Akademikerball: Zahlreiche Polizisten sagten aus

Im Prozess gegen den 23-jährigen Studenten aus Jena, der sich als Rädelsführer bei Ausschreitungen bei der Akademikerball-Demo hervorgetan haben soll, haben am Dienstag zahlreiche Polizisten ausgesagt. Sie beschrieben den Einsatz als „gefährlich“.

Landfriedensbruch, schwere Sachbeschädigung, schwere Körperverletzung: Sechs Monate saß Josef S. in Untersuchungshaft, seit Anfang Juni lief der Prozess, der auch in Deutschland für Verwunderung sorgte. Josef S. sieht sich unschuldig, in seiner Heimatstadt Jena wurde er mit einem Preis für Zivilcourage ausgezeichnet - mehr dazu in news.ORF.at und in Akademikerball: Kritik an Prozess.

Rauchbombe geworfen?

Der 23-Jährige soll eine Rauchbombe in ein demoliertes Polizeifahrzeug geschmissen, Steine gegen Einsatzkräfte geschleudert und die Polizeiinspektion Am Hof beschädigt haben, was von der Verteidigung bestritten wird. Ein Mann mit Kapuzenpulli mit der Aufschrift „Boykott“ - eben Josef S. - habe Scheiben und eine Eingangstüre der Polizeiinspektion Am Hof eingeschlagen, bevor er ein Polizeiauto völlig demoliert habe, sagte der Hauptbelastungszeuge. Er habe den Mann aus den Augen verloren, ihn später aber vor dem Burgtheater wieder ausgemacht. Dann habe er die WEGA auf den Mann aufmerksam gemacht, die ihn festnahm.

Josef S. im Gerichtssaal

APA/Hochmuth

Schwer bewacht wurde Josef S. in den Gerichtssaal gebracht

Am Dienstagvormittag traten Polizisten in den Zeugenstand, die bei der Demonstration auf dem Stephansplatz im Einsatz waren. Vorerst schlossen alle Zeugen aus, dass es möglich gewesen wäre, einen Angreifer zu identifizieren.

Diese hätten „alles Mögliche gemacht, um eine Identifizierung zu verhindern“, verwies ein Zugkommandant auf die einheitlich schwarze Bekleidung und die Vermummung der gewaltbereiten Demonstranten. „Am Stephansplatz ist es nur mehr um den Eigenschutz gegangen. Da ist es nicht darum gegangen, jemanden zu identifizieren, sondern gröbere Verletzungen zu verhindern“, betonte der Zugkommandant.

Josef S. im Gerichtssaal

APA/Hochmuth

Josef S. vor Gericht

Polizist: „Deutlich in Unterzahl“

Keinem der bisher befragten Zeugen war auf dem Stephansplatz ein Mann mit einem „Boykott“-Sweater aufgefallen. Dieses markante Kleidungsstück soll der Angeklagte den Angaben eines Zivilpolizisten zufolge getragen haben. Ein Oberst verwies im Zeugenstand auf die Übermacht der Demonstranten: „Wir waren deutlich in der Unterzahl. 50 gegen schätzungsweise 6.000, 7.000. Das geht nicht, dass ich da von der Aida bis zum Haas-Haus absperre. Mit der Mannschaft, mit der wir dort waren, geht das nicht.“ Der Staatsanwalt hatte ihn gefragt, warum nicht nachdrücklicher gegen die Demonstranten vorgegangen worden sei.

Andere schilderten die Vorgänge auf dem Stephansplatz teils in drastischen Worten. Er sei „überrannt“ worden, „nach hinten geflogen“ und „leicht verletzt“ worden, gab ein Polizist zu Protokoll. Es habe „nur so geprasselt“. Sein Helm habe „ein großes Loch“ aufgewiesen: „Ich hab schauen müssen, dass ich nicht untergehe.“

Polizisten schilderten Einsatz in drastischen Worten

Ein anderer Polizist wurde von einem Feuerlöscher getroffen, wie er Richter Thomas Spreitzer berichtete. Einen Kollegen trafen eigenen Angaben zufolge sechs bis sieben Böller: „Einer ist mir unter den Füßen explodiert.“ Die Angreifer hätten die Uniformierten daneben auch mit Eiern, Farbbeuteln und sogar Klobürsten beworfen. Bei einigen Polizisten waren die Schilde angesengt, die sie zur Abwehr der pyrotechnischen Wurfgegenstände einsetzen mussten.

„Es ist auch versucht worden, uns die Schilde zu entreißen. Wir haben nur mehr probiert, dass wir uns gegenseitig beschützen“, sagte ein weiterer Beamter. Es habe sich um einen „massiven Bewurf“ gehandelt: „Es hat richtig geglöckelt.“ „Es war relativ gefährlich“, pflichtete ein Kollege bei. Man habe nur mehr „geschaut, dass man heil rauskommt“. Mülltonnen seien aus der Verankerung gerissen und in Richtung Polizeikräfte geschleudert worden: „Die haben’s Gott sei Dank nicht so weit werfen können, weil’s zu schwer waren“.

Demo gegen Akademikerball

APA/Herbert P. Oczeret

Ausschreitungen auf dem Stephansplatz

Angeklagter gab kurzes Statement ab

Am Nachmittag wurden die Befragungen der Polizisten fortgesetzt. Insgesamt waren an die 60 Beamte geladen. Etliche hatte sich urlaubsbedingt entschuldigt und dem Richter gesagt, dass sie keine Wahrnehmungen gemacht hätten. Verteidiger Clemens Lahner verzichtete nach einer kurzen Pause auf die Einvernahme weiterer Polizisten.

Zwölf Beamte, die seit 9.00 Uhr vor dem Verhandlungssaal auf ihre Befragung gewartet hatten, wurden daraufhin vom Richter entlassen. Anschließend gab der Angeklagte ein kurzes Statement ab. Er räumte ein, an der Demonstration teilgenommen zu haben: „Ich habe einen Mülleimer angefasst und aufgestellt.“ Danach sei er den anderen Demonstranten gefolgt und weggegangen. „Zum Schluss möchte ich noch anfügen, dass ich Linkshänder bin“, beendete der 23-Jährige seine Ausführungen.