Erste Urteile gegen Rapid-Fans

Gewalttätiger Mob oder neugierige Fans? Um diese Frage ist es am ersten Tag des Prozesses gegen 29 Rapid-Fans gegangen. Sie standen in Wien unter anderem wegen Landfriedensbruchs vor Gericht. Zwei geständige Fans wurden bereits verurteilt.

Hintergrund des Prozesses sind die gewalttätigen Ausschreitungen rund um das Freundschaftsspiel Rapid gegen Nürnberg am 7. September 2013. Den 29 Angeklagten wird vorgeworfen, dafür verantwortlich zu sein.

Heurigenbänke, Glasflaschen und Fäuste flogen. In der Anklageschrift heißt es „offensichtlich aus blankem Hass gegenüber den Einsatzkräften der Polizei bzw. Spaß an der Teilnahme von gewalttätigen Ausschreitungen“. In der Anklage ist auch von einer „einzigartigen und bisher noch nicht da gewesenen Aggressions- und Gewaltbereitschaft der Täter“ die Rede - mehr dazu in U-Haft gegen fünf Rapid-Fans verhängt.

Rapidprozess

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Angeklagte verhüllten ihre Gesichter

Zwei Urteile schon nach vier Stunden

Für zwei der Angeklagten war der Prozess nach rund vier Stunden bereits wieder vorbei. Die beiden 20 und 32 Jahre alten Männer hatten sich im Gegensatz zu den übrigen 27 Angeklagten in allen Punkten schuldig bekannt. Sie wurden daher nach ihrer Einvernahme und ohne weiteres Beweisverfahren schuldig gesprochen. Beide fassten jeweils drei Monate bedingte Haft sowie ein österreichweites Stadionverbot für sechs Monate aus.

Letzteres begründete die vorsitzende Richterin damit, eine entsprechende „Abkühlungsphase“ erscheine ihr notwendig. Die beiden waren damit einverstanden, Staatsanwältin Stefanie Schön gab vorerst keine Erklärung ab. Die Urteile sind daher nicht rechtskräftig.

Für 27 Angeklagte geht Prozess weiter

Auf Schautafeln skizzierte Staatsanwältin Stefanie Schön zunächst den Ablauf des Abends, bereichert mit zahlreichen Aufnahmen aus Überwachungskameras und Videos von Polizisten. Laut Staatsanwaltschaft wurden mindestens zehn Polizisten und sechs Ordner verletzt. Ziel der Angeklagten sei es nur mehr gewesen, Aggressionen auszuleben. die Anklage sprach von einem „gewalttätigen Mob“. Ein Drittel weise einschlägige Vorstrafen auf: „Das Ziel war einfach eine Straßenschlacht mit der Polizei“, so Schön.

Deshalb wird in einem anderen Verfahren auch gegen Nürnberg-Fans ermittelt. Die Erhebungen dazu sind noch im Gang. Keiner der Angeklagten habe das Stadion verlassen, „obwohl das jederzeit möglich gewesen wäre“, so Schön weiter. Sie betonte auch, dass Verfahren gegen andere Fans, die sich zufällig am Tatort befunden hatten und denen nichts nachzuweisen war, eingestellt worden sind.

Verteidiger: „Polizei manipulierte Beweise“

Darauf bezog sich auch die Verteidigung. „Das kann jedem von uns passieren“, sagte Verteidiger Lukas Kollmann, der zwei Angeklagte vertritt. Seine Mandanten hätten nur ihre Neugierde befriedigt und wären anderen Leuten ins Stadion nachgegangen. Das sei nicht strafbar. Die Staatsanwaltschaft kriminalisiere im gegenständlichen Fall „abseits stehende und schauende Leute“.

„Ich bin nur neugierig gewesen und bin deshalb zur Menschenmenge gegangen“, beteuerten auch einige der Angeklagten und bestritten damit, sich bewusst zu einer gewaltbereiten Gruppe zusammengeschlossen zu haben. Auch in Sachen Körperverletzung haben manche Angeklagte eine andere Ansicht als die Staatsanwältin. Auf die Frage, ob er die 13 Kilogramm schwere Heurigenbank auf einen Polizsten geworfen hat, meint ein junger Mann: „Ich habe die Bank zwar berührt, aber ich wollte sie wegziehen, damit sich niemand verletzt“.

Heftige Kritik an den Ermittlungen übte Verteidiger Manfred Arthofer, der Rechtsvertreter eines Großteils der Angeklagten. Die Polizei habe Beweismaterial „manipuliert“, indem sie der Justiz zunächst nur einen besonders drastischen Zusammenschnitt von Aufnahmen aus Film- und Fotokameras vorlegte. Erst aus dem Rohmaterial gehe hervor, dass es zu den gegen die Ordner gerichteten Tätlichkeiten erst gekommen war, nachdem diese einen jungen Rapid-Fan zu Boden geschlagen und getreten hatten

Landfriedensbruch lange totes Recht

Wie beim Akademikerball-Prozess kommt im Rapid-Prozess der umstrittene Paragraf des Landfriedensbruchs zum Einsatz, der lange Zeit als totes Recht galt. Dabei reicht es, bei Gewalttaten lediglich anwesend zu sein, ohne sich daran zu beteiligen - mehr dazu in Landfriedensbruch: OLG warnt. Allen 29 Fans auf der Anklagebank wird Landfriedensbruch vorgeworfen, viele von ihnen müssen sich zusätzlich wegen Körperverletzung, schwerer Sachbeschädigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt verantworten.

Ultras-Graffiti im Hanappi-Stadion

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Der „Block West“ soll abgerissen werden.

500 Anhänger beider Mannschaften sollen sich an den Gewalttätigkeiten beteiligt haben. 47 Rapid-Fans wurden am Ende ausgeforscht. Einigen, darunter auch dem ehemaligen Chef der Fangruppe „Ultras“, der sogar mehrere Wochen in U-Haft verbrachte, konnte im Zuge der Ermittlungen jedoch kein strafbares Verhalten nachgewiesen werden - mehr dazu in U-Haft für Ex-„Ultras“-Chef aufgehoben (wien.ORF.at; 9.4.2014).

Urteil soll im September fallen

Gegen 18 Verdächtige wurde daher das Verfahren zuletzt eingestellt. 29 Männer im Alter zwischen 20 und 43 Jahren - großteils Angehörige der Fangruppen „Ultras“ und „Lords“ - müssen nun auf die Anklagebank - mehr dazu in Randale: 47 Rapid-Fans angeklagt (wien.ORF.at; 22.5.2014).

TV-Hinweis:

Ein „Wien heute“-Video zum Prozess sehen Sie am 23.Juli 2014 und danach on Demand.

Da der Große Schwurgerichtssaal im Sommer wegen Renovierungsarbeiten gesperrt ist, wird aus Platzgründen in einem Lehrsaal des Wiener Oberlandesgerichts (OLG) verhandelt. Wie Gerichtssprecherin Christina Salzborn sagt, hat dieser Saal einen nicht zu unterschätzenden Vorteil: Es gibt dort eine Klimaanlage. Die Verhandlung ist für acht Tage anberaumt. Entgegen früheren Ankündigungen hieß es zuletzt, der Prozess solle im September zu Ende gehen.