Angeblicher Killer im Hungerstreik

Seit Februar sitzt in Wien ein 38-jähriger Russe in Haft. Er wird von der russischen Polizei als mutmaßlicher Auftragskiller gesucht. Jetzt ist seine Auslieferung bewilligt worden. Der Mann ist in Hungerstreik getreten, die Vorwürfe seien konstruiert.

„Er will lieber hier sterben als in Russland“, sagt die Anwältin des 38-Jährigen gegenüber wien.ORF.at. Die russische Polizei wirft ihm vor, im Raum Nowosibirsk eine Gruppe von Auftragskillern geleitet zu haben. Er soll an der Ermordung von zumindest vier Personen beteiligt gewesen sein.

Anwältin: Mordvorwürfe „konstruiert“

Diese Vorwürfe seien konstruiert, um den Mann als Regimekritiker zum Schweigen zu bringen, sagte seine Anwältin Liane Hirschbrich. Ihr Mandant habe Wissen über die Korruption und den Amtsmissbrauch hoher Polizeibeamter in Nowosibirsk. Unter anderem weigerte er sich, Schutzgeldzahlungen an die Polizei zu leisten.

Fahndungsbild mutmaßlicher Vierfachmörder

ORF

Polizeibilder des Mannes

Weil dem Russen mit dem Tod gedroht wurde, wenn er etwas verraten würde, flüchtete der Unternehmer im Jahr 2009 zunächst nach Deutschland und in der Folge nach Österreich. Immer wieder kritisierte er das russische Regime in youtube-Interviews, sagt seine Anwältin.

Seit drei Jahren lebt der Mann mit legalen Aufenthaltsdokumenten in Wien. Er war auch gemeldet, aber unter falscher Identität. Bis zuletzt soll er als Manager einer Immobilienfirma tätig gewesen sein, sagt die Anwältin. Im Februar wurde er von der Cobra in Wien-Landstraße verhaftet - mehr dazu in Russischer Mafia-Killer in Wien verhaftet.

„Auslieferung Gefahr für Leib und Leben“

Mit den ihn angelasteten Morden will der Beschuldigte, den die russische Polizei als „Celentano“ bezeichnete, nichts zu tun haben. Laut Haftbefehl soll er zwischen 1997 und 2004 in Nowosibirsk an der Ermordung von zumindest vier Personen beteiligt gewesen sein. Darüber hinaus wird ihm ein Mordversuch vorgeworfen, außerdem soll er zumindest ein Mordkomplott geschmiedet haben.

Am vergangenen Donnerstag beschloss das Straflandesgericht die Auslieferung des Mannes. Er trat deswegen in der Auslieferungshaft in der Justizanstalt Josefstadt in Hungerstreik, den er solange aufrecht erhalten will, bis es eine endgültige Entscheidung gibt. Gegen den Auslieferungsbescheid will Anwältin Hirschbrich nun Rechtsmittel einbringen. Sie rechnet in drei bis fünf Wochen mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts. „Eine Auslieferung bedeutet für ihn Gefahr für Leib und Leben.“

„Mein Mandant ist ein bekannter Gegner des russischen Regimes“, sagte Hirschbrich. „Die Mordvorwürfe gegen ihn sind an den Haaren herbeigezogen, um ihn mundtot zu machen. Diese Methode wird leider von den russischen Behörden immer wieder angewendet.“ Die Anwältin bedauerte gegenüber wien.ORF.at, dass die österreichische Justiz von einem fairen Verfahren in Russland ausgehe. In ähnlichen Fällen in Großbritannien und den USA sei die Auslieferung verwehrt worden. Das sei auch das Ziel in diesem Fall. Das Straflandesgericht Wien war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.