Akademikerball: „Unschuldige im Visier“

In Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen den Akademikerball am 24. Jänner ist es zu 691 strafrechtlichen Anzeigen gekommen. Der Großteil davon erfolgte wegen Landfriedensbruchs. Die Grünen kritisieren, dass auch Unschuldige ins Visier der Polizei geraten.

Die aktuelle Zahl stammt aus einer parlamentarischen Anfrage des Justizsprechers der Grünen, Albert Steinhauser, der die breite Anwendung des Landfriedensbruch-Paragrafen kritisiert. „Problematisch wird es, wenn die Polizei beginnt, das Umfeld zu verfolgen und auch Unschuldige ins Visier geraten“, sagte Steinhauser.

Der § 274 des Strafgesetzbuches (StGB, Landfriedensbruch) sieht für Personen, die „wissentlich“ an einer „Zusammenrottung einer Menschenmenge“ teilnehmen, die auf die Begehung von Körperverletzungen oder schweren Sachbeschädigungen ausgerichtet ist, grundsätzlich bis zu zwei Jahre Haft vor. Wenn man Sachbeschädigung oder körperlicher Gewalt begehe, sei klar, dass man strafrechtlich verfolgt werde, so Steinhauser. Hier werde aber „offensichtlich ein Strafparagraf reaktiviert“, mit dem auch Unterstellungen gegen jene, die selbst kein Delikt begehen, erfolgten.

Demo gegen Akademikerball

APA/Herbert P. Oczeret

Mit dem Akademikerball und dem Verfahren gegen Rapid-Fans nach Ausschreitungen sind am Straflandesgericht derzeit zwei große Verfahren wegen Landfriedensbruchs anhängig. Das Oberlandesgericht (OLG) warnt ebenfalls vor einer zu extensiven Auslegung des Paragrafen - mehr dazu in Landfriedensbruch: OLG warnt, in Prozess: Rapid-Fans mit „blankem Hass“ und in Linksaktivisten kündigen weitere Proteste an.

Bisher ein Demonstrant vor Gericht

Ein deutscher Student muss sich vor Gericht verantworten. Er soll sich federführend an den Ausschreitungen beteiligt haben. Der Staatsanwalt wirft ihm Landfriedensbruch, schwere Körperverletzung und schwere Sachbeschädigung vor. Der Student sitzt seit Jänner in Untersuchungshaft und plädierte beim Prozessauftakt auf nicht schuldig. Das Verfahren wird im Juli fortgesetzt - mehr dazu in Akademikerball-Demo: Verhandlung vertagt.

Demo Akademikerball 2014

APA/Herbert P. Oczeret

21 Beschwerden wegen Verhalten der Polizei

Laut der Anfragebeantwortung setzten die Polizeibeamten am 24. Jänner insgesamt 21-mal Pfefferspray ein, 18-mal wurden Einsatzstöcke eingesetzt und neunmal „Körperkraft“ angewendet. Derzeit liegen 21 Beschwerden, die sich gegen das Verhalten von Polizeibeamten richten, bei der Landespolizeidirektion Wien vor. 70 Anzeigen gab es wegen Verstößen gegen das Vermummungsverbot.

Auch das Platzverbot vor der Hofburg, aufgrund dessen die Kundgebung des Bündnisses „Jetzt Zeichen setzen!“ auf dem Heldenplatz untersagt worden war, ist Thema der Anfrage. Begründet wurde dieses mit der „aktuellen Gefahreneinschätzung“. „Da wurde eine Kundgebung verboten, die jahrelang friedlich verlaufen ist“, kritisierte Steinhauser.

Volksanwaltschaft kritisiert Einsatz

Er vermisse eine kritische Evaluierung, was bei dem Einsatz nicht funktioniert habe und was man anders machen könne: „Da gibt es offenbar null Problemeinsicht.“ Die Volksanwaltschaft prüfte den Einsatz bereits und kritisiert in einem internen Papier den übertriebenen Pfeffersprayeinsatz und die mangelnde Deeskalationsstrategie - mehr dazu in Akademikerball: Kritik an Polizeieinsatz.