Obdachlosen-Beschwerden abgewiesen

Das Wiener Verwaltungsgericht hat am Donnerstag Beschwerden von Obdachlosen gegen Polizei und MA 48 wegen einer Amtshandlung im Stadtpark im Vorjahr zurückgewiesen. Nun kündigte der Anwalt der Obdachlosen weitere Schritte an.

Rechtsanwalt Gabriel Lansky kündigte eine Beschwerde beim Verwaltungs- und Verfassungsgericht an, nachdem „keine ausgewogene Beweiswürdigung erfolgt ist“. So sei die Beweisaufnahme durch Richter Wolfgang Helm ausschließlich aufgrund der Angaben der Polizisten erfolgt, aus denen Helm schloss, dass die Obdachlosen sowohl die Möglichkeit hatten, ihre Wertsachen mitzunehmen und auch Zeit genug diese wegzuräumen. Bei der Aktion sei auch das Hab und Gut von einigen Betroffenen durch die MA 48 weggeschafft und entsorgt worden.

Man nehme das Urteil zur Kenntnis, sagte Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien."Die Amtshandlung und der Umgang mit den Betroffenen war nicht optimal", kritisierte Schwertner das damalige Vorgehen. Der Generalsekretär erinnerte an das Ergebnis des Runden Tisches zur Obdachlosen-Problematik, rund zwei Wochen nach dem Vorfall vom Oktober 2013. Da die Notschlafstellen zum Zeitpunkt der Räumung überfüllt gewesen seien, hätten die Menschen gar keine Alternative zu einem Übernachten im Freien gehabt.

Gericht: „Keine Wegweisung“

Zuvor hatte das Verwaltungsgericht die Beschwerden der Obdachlosen als unbegründet abgewiesen. Die Exekutive habe keine Wegweisung vorgenommen, hieß es nach mehrstündiger Verhandlung. Die Betroffenen hätten nach der Amtshandlung noch im Stadtpark bleiben können. Das Androhen einer Anzeige wegen eines Verstoßes gegen die Kampierverordnung - eine tatsächliche Anzeige gab es nicht - sei keine unangemessene Maßnahme gewesen, hieß es.

Auch die Beschwerde gegen die MA 48 war nicht erfolgreich. Müll einsammeln ist laut Verwaltungsgericht nämlich nicht als hoheitlicher Akt zu werten, gegen den mit einer Maßnahmenbeschwerde vorgegangen werden könnte, so die MA 48. Zudem habe sich herausgestellt, dass sich die Atmosphäre für die Straßenreinigung an jenem Abend konfliktlos dargestellt habe, erklärte er. Auch die Polizisten hatten im Zeugenstand versichert, dass es längere Gespräche mit den Obdachlosen gegeben habe - und jenem mit der Fußverletzung auch angeboten worden sei, eine Rettung zu holen, was dieser abgelehnt habe.

Obdachlose im Stadtpark

APA/Roland Schlager

Aufforderung „unmissverständlich“

Es war schon später Abend, als am 15. Oktober des Vorjahres Polizeibeamte beim Obdachlosen-Lager aufmarschierten. Wie einer der Betroffenen in der Verhandlung versicherte, war die dabei geäußerte Aufforderung unmissverständlich: „So meine Herren, packt eure Sachen und verschwindet. Was ihr tragen könnt, das tragt, der Rest wird entsorgt“, soll diese gelautet haben. Er habe dem Begehr allerdings nicht nachkommen können, wie er in der Verhandlung ausführte.

Denn er habe aufgrund einer Fußverletzung auf Krücken gehen müssen: „Die hab ich den Polizisten gezeigt, aber die haben nur gemeint, ich soll doch einen Freund bitten, ob er mir was tragt.“ Vieles habe er jedoch zurücklassen müssen. In Säcken unter der Bank sei seine Kleidung gelagert gewesen, kein Müll, schwor der Mann, der über einen Zeitraum von rund zwei Jahren immer wieder im Stadtpark nächtigte. Weder die Polizei noch später die MA 48 habe sich die Sachen angesehen.

Polizei: Niemand weggewiesen

Das entspreche nicht den Tatsachen, beteuerte der damalige Einsatzleiter der Polizei im Zeugenstand. Man habe sehr wohl auch in den Säcken nachgeschaut und nur Abfälle entsorgen lassen. Solche soll es rund um die Bänke nicht wenig gegeben haben: „Der Verschmutzungsgrad war ein Wahnsinn.“ Leere Flaschen, Zeitungen, Dosen oder Zigarettenpackerl seien herumgelegen. Auch seien über mehrere Bänke Planen gespannt worden.

Dies alles habe entfernt werden müssen, so der Beamte, der betonte: „Es ist dort niemand weggewiesen worden. Weil das Sitzen auf den Bänken ist nicht verboten.“ Das Nächtigen dort widerspricht laut Polizei jedoch der Wiener Kampierverordung. Und da es wiederholt Beschwerden gegeben habe, sei man letztendlich eingeschritten. Dass man, wie medial kolportiert, die Betroffenen aufgefordert habe, sich innerhalb von 30 Minuten mit ihrem Besitz aus dem Park zu entfernen, sei falsch, wurde beteuert.

Man habe nichts gegen den Willen der Betroffenen weggeworfen, hieß es. Manche hätten auch mitgeholfen, Müll auf das Fahrzeug der MA 48 zu werfen. Was die Obdachlosen nicht bestreiten - es hätte jedoch eine Anzeige gedroht, wenn man dies nicht getan hätte, sind sie überzeugt. Dass Sachen von Personen, die gar nicht anwesend waren, weggeworfen wurden, stimmt laut Polizei. Die anwesenden Obdachlosen hätten jedoch versichert, dass auf den jeweiligen Bänken schon lange niemand geschlafen hat.

MA 48 „zufällig im Geschehen“

Die MA 48 kam eher zufällig zu dem Geschehen, wie ein Vertreter ausführte. Man sei von der Polizei gerufen worden - an eine Adresse beim Stadtpark. Im Park selbst sei prinzipiell das Stadtgartenamt zuständig. Aber man sei so „flexibel“ und habe auch den Müll aus dem Stadtpark mitgenommen. Dabei sei man der Bitte der Exekutive nachgekommen. Rechtsfragen würden die Straßenreiniger nicht prüfen: „Da muss man Verständnis haben“, bat der MA 48-Jurist.

Das Gericht kann feststellen, dass die Einsätze unverhältnismäßig waren oder auch befinden, dass alles in Ordnung war. Möglich ist auch ein Amtshaftungsverfahren, in dem die Obdachlosen letztlich Schadenersatz bekommen, weil die MA 48 Schlafsäcke und Decken entsorgt hat. Soziale Vereine hatten heftig gegen das Vorgehen der Polizei protestiert - mehr dazu in Caritas-Kritik an Einsatz gegen Obdachlose.

Beschwerde von drei Betroffenen

Die Causa war im November des Vorjahres ins Rollen gekommen. Mit Hilfe eines Anwalts brachten drei Betroffene eine Beschwerde gegen die Polizei und die Stadt Wien ein. Der Grund: Ihre Habseligkeiten seien entsorgt worden - mehr dazu in Obdachlose: Beschwerde gegen Polizei. Mit der von den Obdachlosen eingebrachten Maßnahmenbeschwerde soll die Feststellung erwirkt werden, dass die Wegweisung und die Wegnahme ihrer Habseligkeiten rechtswidrig waren - mehr dazu in Obdachlose vertrieben: Gericht prüft.

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