Weibliche Plakatkunst aus Wien

Ob für Zigaretten, den Opernball, den Tiergarten oder für Chaplin-Filme - zahlreiche bekannte Werbeplakate sind von Grafikerinnen geschaffen worden, die im 20. Jahrhundert in Wien tätig waren. Ein Buch stellt sie und ihre Werke vor.

Opernball, Ankündigungsplakat, 1957, MAK

Ambra Verlag / MAK

Opernball-Plakat (1957)

Epi Schlüsselberger ist inzwischen 88 Jahre alt, arbeitet aber noch immer als Grafikerin, Buch- und Ausstellungsgestalterin in Wien. In früheren Jahren stattete sie als Kostümbildnerin gemeinsam mit ihrem Mann, dem Bühnenbildner Georg Schmid, zahlreiche internationale Theaterproduktionen aus. Besonders stolz ist sie heute auch auf ihre Plakate für den Wiener Opernball und Philharmonikerball.

Opernballkarten für Plakate

„Ich bekam für die Plakate kein Geld, aber mein Mann und ich sind leidenschaftliche Tänzer. Daher wurden wir immer auf die Bälle eingeladen“, so Schlüsselberger gegenüber wien.ORF.at. Ein berühmtes Opernballplakat zeigt beispielsweise den Fächer ihrer Mutter.

Auch für die Albertina arbeitete Schlüsselberger: „Ob bei Plakaten oder Katalogen - ich habe meist jene Entwürfe genommen, die zuvor abgelehnt worden sind. Die fand ich interessanter. Außerdem ist das ein Seitenhieb auf die Kunstgeschichte.“

Poster und Grafiken aus dem Buch :

Smart-Zigaretten und MAK-Logo

Schlüsselberger ist eine von 14 Wiener Grafikerinnen, die Heidelinde Resch in ihrem neuen Buch vorstellt. „Jede einzelne hat etwas ganz Spezielles und ein außergewöhnliches Leben“, so die 28-jährige Autorin. Gemeinsam haben sie, dass sie in Wien tätig waren und ihre Ausbildung noch vor dem Computerzeitalter absolvierten.

Zu den von Resch vorgestellten Grafikerinnen gehört auch die 1930 in Graz geborene Emanuela Delignon. Sie absolvierte ihre Ausbildung an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Ihre wohl bekannteste Arbeit war die die Gestaltung der Smart-Zigarettenpackung.

Ebenfalls präsentiert wird die Schweizer Grafikerin Catherine Rollier. Sie erhielt 1986 von Peter Noever, dem damaligen Direktor des Österreichischen Museums für angewandte Kunst, den Auftrag, ein neues Corporate Design zu schaffen. Die einzige Vorgabe war, dass es MAK heißen sollte. Rollier: „Er hat mich sozusagen geholt, weil er gedacht hat, da sitzt jemand, der zu diesem Haus genau diesen Teil beitragen kann.“

Tiergarten Schönbrunn, Werbeplakat, 1955, Wienbibliothek

Ambra Verlag / Tiergarten Schönbrunn, Werbeplakat, 1955, Wienbibliothek, P 25989

Werbeplakat des Tiergarten Schönbrunn aus dem Jahr 1955

Fruchts Schwanenweiß und Badeanzug Benger

Die Reklamezeichnerin Else Czulik (1898–1977) schuf wiederrum bedeutende Filmplakate, beispielsweise für die Filme „Der Rosenkavalier“ (1926) und „Ernte“ (1936). Czulik arbeitete auch für Firmen wie die Bäckerei Anker, Hornyphon und Titze Kaffee sowie für die Kosmetik- und Bekleidungsindustrie. „Fruchts Schwanenweiß gegen Sommersprossen“ war 1936 einer dieser Aufträge. Doch auch für Firmen wie Protus, Kalodont Zahncreme und Radion gestaltete Czulik Plakate.

„Sie war auch die einzige Grafikerin, die eine schöne Frau malen konnte, ohne dass andere beim Betrachten des Plakates sexuelle Gedanken kriegten. Wenn es darum gegangen ist, eine noble Dame, eine Dame, zu der man aufblicken kann, zu malen, dann sind sie zur Czulik gegangen“, wird Grafiker Johnny Parth im Buch zitiert. Auftraggeber war zum Beispiel die Bademoden-Firma Benger.

Tiergarten Schönbrunn und Julius Meinl

Im Jahr 1952 feierte das Schloss Schönbrunn sein 200-jähriges Bestehen sowie 400 Jahre Tiergartengeschichte auf Wiener Boden. Aufgrund dieses Jubiläums beauftragte die Schlosshauptmannschaft die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt, einige Entwürfe zu Werbeplakaten für den Tiergarten zu gestalten. So begann eine bis Ende der 1980er-Jahre dauernde Zusammenarbeit, die zahlreiche prämierte Plakate von Schülern der „Graphischen“ hervorbrachte.

Buchhinweis

Heidelinde Resch: 14 Grafikerinnen im Wien des 20. Jahrhunderts, Ambra Verlag, 208 Seiten, 29.95 Euro

Im Jahr 1955 gestaltete Frizzi Weidner das Tiergarten-Plakat. Die Stadt Wien wählte das Werk zum „Jahresbesten Plakat 1955“. Die Prämierung ließ sich sehen – das Plakat war im April 1955 an 800 Tafeln, 90 Litfaßsäulen und 47 Stadtbahn-Haltestellen in Wien zu sehen. Drei Jahre später entwarf die junge Grafikerin gemeinsam mit Helene Pusswald Plakate, Kataloge und Umschläge für die Julius Meinl Aktiengesellschaft.

Österreichische Grafikerinnen im Fokus

Autorin Heidelinde Resch spielt bereits mit dem Gedanken, weitere Grafikerinnen aus Österreich in einem zweiten Buch vorzustellen. „Der Bedarf wäre da, denn bei der Designergeschichte fehlt noch einiges an Aufarbeitung – vor allem bei den Frauen. Bisher wurde es nicht für wichtig empfunden, dass es auch im Bereich Design eine Geschichte gibt“, so Resch. Das möchte sie nun ändern.

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