AGB-Sterne: 100.000 Mal heller als Sonne

Sie sind extrem groß und hell, müssen nicht kugelförmig sein und liefern wichtige Bausteine des Universums: Rote Riesensterne oder AGB-Sterne. Von 29. Juli bis 1. August findet die Konferenz „Why Galaxies Care About AGB Stars“ in Wien statt.

Rote Riesensterne oder AGB-Sterne sind für Forscher gleichsam interessant wie relevant für das Leben auf der Erde, erklärte der Astronom Thomas Posch. Geht es im Lebenszyklus von Sternen von der Art unserer Sonne dem Ende zu, werden sie zu Roten Riesensternen. Sie blähen sich dann extrem auf und strahlen intensiv.

„Weil sie so übermäßig hell sind, hat man Rote Riesen auch bereits außerhalb unserer Galaxie (der Milchstraße, Anm.) nachgewiesen“, so Posch. Aufgrund der Tatsache, dass sie etwa 100.000 Mal stärker leuchten als unsere Sonne, sind AGB-Sterne („Asymptotic Giant Branch Stars“) bisher auch die einzigen, die in größeren Entfernungen einzeln detektiert werden können.

Spiralnebel Roter Riese

ALMA Observatory

Spiralnebel Roter Riese

Neue Einsichten in komplexe Struktur der Sterne

Der Titel der Konferenz sei so gewählt, weil es auch darum gehe, wie Galaxien von den Roten Riesen beeinflusst werden. Sie spielen nämlich eine große Rolle im Materiekreislauf, da sie ihre Umgebungen mit schweren Elementen und Festkörperpartikeln („Staub“) anreichern. Ohne diese Anreicherung könnten auch erdähnliche Planeten nicht entstehen. Zudem produzieren sie Elemente, „die wir im Alltag brauchen, wie etwa Fluor“, so der Forscher vom Institut für Astrophysik der Universität Wien.

In den vergangenen Jahren haben Wissenschafter neue Einsichten in die komplexe Struktur der Hüllen der AGB-Sterne gewonnen. Viele Erkenntnisse wären ohne die Daten des im vergangenen Jahr planmäßig außer Dienst gestellten „Herschel“-Weltraumteleskops der Europäischen Raumfahrtagentur ESA nicht möglich gewesen, erklärte Posch.

In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung rücken Moleküle, die in den Hüllen der Sterne entstehen, immer stärker in den Vordergrund, so der Experte. „Da spielen die Roten Riesen eine Sonderrolle, denn die meisten Sterne - einschließlich unserer Sonne - sind zu heiß, um Moleküle beherbergen zu können. Hingegen ist es bei den Roten Riesensternen so, dass sie sogar eine sehr reichhaltige Chemie mit vielen Molekülen aus bis zu zwölf Atomen beherbergen.“

Urania

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Die Urania am Donaukanal hat eine Sternwarte dabei.

„Sehen aus wie Quallen, Spiralen oder Kometen“

Auf der anderen Seite wird auch die Rolle der kleinen Festkörperpartikel, die in AGB-Sternen entstehen, von 29. Juli bis 1. August an der Uni Wien diskutiert werden. Das rege Innenleben der Rote Riesensterne drückt sich darin aus, dass sich ihre Helligkeit in bestimmten Abständen um das hundert-bis zehntausendfache ändert. Anhand dieses „Pulsierens“ können Forscher Rückschlüsse darauf ziehen, was sich im Inneren abspielt und wie die Sterne aufgebaut sind.

Mit der landläufigen Vorstellung, dass Sterne in etwa kugelförmig sind, stimmt das Erscheinungsbild vieler Roter Riesen auch nicht überein: „Sie können aussehen wie Quallen, Spiralen oder Kometen - es gibt also fast alles, nur keine kugelförmigen, langweiligen Objekte“, so Posch. Auch das seien relativ neue Erkenntnisse, über die Forscher in Wien berichten werden.

Das Submillimeterteleskop ALMA bei Nacht.

Stéphane Guisard

Das Submillimeterteleskop ALMA bei Nacht.

Wien wird zur Forschungs-Welthauptstadt

Zu der Konferenz werden rund 150 internationale Expertinnen und Experten erwartet. Pascale Ehrenfreund, Präsidentin des Wissenschaftsfonds (FWF) und ausgebildete Astronomin, wird die Konferenz eröffnen. „Dank hervorragender Wissenschafter und Wissenschaftlerinnen und deren exzellenten Ideen und Forschungsprojekten steht der Standort Wien in der Astronomie seit Jahren für hohe Qualität und exzellente Forschung“, betonte sie den hohen Stellenwert astrophysikalischer Forschungen in Österreich.

Veranstaltungshinweis:

Öffentlicher Vortrag „Rote Riesen, weiße Zähne und das größte Radioteleskop der Welt“ von Matthias Maercker, Universität Göteborg. Dienstag, 29. Juli 2014, 19.00 Uhr, Hörsaal C1 am Campus der Universität Wien, 1090 Wien, Spitalgasse 2-4, Hof 2.6

Im Zuge der Tagung findet am Dienstag, 29. Juli ab 19.00 Uhr im Hörsaalzentrum am Campus der Universität Wien ein öffentlicher Abendvortrag statt. Der in Schweden tätige Astrophysiker Matthias Maercker erläutert, was das Fluor in unserer Zahncreme mit Roten Riesensternen zu tun hat. Er geht aber auch auf die Bedeutung neuer Beobachtungsinstrumente für ein tieferes Verständnis der AGB-Sterne ein.

Erst kürzlich wurde unter maßgeblicher Beteiligung der Europäischen Südsternwarte ESO auf einem über 5.000 Meter hohen Plateau in Chile der sechsundsechzigste Parabolspiegel des Radioteleskops ALMA (Atacama Large Millimeter Array) installiert. Teleskope, die bei langen Wellenlängen (vom IR- bis zum Radiobereich) arbeiten, liefern besonders wertvolle Daten zu Roten Riesensternen und den Molekülen in ihren ausgedehnten Hüllen.

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