Akademikerball-Demo: Verhandlung vertagt

Am Wiener Landesgericht muss sich seit Freitag ein deutscher Student wegen der Ausschreitungen beim Akademikerball im Jänner verantworten. Der 23-Jährige plädierte auf „nicht schuldig“. Die Verhandlung wurde vertagt.

Der Prozess wurde auf 21./22. Juli vertagt. Zuvor hatte der Richter einen Enthaftungsantrag abgelehnt. Die Beweislage habe sich im Zuge des Verfahrens „erhärtet“, so der Vorsitzende des Geschworenengerichts. Zugleich wurde aber einigen Beweisanträgen stattgegeben, weshalb zwei weitere Verhandlungstage notwendig wurden.

Den im Vorfeld des Prozesses erhobene Vorwurf, es gebe keine objektiven Beweismittel, wurde vom Richter in seiner Begründung zurückgewiesen. So sei der Angeklagte auf einem Video zu beobachten, wie er am Stephansplatz an einem Mistkübel hantiert, als Polizisten mit derartigen Gegenständen von Demonstranten angegriffen wurden. „Es stellt sich schon die Frage, was ein ach so friedlicher Demonstrant da macht“, so der Richter.

Prozess gegen Josef S.

APA/HERBERT NEUBAUER

Josef S. beim Prozessauftakt

Soll sich als Rädelsführer beteiligt haben

Im Zuge der Proteste gegen den von der FPÖ veranstalteten Akademikerball war es am 24. Jänner 2014 zu Gewalttaten gekommen. Der Staatsanwalt berichtete in seinem Vortrag von einem Gesamtschaden von rund 500.000 Euro. Der „Schwarze Block“ sei mit dem „einzigen und vorrangigen Ziel“ nach Wien gekommen, Straftaten zu verüben, so der Ankläger.

Die Staatsanwaltschaft legt dem Studenten Landfriedensbruch, schwere Körperverletzung und schwere Sachbeschädigung zur Last. Nachdem die Polizei die Gegendemonstration für aufgelöst erklärt hatte, soll er sich federführend an Ausschreitungen beteiligt haben.

Polizist irrtümlich festgenommen

Habhaft wurde man des jungen Mannes aus Jena, weil dieser von einem in Zivil bei der Demo eingesetzten Polizisten beobachtet worden war. Angeblich als Rädelsführer habe er mit anderen seiner Gruppe auf dem Stephansplatz Steine und andere Gegenstände auf Beamte geworfen und Scheiben sowie eine Eingangstüre der Polizeiinspektion Am Hof eingeschlagen, bevor er ein dort abgestelltes Polizeiauto völlig demolierte. Mit der Stange eines Verkehrszeichens wurde auf den Wagen eingedroschen, bevor er eine Rauchbombe in das Innere warf.

Der Revierinspektor, der vor den zahlreichen Prozessbeobachtern nur mit seiner Dienstnummer auftrat, verlor den Verdächtigen einige Zeit aus den Augen, da er seinen eigenen Kollegen so verdächtig erschien, dass er kurzzeitig festgenommen wurde. Beim Burgtheater sah er den 23-Jährigen wieder und machte die WEGA auf diesen aufmerksam, die ihn trotz der Gegenwehr zweier Begleiter festnahm.

Stimmanalyse wurde durchgeführt

Der Beschuldigte - er sitzt seit Jänner in U-Haft - plädierte vor dem Richter auf nicht schuldig, verwies aber sonst auf seine Aussagen vor dem U-Richter. Danach entschlug er sich vorerst der Aussage, ebenso wie bei der letzten Haftprüfung. Der Beamte blieb bei seiner Aussage, dass er den Angeklagten zweifelsfrei erkannt habe. Dieser habe einen schwarzen Kapuzenhoody mit der Aufschrift „Boykott“, eine auffällige Sporthose mit Reflektoren, „ausgelatschte“ graue Sportschuhe und eine Brille getragen. Er habe seiner Gruppe durch Gesten Anweisungen bezüglich der Angriffe erteilt.

Allerdings konnte durch eine Stimmenanalyse festgestellt werden, dass verbale Anweisungen nicht von dem Beschuldigten stammten. Der Polizist hatte mit seinem privaten Handy mitgefilmt und fälschlich angenommen, dass die Äußerungen vom 23-Jährigen stammten. Diesen Irrtum gestand er auch ein.

Demo gegen Akademikerball

APA/Herbert P. Oczeret

Ausschreitungen bei Akademikerball im Jänner

Polizisten mit Steinen beworfen

Konkret soll der 23-Jährige Polizisten mit Steinen beworfen und ein Einsatzfahrzeug der Exekutive demoliert haben. Weiters werden ihm Sachbeschädigungen im Kommissariat Am Hof zugeschrieben, wo unter anderem Fensterscheiben eingeschlagen wurden. Ihm wird ein Schaden von fast 20.000 Euro zur Last gelegt. Der Student ist der Einzige, der nach den Ausschreitungen in Untersuchungshaft genommen wurde. Insgesamt wird gegen 500 unbekannte Mitglieder des „Schwarzen Blocks“ ermittelt.

An den beiden anstehenden Verhandlungstagen sollen weitere von der Verteidigung beantragte Zeugen gehört werden, u.a. ein Kameramann, die am Stephansplatz und in der Polizeiinspektion angegriffene Polizisten sowie Mitarbeiter der MA48.

Kundgebung vor dem Gericht

Während im Landesgericht der Prozess gelaufen ist, hat es vor dem Hintereingang des Landesgerichts eine Kundegebung für den Angeklagten gegeben. Rund 100 Aktivisten demonstrierten gegen den Prozess und die Inhaftierung.

Solidaritätsdemonstration vor dem Landesgericht

ORF

Kundgebung für den Angeklagten vor dem Hintereingang des Landesgerichts

In Jena, der Heimatstadt des Studenten wurde Mitte März eine Demonstration abgehalten, um auf den Fall des inhaftierten 23-Jährigen aufmerksam zu machen. Auch der Oberbürgermeister der Stadt soll sich laut einem Bericht der „Thüringischen Landeszeitung“ für eine Haftverschonung bis zum Prozess ausgesprochen haben - allerdings erfolglos.

Massive Ausschreitungen in der Innenstadt

Bei den Gegendemos zu dem von der FPÖ organisierten Akademikerball war es im Jänner zu massiven Ausschreitungen in der Innenstadt gekommen. Gewaltbereite Gegendemonstranten warfen Pflastersteine gegen Polizisten, Auslagenscheiben wurden eingeworfen, mehrere Einsatzfahrzeuge und eine Polizeistation verwüstet. Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 500 mögliche Täter, die sich an den Sachbeschädigungen beteiligt haben sollen. Die Ermittler gehen von einem Schaden von 500.000 Euro aus - mehr dazu in Akademikerball: Ermittlungen gegen 500 Täter.

Link: