Österreich nahm Abschied von Prammer

Rund 2.000 Trauergäste haben am Samstag bei der Trauerfeier vor dem Parlament Abschied von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer genommen. Die Politiker würdigten Prammers Engagement für die Demokratie, für Minderheiten und Frauenrechte.

Um 10.30 Uhr begann vor dem Parlament ein Staatsakt statt, bei dem die Spitzen der Politik ein letztes Mal ihren Respekt vor der langjährigen Politikerin bezeugten. Prammers Sarg, der seit Donnerstag in der Säulenhalle aufgebahrt ist, wurde auf den Vorplatz des Parlaments getragen - zu den Klängen des Vorspiels von Richard Wagners „Tristan und Isolde“.

Fischer

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Fischer: „Beeindruckende Persönlichkeit“

„Wir alle können stolz auf sie sein“, schloss Bundespräsident Heinz Fischer Abschiedsrede. „Wir danken dir, liebe, gute, tapfere Barbara.“ „Ihr könnt sicher sein, dass eure Barbara als beeindruckende Persönlichkeit unseres Landes, als große Frau in unsere Geschichte eingehen wird“, sagte Fischer zu Prammers Familie.

Er erinnerte auch an den „bewundernswerten und mit Recht bewunderten Weg“, wie Prammer mit ihrer Krebserkrankung umgegangen war. Zugleich regte er auch an, darüber nachzudenken, „wie sehr sich Barbara auch nur über einen kleinen Bruchteil dieses Lobes zu Lebzeiten gefreut hätte“. Seine „Bitte“ daher: „Entwickeln wir alle miteinander zeitgerecht möglichst viel Sensibilität, Verantwortungsbewusstsein und Fairness im Umgang mit anderen Menschen. Das gilt besonders für Politik und Medien, aber es gilt auch für alle Menschen.“

Faymann: „Du wirst uns fehlen“

Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) würdigte Prammers Werthaltung, die auf Demokratie, Menschenrechten und solidarischem Miteinander gefußt habe. „Durch ihren Tod verliert die Republik eine führende Persönlichkeit, sie verliert eine Leitfigur der Demokratie. Wir alle verlieren einen außerordentlich liebevollen und wertvollen Menschen.“

Prammer habe noch „so vieles vorgehabt“, bedauerte der Kanzler. „Österreich verliert eine große Politikerin und Staatsfrau. Die Sozialdemokratie zudem eine ihrer wichtigsten und bedeutendsten Vertreterinnen. Liebe Barbara, du wirst uns sehr fehlen.“

Reden von Heinisch-Hosek und Coudenhove-Kalergi

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die 2009 von Prammer den Vorsitz der SPÖ-Frauen übernommen hatte, blickte auf „gemeinsame Jahre, geprägt von Vertrauen und Unterstützung“ durch ihre „Freundin und Mentorin“, zurück. Prammer sei stets für eine „Zukunft, in der Frauen gleichberechtigt und selbstbestimmt leben können“, eingetreten.

Die Publizistin Barbara Coudenhove-Kalergi schließlich würdigte Prammer „mit dem Blick von außen“: „Sie war eine Politikerin, die ihr Amt nicht nur mit Anstand ausgefüllt hat, sondern auch mit einer gewissen Anmut.“ Prammer habe vorgelebt, „dass man Politiker, Politikerin sein kann, ohne sich zu verbiegen“.

Sie habe auch ein Leben auf Basis einer „festen Überzeugung“ geführt und sei daher „offen für andere Ideen und andere Traditionen“ gewesen. Zudem führte auch Coudenhove-Kalergi die „Art, wie sie mit ihrer Krankheit umgegangen ist“, ins Treffen. „Sie hat uns allen nicht nur gezeigt, wie man mit Anstand lebt, sondern auch, wie man mit Anstand stirbt. Ich glaube, sie wäre eine gute Bundespräsidentin geworden.“

Vidiwall vor Parlament

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Kopf würdigte sie als „große Österreicherin“

Der Zweite Nationalratspräsident Karl-Heinz Kopf (ÖVP) würdigte Prammer in seiner Rede: „Ich verneige mich heute respektvoll vor einer großen Demokratin - einer großen Österreicherin - und bedanke mich namens des Nationalrates und seiner Abgeordneten bei unserer Präsidentin für ihre umsichtige, überparteiliche und vor allem menschliche Art der Führung des Hauses“.

Und er verneigte sich vor dem „Menschen Barbara Prammer. Vor einer Frau, die mit großer Demut ihre schwere Erkrankung angenommen, diese Krankheit gleichzeitig mit enormer Willensstärke bekämpft und trotzdem ihr Amt mit unglaublicher Disziplin bis vor wenigen Wochen nahezu uneingeschränkt ausgeübt hat.“

Zapfenstreich vom Balkon ihres Büros

Bundesratspräsidentin Ana Blatnik - eine Kärntner Slowenin - hob Prammers Engagement für Volksgruppen und Minderheiten hervor den von ihr eingeführten Volksgruppentag im Hohen Haus oder das 2011 vor dem Parlament errichtete Barackendorf zum Hinweis auf die Situation der Roma und Sinti.

Unter der Musik der Bundeshymne, intoniert von der Militärmusik des Militärkommandos Niederösterreich, wurde der Sarg abgetragen. Verabschiedet vom Parlament wurde die Nationalratspräsidentin durch den Zapfenstreich vom Balkon ihres Büros aus, gespielt von einem Solotrompeter der Militärmusik.

Karlheinz Kopf am Rednerpult

APA/Herbert P. Oczeret

Zum Zapfenstreich wurde Prammers Sarg schließlich im Glaswagen zum Zentralfriedhof gebracht, wo die Einäscherung erfolgt. Die Beisetzung selbst wird im engsten Familienkreis stattfinden.

Fünf Personen wegen Hitze kollabiert

Die Ehrengäste durften bei der Trauerfeier zwar sitzen, mussten dafür aber in Trauerkleidung in der Sonne verharren. Unter den Stühlen waren vorsorglich Wasserflaschen deponiert, für die Bevölkerung gab es einen Wasserausschank am Rande der Veranstaltung. Laut Wiener Berufsrettung sind aufgrund der Hitze fünf Personen während der Trauerfeier kollabiert und mussten ärztlich versorgt werden.

Zwei Videowalls mit den ORF-Bildern sorgten dafür, dass alle Besucher das Geschehen mitverfolgen konnten. Zur Trauerfeier waren zahlreiche internationale Gäste erschienen - darunter Parlamentspräsidenten aus Deutschland, der Tschechischen Republik, Slowenien und Kroatien und in Vertretung des Präsidenten des Europaparlaments Vizepräsidentin Ulrike Lunacek. Sie legten zu den Klängen der von Harri Stojka interpretierten internationalen Roma-Hymne eine Rose am Sarg ab.

Mehr als 5.000 Menschen kamen zur Aufbahrung

Laut Parlament haben mehr als 5.000 Menschen
im Parlament persönlich von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer Abschied genommen. Der Sarg der am vergangenen Samstag verstorbenen SPÖ-Politikern war seit Donnerstag in der Säulenhalle aufgebahrt. Allein am Donnerstag wurden rund 2.600 Personen gezählt - mehr dazu in 2.600 Menschen nahmen Abschied von Prammer.

Sarg mit Leichnam von Barbara Prammer im Parlament

APA/Roland Schlager

Der Sarg von Barbara Prammer im Parlament

Kondolenzschreiben der UNO

Im elektronischen Kondolenzbuch waren - laut Parlamentskorrespondenz - bis Freitag am späten Nachmittag 5.400 Einträge verzeichnet, rund 2.000 Trauernde haben überdies im Besucherzentrum des Hohen Hauses schriftlich kondoliert. Im Parlament lagen zwei Kondolenzbücher auf, den ersten Eintrag in das offizielle Kondolenzbuch nahm Bundespräsident Fischer vor - mehr dazu in Prammer-Abschied: „Vorbildliche Demokratin“.

Auch von der UNO gingen Beileidswünsche im Parlament ein. Generalsekretär Ban Ki-moon zeigte sich laut Parlamentskorrespondenz tief betroffen über Prammers Tod. In seinem Kondolenzschreiben würdigte Ban, der sich als „Herzensösterreicher“ bezeichnete, das Engagement Prammers für die Vereinten Nationen und für eine aktive Rolle Österreichs auf der internationalen Bühne.

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