Der Friedensapostel mit dem Apfel wäre 100

Ein Wiener Original hätte am Mittwoch seinen 100. Geburtstag gefeiert: Ludwig Weinberger, besser bekannt als „Waluliso“. Jahrelang zog er mit weißem Umhang und Apfel durch die Stadt und wies die Wiener auf die Bedeutung von Nächstenliebe hin.

Vor hundert Jahren, am 2. Juli 1914, wurde Ludwig Weinberger in Wien geboren. Der Name „Waluliso“, mit dem er bekannt wurde, steht für „Wasser-Luft-Licht-Sonne“. Unter diesem Motto sammelte er in den 1970er-Jahren Unterschriften für die Erhaltung des Erholungsraums Donauinsel.

Als selbst ernannter Friedensapostel war er über Jahre hinweg ein prominenter Teil des Stadtbildes. Er flanierte in den 1980er-Jahren in weißer Toga und mit Laubkranz und Stab durch die City - vor allem durch die Kärntner Straße bzw. über den Stephansplatz. In der Hand hielt er meist einen Apfel. Unzählige Passanten oder auch Öffi-Fahrgäste wurden von ihm auf die Bedeutung der Nächstenliebe hingewiesen.

WALULISO

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Waluliso: Mit Toga und Laubkranz für den Frieden

Soll sogar Prinz Charles beeindruckt haben

Auf Gegenliebe stießen die Botschaften (meist: „Friiieeeden“) dabei nicht immer: Waluliso galt so manchen eher als Spinner, dem sie aus dem Weg gingen. Dabei bereiste der Mann im Leintuch auf seiner Mission sogar die Welt. Er machte sich auf den Weg zu Konferenzen nach Genf und Reykjavik und besuchte sogar Moskau.

Auch wenn Staatsgäste nach Österreich kamen, tauchte er oft auf. Zu den prominenteren Händen, die er schüttelte, gehörten etwa jene von PLO-Chef Yasser Arafat und des sowjetischen Außenministers Eduard Schewardnadse. Sogar Prinz Charles, der 1986 mit Prinzessin Diana Wien besuchte, soll von dem seltsam gekleidet Mann beeindruckt gewesen sein.

WALULISO

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Grab am Zentralfriedhof

Ab seinem 80. Geburtstag, den er im Jahr 1995 feierte, zeigte sich Waluliso nur mehr selten. Er verließ kaum mehr seine Wohnung in Wien-Margareten. Die letzten Monate verbrachte er im Pensionistenheim auf der Schmelz, wo er am 21. Juli 1996 starb. Er wurde in einem Grab am Zentralfriedhof bestattet, das er sich noch zu Lebzeiten selbst ausgesucht hatte und das von der Stadt Wien gepflegt wird.

Zwei Jahre später wurde dem wandelnden Wiener Wahrzeichen sogar ein - wenn auch kleines - Museum auf der Donauinsel gewidmet. Die Erinnerungsstätte wurde in drei Auslagenfenstern des inzwischen längst nicht mehr existierenden Sportgeschäftes „Schu Ski“ untergebracht. Zu sehen waren dort Kleinode, die vor dem Sperrmüll gerettet worden waren: Objekte wie Toga und Laterne, aber auch Dokumente und Zeitungsausschnitte.

„Walulisobrücke“ erinnert an den Friedensbotschafter

Bürgermeister Helmut Zilk würdigte bei der Eröffnung der Ausstellung den prominenten Wiener: „Er war ein Botschafter des Guten und Schönen, aber natürlich war er verrückt. Nur ein Verrückter kann so leben.“ Waluliso sei eine Bereicherung der Bundeshauptstadt gewesen: „Eine Stadt, die sich nicht todernst nimmt, braucht solche Originale.“

An den Mann in der Toga erinnert noch heute ein Verkehrsbauwerk. Der Fußgängersteg namens „Walulisobrücke“ verbindet die Donauinsel mit dem Nationalpark Donau-Auen.