Russen: Luxusbranche spricht von „Delle“

Das Ausbleiben russischer Touristen wegen der Ukraine-Krise und der Abwertung des Rubel trifft vor allem die Luxusbranche. In der verwöhnten Branche spricht man nur von einer „Delle“ und hofft noch heuer auf eine Trendumkehr.

„Das ist eine alte Erfahrung im Tourismus. Wenn es in einem Land Konflikte gibt, sinkt der Reisewunsch. Bei so viel Unsicherheit geht man nicht gerne von zu Hause weg“, sagte Vera Schweder vom Wien Tourismus. Die schwache Währung tue ihr übriges - mehr dazu in Tourismus: Italiener gleichen Russen-Flaute aus.

Russischer Mittelstand hat Wien entdeckt

Wien wird nicht nur von Oligarchen besucht, sondern auch von weniger reichen Russen. „Der Mittelstand hat Wien schon längst entdeckt.“ Auch sie seien sehr auf Luxusprodukte aus, freilich nicht im selben Ausmaß. „In Wien können sie sich sicher sein, keine Fälschungen zu bekommen“, so Schweder.

Wie lange es dauern wird, bis sich der Russenboom fortsetzt, sei aufgrund der politischen Entwicklung schwer abzuschätzen. Auf keinen Fall will der Wien Tourismus jetzt die Werbung in Russland oder auch der Ukraine zurückfahren. Es gehe immer darum, die österreichische Bundeshauptstadt in den Köpfen der potenziellen Gäste präsent zu halten. „Sobald die Reiselust wächst, zahlt es sich aus.“

Auch Florian Jonak, Betreiber der Boutiquen von Hermes, Dolce & Gabbana, Versace und Armani in der Wiener City, ist zuversichtlich. Statt von einer „Katastrophe“ will er höchstens von einer „Delle“ sprechen. „Wir rechnen damit, dass das noch die nächsten sechs Monate anhält“, sagte er. Die Erfahrung der vergangenen Jahre habe gezeigt, dass es etwa ein halbes Jahr braucht, bis Menschen in Krisenregionen „lernen damit zu leben“.

Luxustaschen und Schuhe in einem Geschäft

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Für die Luxusgeschäfte in der Wiener Innenstadt (Kohlmarkt, Graben, „Goldenes Quartier“) zählen reiche Russen und Ukrainer zu den wichtigsten Kundengruppen, wenngleich Chinesen seit kurzem aufholen. „Asiaten kaufen immer mehr europäische Mode. Vergleichsweise ist das aber noch auf geringem Niveau“, so Jonak.

Russen schauen mehr auf den Preis

Jonak macht rund 15 bis 25 Prozent seines Umsatzes mit russischen und ukrainischen Kunden. Auch zu ihm kommt mittlerweile der sogenannte Mittelstand. „Eine Preissensibilität des russischen Touristen zeichnet sich ab“, berichtet der Geschäftsmann. Das sei natürlich auch auf die Abwertung der Währungen Rubel und Hrywnja zurückzuführen. Die Boutiquen könnten darauf nur in sehr eingeschränkter Form reagieren.

In den Armani- und D&G-Shops in Wien ist die Ukraine-Krise aber noch nicht angekommen. „Der Betrag, den der russische Tourist bei uns in den ersten fünf Monaten 2014 ausgegeben hat, ist immer noch höher als der Vergleichsbetrag vom Vorjahr“, so Jonak. Im März und April habe man einen Rückgang der Kundenzahl verzeichnet, im Mai und Juni liege man umsatzmäßig hingegen wieder über dem Vorjahr. „Man muss immer bedenken, wir sind auf einem wahnsinnig hohen Niveau. Seit der Krise 2008 ist es bergaufgegangen“, meint der Boutiquebetreiber.

Luxushotels senken Preise

Etwas sorgenvoller blickt hingegen die Wiener Luxushotellerie auf die aktuellen Nächtigungszahlen, ist doch Russland nach Deutschland und Österreich selbst das wichtigste Herkunftsland. Von Jänner bis Mai brach die Zahl der Nächtigungen von russischen Touristen um 13 Prozent auf 278.000 ein, im Mai gab es gar einen Rückgang von 26 Prozent. Die Fünfsternhotels reagieren darauf teilweise mit (weiteren) Preissenkungen, damit ihre Betten nicht leer bleiben.

Einige Hoteldirektoren stellen sich offenbar auf eine längere Russenflaute ein. „Wir erwarten für das verbleibende Jahr einen Rückgang an russischen und ukrainischen Gästen aufgrund der derzeit instabilen politischen Lage“, hieß es etwa aus dem Hotel Imperial. Bis Mai habe man aber keinen Übernachtungsrückgang verzeichnet.

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