125 Jahre Naturhistorisches Museum

Mit seinen rund 30 Millionen Sammlungsobjekten zählt das Naturhistorische Museum zu den bedeutendsten naturwissenschaftlichen Museen weltweit. Seit 125 Jahren ist es im Haus am Ring beheimatet: ein Jubiläum, das gefeiert wird.

Seit fast 270 Jahren tragen Forscher und Abenteurer den wissenschaftlichen Schatz des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien zusammen. Am 10. August 1889 wurde der von Gottfried Semper und Karl Hasenauer geplante „Palast der Wissenschaft“ von Kaiser Franz Joseph I. eröffnet. Gefeiert wird das Jubiläum Ende September.

4,5 Mrd. Jahre Erdgeschichte werden im Museum präsentiert, zu den Schätzen des Hauses zählen die 25.000 Jahre alte „Venus von Willendorf“, Zeugen des prähistorischen Hallstätter Bergbaus oder die weltgrößte und älteste Meteoritenschausammlung.

Schneckensammlung in Box

APA/Viola Jagl

Von Schnecken bis Meteoriten sind in der Sanmmlung vertreten

Leidenschaft der Habsburger

Begründet wurden die Sammlungen von Kaiser Franz I. Stephan von Lothringen. Gemeinsam mit seiner Gemahlin Maria Theresia rief er 1748 das Hof-Naturalienkabinett ins Leben. Dessen Kernstück war eine Sammlung von 30.000 Mineralien, Fossilien, Muscheln, Schnecken, Korallen und Krebsen, die der Kaiser von Johann von Baillous kaufte.

Um die Sammlung zu vergrößern, finanzierte das Kaiserpaar die erste groß angelegte österreichische Forschungsexpedition unter der Leitung des Botanikers Nikolaus Joseph Jacquin in die Karibik. Nach dem Tod ihres Mannes erklärte Maria Theresia die Kollektion zum Staatseigentum und machte sie ab 1766 öffentlich zugänglich.

Größte Sammlung an Eingeweidewürmern

Noch im 18. Jahrhundert folgten unter Joseph II. weitere Expeditionen, darunter nach Nord- und Südamerika, nach Südostasien, zum Kap der Guten Hoffnung und auf die Insel Mauritius. Schon zu dieser Zeit waren die Vereinigten k.k. Naturalienkabinette eine Forschungsstätte ersten Ranges, die etwa die damals größte Sammlung von Eingeweidewürmern besaß. Mit dem Meteorit von Hraschina - 1778 aus der Schatzkammer in die Naturalienkabinette übernommen - wurde der Grundstein für die älteste Meteoritensammlung der Welt gelegt.

Besondere Aufmerksamkeit schenkte dem Naturalienkabinett Kaiser Franz II. (1768-1835), der 1817 eine Expedition nach Brasilien beauftragte. Gerade die Vielzahl der brasilianischen und südamerikanischen Stücke zählen heute noch zu den Höhepunkten des Museums. Forscher wie Johann Natterer (1787-1843) brachten Tausende Insekten, Vögel, Fische, Säugetiere, etc. nach Wien und bereicherten die Sammlung auch mit völkerkundlichen Objekten.

Weltumseglung brachte enorme Ausbeute nach Wien

Zu den Großtaten österreichischer Forscher im 19. Jahrhundert zählte die Weltumsegelung mit dem umgebauten Kriegsschiff „Novara“ von 1857 bis 1859. Die botanische, zoologische und anthropologische Ausbeute dieser Expedition war so enorm, dass der Raum in den Hofkabinetten aus allen Nähten platzte. Selbst die grobe wissenschaftliche Auswertung der Funde dauerte Jahrzehnte, es gibt Stücke, die auch heute noch neue Erkenntnisse liefern.

Ausstellungsobjekt

APA/Roland Schlager

Viele präparierte Tiere im Museum

Feuergefahr führte zu Neubau

Der Platzmangel und wohl auch die von zahlreichen Alkoholpräparaten ausgehende Feuergefahr führte zum Beschluss eines Museums-Neubaus unter Kaiser Franz Joseph. Von 1871 bis 1881 wurde der „Palast der Wissenschaft“, wie die „Neue Freie Presse“ am Tag der Eröffnung schrieb, an der Ringstraße errichtet. Das k. k. Naturhistorische Hofmuseum sollte gemeinsam mit dem gegenüberliegenden, zwei Jahre später eröffneten Kunsthistorischen Museum und neuen Hofburg-Trakten ein monumentales Kaiserforum bilden - ein Plan, der nie verwirklicht wurde.

Kuppelhalle

APA/Roland Schlager

Die Eröffnung selbst am 10. August 1889 war offenbar ohne Brimborium, weder Ansprachen noch „ceremonielle Acte“ habe es gegeben, hieß es in einem Pressebericht. Der Kaiser nahm sich für die Besichtigung drei Stunden Zeit - viel kürzer schafft man es auch heute nicht, einen Eindruck von den auf etwa 8.500 Quadratmetern, in 39 Schausälen präsentierten 100.000 Schauobjekten zu bekommen.

Die jahrhundertelange Forschungstätigkeit des NHM ist auch im neuen Haus weitergegangen - mit Sensationsfunden wie der Venus von Willendorf 1908 oder den Zwillingen vom Wachtberg in Krems, einer 2005 entdeckten 27.000 Jahre alten Doppelbestattung von Neugeborenen und modernster Ausstattung wie Rasterelektronenmikroskop und DNA-Analyse.

Tag der offenen Tür am 28. September

Zu seinem 125. Geburtstag greift das NHM nun nach den Sternen: Am 28. September gibt es anlässlich des Jubiläums einen Tag der offenen Tür mit einem Sonderprogramm bei freiem Eintritt und der Eröffnung eines digitalen Planetariums im Saal 16. In diesem sollen nicht nur astronomische Shows, sondern auch filmische Ergänzungen zu den klassischen Ausstellungen gezeigt werden.

Zum Jubiläum erscheint auch das Buch „Das Naturhistorische Museum - Baugeschichte, Konzeption und Architektur“. Das NHM hat zudem zwei Kunstprojekte in Auftrag gegeben: Die beiden Schweizer Künstler Paul Giger und Andres Bosshard haben mit „Sonar impact“ eine Klang-Installation komponiert und entworfen, die rund ein Monat lang im NHM zu hören sein wird.

Und der US-Filmemacher James Benning hat für das Museum die 77-minütige Filminstallation „natural history“ angefertigt, die auch bei der diesjährigen Viennale zu sehen sein wird.

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