Trauer um Gert Voss

Die Theaterwelt trauert um Kammerschauspieler Gert Voss, der am Sonntag im 73. Lebensjahr verstorben ist. Der frühere Burgtheater-Direktor Claus Peymann nannte Voss seinen „wichtigsten Weggefährten“ und „Theatergenie“.

„Gert Voss ist ein Teil meines Lebens gewesen“, schreibt Peymann in einer Aussendung zum Tod von Gert Voss. „Mit ihm ist der wichtigste Weggefährte meiner Theaterarbeit verschwunden. Er war wahrhaftig ein Theatergenie: grandioser, herzzerreißender Komiker - und zugleich furchteinflößender Dämon.“

Claus Peymann und Gert Voss nach einer Premiere im Burgtheater

ORF

Gert Voss war für Claus Peymann „Teil meines Lebens“

„Das europäische Theater hat einen seiner ganz Großen verloren“, so der nunmehrige Intendant des Berliner Ensembles. „Thomas Bernhard hat ihm mit seinem Stück ‚Ritter, Dene, Voss‘ ein Denkmal gesetzt. Möge er sich im Theaterhimmel zusammen mit Josef Kainz, Orson Welles und den anderen Auserwählten von den Anstrengungen und der Unruhe seiner unstillbaren Leidenschaft erholen“, schreibt Peymann. „Mit Gert bin ich durch alle Wonnen des Theaterglücks und alle Schrecken der Theaterhölle gegangen. Ich könnte heulen. Farewell!“

Bilderstrecke: Auftritte von Gert Voss

Bachler: „Gestalten voll Magie“

„Einer der Großen des Theaters hat die Bühne verlassen“, meinte Klaus Bachler, Peymanns Nachfolger als Burgtheater-Direktor. „Das macht traurig, aber auch dankbar. Ich bin dankbar für die zehn Jahre, die ich mit Gert Voss am Theater verbringen durfte, dankbar für die vielen Gestalten voll Magie, Phantasie und Haltung“, so Bachler. „Nun gehst Du, ‚einen langen Schlaf zu tun‘, mein geliebter Gert!“, so der ehemalige Burgtheater-Direktor und nunmehrige Intendant der Bayerischen Staatsoper in Anspielung auf ein Zitat aus Schillers „Wallensteins Tod“.

Matthias Hartmann, bis März Direktor des Burgtheaters, übermittelte der APA einen Text zum Gedenken an Gert Voss: „Voss. Im Himmel der größten, die auf dieser Welt je eine Bühne betreten haben, wischt sich jetzt zwischen Zadek und Korntner schmunzelnd den Schweiß von der Stirn und legt sich zurück. Schöne Grüße. Du hast es geschafft. Für mich bist Du immer und ewig: Atemberaubend. Überwältigend. Fordernd. Schwierig. Zwingend. Liebevoll. Großmütig. Verwundbar. Egozentrisch. Brachial. Treulos. Ruchlos. Verbindlich. Verlässlich. Monströs. Empfindlich. Hinterhältig. Treu. Eitel. Herrlich. Verführerisch. Verführbar. Zart. Genial. Gefährlich. Gefährdet. Unsterblich. Eine unschließbare Lücke unter uns Sterblichen.“

Obonya: „Feine Herausforderung“

„Gert Voss schrieb bei seinen Auftritten jeweils Festspielgeschichte.“ Mit diesen Worten kommentierte Helga Rabl-Stadler, Präsidentin der Salzburger Festspiele, den Tod von Gert Voss. „Die Festspiele trauern um eine Künstlerpersönlichkeit, die in ihrer Eigenart im wahrsten Sinne des Wortes unersetzbar ist“, meinte Rabl-Stadler.

„Dass Gert Voss nicht mehr unter uns ist, ist kaum vorstellbar. Er war einer dieser ganz Großen, zu denen wir jüngeren Kollegen aufsahen. Mit ihm auf der Bühne zu stehen, oder zu drehen war immer eine feine Herausforderung“, meinte Cornelius Obonya, Hauptdarsteller im aktuellen „Jedermann“.

Ostermayer: „Unverwechselbares Schauspiel“

Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) würdigte Gert Voss für „seine markante Stimme“ und „sein unverwechselbares Schauspiel“: „Gert Voss prägte wie kaum ein anderer Schauspieler die deutschsprachige Theaterwelt. Nahezu majestätisch beherrschte er die Bühne.“ Bei der Suche nach einer interimistischen Burgtheater-Direktorin sei Voss ein „guter und wichtiger Ratgeber“ gewesen.

Der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) bezeichnete Gert Voss als „unnachahmlichen Bühnendarsteller“ und „hellwachen Träumer, der das Geheimnis seiner Schauspielkunst in der restlosen Verwandlung suchte. Er lebte für das Theater, und das Theater lebte durch ihn.“ Die Stadt Wien wird der Familie die Beisetzung in einem Ehrengrab anbieten.

Erfolge mit Claus Peymann

Der 1941 in Schanghai geborene Gert Voss kam 1986 mit Claus Peymann ans Burgtheater und debütierte als „Richard III.“ Mit seinem charakteristischen Sprechduktus und seinem suggestiven Spiel wurde Voss einer der prägenden Schauspieler des Burgtheaters. Neben Peymann waren Peter Zadek und George Tabori seine bevorzugten Regisseure - mehr dazu in Gert Voss 72-jährig in Wien verstorben (news.ORF.at).

Gert Voss war unter den sechs Mitgliedern jener Kommission, die die Suche nach dem neuen Burgtheater-Direktor unterstützen soll - mehr dazu in Spielmann und Voss in Burgtheater-Kommission (wien.ORF.at; 18.4.2014). Am 1. September 2016 soll ein neuer künstlerischer Leiter die interimistische Direktorin Karin Bergmann ablösen. 15 Männer und sechs Frauen haben ihre Bewerbung abgegen, fünf kamen aus Österreich, 16 aus dem Ausland - mehr dazu in Burgtheater: „Krise ist vorbei“ (wien.ORF.at; 17.6.2014).

ORF ändert sein Programm

In memoriam des Dirigenten Lorin Maazel und des Schauspielers Gert Voss ändert der ORF sein Programm: Am 20. Juli wird um 9.55 Uhr eine Kurzfassung des von Maazel dirigierten „Sommernachtskonzerts“ der Wiener Philharmoniker vor dem Schloss Schönbrunn wiederholt. Voss wird in einem Gespräch mit dem Titel „Scheitern, scheitern, besser scheitern...“ am 17. Juli um 23.55 Uhr erneut zu sehen sein.

ORF III zeigt am 20. Juli ab 18.30 Uhr das gesamte „Sommernachtkonzert“, davor wird die von Maazel dirigierte „Messa da Requiem“ von Giuseppe Verdi aus dem Markusdom in Venedig gesendet. Ö1 bringt am 19. Juli um 15.05 Uhr ein „Apropos Musik“ im Zeichen von Maazel.

Auch in der „matinee“ am 20. Juli um 9.40 Uhr in ORF 2 wird mit dem Porträt „Gert Voss - Der Verwandlungskünstler“ des Schauspielers gedacht. ORF III widmet sich dem Künstler mit einer „Erlebnis Bühne mit Barbara Rett - KulturWerk: Gert Voss“ (20. Juli um 22.30 Uhr), der Theateraufführung von „Othello - Der Mohr von Venedig“ (20. Juli um 23.05 Uhr) sowie mit Paulus Mankers international preisgekröntem Drama „Der Kopf des Mohren“ (22. Juli um 23.15 Uhr).

Links: