entschärfung der Anrechnung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe käme auf rund 80 Millionen Euro pro Jahr.

AK: Erwerbstätige sollen Abgabe leisten

Die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds aus der Arbeitslosenversicherung solle deutlich angehoben werden. Derzeit gibt es eine Staffelung von 20, 30, 39 und 52 Wochen - je nach Alter und Beschäftigungsdauer. Den EU-Schnitt von 12 Monaten Arbeitslosengeld sehe die österreichische Regelung nur für über 50-Jährige mit langer Beschäftigungsdauer vor.

Finanziert werden sollen diese Maßnahmen durch Einhebung einer Arbeitsmarktförderungs-Abgabe von Erwerbstätigen, die derzeit keinen Beitrag zur Arbeitsmarktpolitik leisten. Ein Volumen von bis zu 500 Mio. Euro wäre hier laut AK möglich.

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