Kritik am Einsatz von Psychiatrie-Netzbetten

Die Volksanwaltschaft hat heute ihren Bericht zu Beschwerden im Bereich der Stadt Wien vorgelegt. Kritik übten die Prüfer am Einsatz von Psychiatrie-Netzbetten. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass es auf der gesamten Donauinsel kein barrierefreies WC gibt.

Rund 5.000 Wienerinnen und Wiener wandten sich 2013 an die Volksanwaltschaft. 1.030 Fälle wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen, in 118 Fällen stellten die Volksanwälte einen Missstand in der Wiener Landes- und Gemeindeverwaltung fest. Damit ist die Missstandsquote gegenüber dem Vorjahr mit 11,5 Prozent beinahe gleich geblieben (2012: 11,4 Prozent). Das bezeichnete Volksanwalt Günther Kräuter (SPÖ) bei der Präsentation des Berichts als „relativ gutes Zeugnis“ für die Wiener Behörden - denn österreichweit gebe es eine Missstandsquote von 16 Prozent.

Netzbetten „nicht mehr zeitgemäß“

Kritik an Wien gab es in dem 166 Seiten starken Bericht dennoch genug: unter anderem an Netzbetten, die in Wiener Psychiatrien immer noch im Einsatz sind. Der Menschenrechtsbeirat der Volksanwaltschaft hätte sich bereits einstimmig gegen deren Verwendung ausgesprochen, betonte Kräuter. Und auch das Gesundheitsministerium habe einen Erlass an die Landeshauptleute in Aussicht gestellt, in dem Netzbetten und andere käfigartige Betten als nicht verhältnismäßig und der Wahrung der Menschenwürde abträglich beurteilt werden. „Ich hoffe, dass sich Österreich hier in die Gegenwart bewegt“, so Kräuter.

Probleme gebe es auch bei der Barrierefreiheit, berichtete Volksanwältin Gertrude Brinek (ÖVP). „Auf der Wiener Donauinsel gibt es kein einziges WC, das barrierefrei zugänglich ist“, kritisierte sie. Die Wege und Türen seien zu schmal, bei anderen Toiletten würden Stufen und Gehsteigkanten den Zugang behindern. Sie forderte einen raschen Umbau und die Anpassung an die Standards der Barrierefreiheit. Beschwerden gab es in diesem Zusammenhang auch bei Wiener Wohnen. „Immer wieder werden Menschen mit Behinderungen Wohnungen als barrierefrei angeboten, die es dann gar nicht sind“, sagte Brinek.

Mindestsicherung: Rüge an Stadt

Auch in Sachen bedarfsorientierte Mindestsicherung erntete die Stadt erneut eine Rüge: Nicht nur die Bearbeitungsdauer von drei Monaten werde öfter überschritten, auch die Berechnung stimme nicht immer. Die Probleme seien „sehr deutlich“, so Kräuter. Er hoffe nun, dass auch die Wiener Verantwortlichen endlich bereit seien, die Verwaltung zu optimieren.

Die Dauer der Verfahren war auch der größte Kritikpunkt an der Magistratsabteilung (MA) 35, die sich um Staatsbürgerschafts- und Niederlassungsverfahren kümmert. „Gravierende Mängel“ bei der zumutbaren Verfahrensdauer ortete Volksanwalt Peter Fichtenbauer (FPÖ). Die Frist von sechs Monaten werde „so gut wie überhaupt nie“ eingehalten, zum Teil würden die Verfahren so lange dauern, dass bereits eingereichte Dokumente ihre Gültigkeit verlören und nochmals eingeholt werden müssten, erklärte Fichtenbauer.

Allein in diesem Bereich stellte die Volksanwaltschaft 24 Missstände fest. In einem Extremfall sei etwa eine Anfrage bei der Polizei 19 Monate bei der MA liegen geblieben. „Das zeigt, dass eine durchstrukturierte Fachaufsicht nicht vorhanden ist“, so Fichtenbauer.

Volksanwaltschaft will Prüfgebiet ausweiten

In Zukunft möchte die Volksanwaltschaft ihr Prüfgebiet ausweiten: Denn in der kommunalen Daseinsvorsorge wie etwa bei öffentlichen Gas- oder Stromanbietern oder der Wien Holding seien die Kompetenzen immer noch stark eingeschränkt, kritisierte Kräuter. Im Zuge der laufenden Budgetdebatte habe er jedoch mehrfach „positive Signale“ von allen Fraktionen erhalten, die Kontrolle auch auf private Rechtsträger, an denen Bund oder Länder mit 50 Prozent beteiligt sind, auszudehnen. „Die Politik hat erkannt, dass die Bevölkerung auch bei der Daseinsvorsorge eine niederschwellige und kostenlose Beschwerdemöglichkeit braucht“, so Kräuter auf APA-Nachfrage. Er hofft auf eine Umsetzung noch in diesem Jahr.

Seit Mitte 2012 kontrolliert die Volksanwaltschaft auch präventiv den Schutz der Menschenrechte: In Wien habe es bisher 263 Kontrollen in unter anderem Gefängnissen, Altersheimen oder etwa bei Abschiebungen und Demonstrationen gegeben, berichteten die Volksanwälte.

Auch in der Justizanstalt Stein, die in den vergangenen Tagen durch die Verwahrlosung eines Häftlings Schlagzeilen machte, habe man kontrolliert, so Brinek. Mängel wurden dabei vor allem bei der Personalausstattung, der Gesundheitsversorgung der Häftlinge besonders in der Nacht und den Einschlusszeiten festgestellt. Eine Verwahrlosung in diesem Ausmaß habe man bei den - eigentlich präventiv angelegten - Schwerpunktkontrollen aber nicht gefunden.

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