Bankräuber: 98 Prozent spielsüchtig

Erst am Donnerstag hat die Polizei in Wien-Liesing einen bewaffneten Bankräuber verhaftet. Als Motiv gab er Spielschulden an. Damit ist er kein Einzelfall: Laut Kriminalpolizei haben 98 Prozent der Bankräuber Spielschulden.

Der 50-Jährige stürmte in der Früh in den Kassenbereich der Bank in der Ketzergasse, bedrohte die Angestellte mit seiner Waffe und forderte Geld. Die Beute packte der Vermummte in eine Tasche und lief davon. Kurz bevor er in ein Fluchtauto steigen konnte, wurde der Mann festgenommen, etwa 200 Meter vom Tatort entfernt. Als Motiv gab der Arbeitslose an, dass ihm seine Spielschulden über den Kopf gewachsen seien.

Banküberfall als Ausweg

Laut Polizei geraten die meisten Bankräuber aus eigenem Verschulden in Finanznot. Als naheliegenden Ausweg, um zu Geld zu kommen, sehen sie dann einen Banküberfall. 98 Prozent der Bankräuber geben Spielschulden als Motiv an, bei vielen kommen Suchtgift- oder Alkoholkonsum dazu, heißt es von der Polizei.

„Dann lassen sich manche hinreißen, einen Überfall zu begehen. Mit dem erbeuteten Geld gehen sie häufig gleich wieder spielen oder ins Bordell“, berichtete Robert Klug vom Landeskriminalamt. „Das ist nicht nur bei Einzeltätern so, sondern auch bei solchen, die zu zweit auftreten: Sie haben die gleichen Probleme und bilden eine Art Interessengemeinschaft.“ In den meisten Fällen reiche die Beute aber nicht, um die Spielschulden zu tilgen, sagt Klug.

Bankraube in Wien

  • 2007: 77 (47)
  • 2008: 63 (35)
  • 2009: 52 (26)
  • 2010: 37 (22)
  • 2011: 47 (25)
  • 2012: 35 (19)
  • 2013: 27 (14)
  • bis Juni 2014: 14 (8)

(in Klammern geklärte Fälle)

Die Zahl der Bankräuber, die unverschuldet in Not geraten sind, ist laut Klug gering. „Das sind Leute, die zum Beispiel ihren Job verloren haben und keinen anderen Ausweg als einen Überfall sehen“, sagt Klug.

Kriminalsoziologe: Gemischte Motive

Reinhard Kreissl vom Institut für Kriminalsoziologie in Wien geht von einer gemischten Motivlage bei Bankräubern aus. Man könne sich immer nur den Einzelfall ansehen, es sei schwierig, daraus einen Bankräubertypus zu konstruieren, sagt Kreissl: „Wenn, haben sie eine Typologie der erfolglosen Bankräuber, die erfolgreichen haben sie natürlich nicht erfasst. Vielleicht sehen die ganz anders aus.“

Weniger Fälle in Wien

Die Zahl der Bankraube sank im ersten Halbjahr in Wien im Vergleich zum Vorjahr weiter. Bis zum 30. Juni wurden in Wien 14 Banken überfallen, 2013 waren es noch 16. Acht der 14 Überfälle wurden bereits geklärt.

2007 wurden in Wien noch 77 Banken überfallen. Die Polizei und die Banken führen diesen Rückgang auf ein Maßnahmenpaket gegen Überfälle zurück. Die Banken hätten seither sicherheitstechnisch aufgerüstet, es lagere weniger Bargeld in den Banken. Außerdem seien die Aufklärungsquote und der Fahndungsdruck hoch. Nicht zuletzt würden hohe Strafen, die Bankräubern drohen, abschreckend wirken.

Weltweit mehr Geiselnahmen bei Bankrauben

Die technische Aufrüstung der Banken habe auch Nebeneffekte. Man müsse mit einer Veränderung der Tatbegehung rechnen, sagt Kreissl. Weltweit würden dadurch die Zahl der Geiselnahmen in Banken steigen. Täter steigen etwa in der Früh in die Bank ein und warten auf die ersten Mitarbeiter.

Laut Polizei ist aber eine sinkende Gewaltbereitschaft zu beobachten. Verletzte gibt es bei den Coups seltener als noch vor ein paar Jahren. „Die Überfälle laufen in der Regel sehr ruhig ab. Natürlich ist auch die Drohung mit einer Pistole eine Form von Gewalt und für den Betroffenen eine starke Belastung“, sagt Klug. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Banken seien auch immer besser geschult. „Die Täter fühlen sich dadurch gar nicht dazu genötigt, Gewalt anzuwenden.“