Carsharing: Nicht jedes Konzept geht auf

Das „geteilte Auto“ gilt als Zukunftstrend. Carsharing-Anbieter verzeichneten zuletzt deutlich mehr Nachfrage in Wien. Vor allem „car2go“ überrascht mit 22.000 Neukunden. Die Mitbewerber haben noch Aufholbedarf.

„Carsharing rechnet sich für jene, die weniger als 10.000 Kilometer pro Jahr mit dem Auto fahren“, so Christian Gratzer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Laut Statistik Austria gibt es in Wien rund 80.000 private Zweitautos, deren Fahrleistung im Schnitt bei 7.400 Kilometer pro Jahr liegt. „Ein Großteil der Zweitautos könnte durch Carsharing ersetzt werden. Generell sind viele Autos ersetzbar. Denn durchschnittlich steht ein Auto in Wien mehr als 23 Stunden am Tag in der Garage“, so Gratzer.

VCÖ fordert mehr Standplätze

Ein klassisches Carsharing-Auto kann acht bis 15 Privat-Pkws ersetzen. Für den VCÖ ist es daher wichtig, dass Carsharing-Angebote in Wien ausgebaut werden. Vor allem die Anzahl der Standplätze soll weiter erhöht werden, auch außerhalb der Stadt und vor allem bei Bahnhöfen.

Carsharing-Auto der Firma Car2Go

APA/Georg Hochmuth

Car2go überlegt, seinen Kunden künftig auch andere Fahrzeuge anzubieten

Carsharing und Öffis mit einer Karte

„Ein Zukunftsziel ist es, die Benutzerfreundlichkeit aller umweltfreundlichen Verkehrsmittel zu erhöhen", heißt es aus dem Büro von Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne). „In wenigen Jahren soll man in Wien mit einer Karte Carsharing machen können, die Öffis nutzen können oder ein Leihrad bekommen.“

Car2go bald mit Mercedes?

Der größte Carsharing-Anbieter in Wien ist derzeit car2go. Das deutsche Unternehmen stockte im vergangenen Jahr seine Flotte von 600 auf 800 Fahrzeuge auf. Auch die Kundenzahl stieg von rund 48.000 auf 70.000. „Jedes Fahrzeug wird acht- bis zehnmal pro Tag angemietet“, so car2go-Sprecher Andreas Leo. Zuletzt hatte car2go mit einer Datenfunkstörung zu kämpfen - mehr dazu in Panne legte car2go-Flotte lahm (wien.ORF.at; 16.5.2014).

Derzeit verwendet car2go nur Kleinwagen der Marke Smart in Wien. Der Stadtflitzer hätte sich bewährt, schon allein wegen der Parkplatzsuche. In Hamburg und München läuft dennoch gerade ein Pilotprojekt, wo car2go auch die Mercedes-Benz B-Klasse ausprobiert. Das Unternehmen schließt nicht aus, künftig auch in Wien neue Fahrzeugmodelle zur Verfügung zu stellen. „Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen. Aber natürlich planen wir, das auf weitere Städte auszuweiten“, so Leo.

Carsharing-Auto

ORF/Hubert Kickinger

Die weiß-grüne Zipcar-Flotte wächst. In Wien gibt es inzwischen 90 Standorte

Zipcar will mit großen Autos punkten

Anders als der Mitbewerber car2go haben die Autos des US-Unternehmens Zipcar einen fixen Standplatz, an dem sie zurückgebracht werden müssen. Das erspart die Parkplatzsuche, geht allerdings auf Kosten der Flexibilität. In Wien gibt es derzeit 90 Standplätze. „Dabei handelt es sich mehrheitlich um On-Street Standorte an gut frequentierten Knotenpunkten in der Stadt mit Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz“, so Unternehmenssprecher Christof Fuchs. Weltweit hat Zipcar mehr als 10.000 Fahrzeuge im Einsatz.

Mit aktuellen Fahrzeug- und Kundenzahlen für Wien hält sich das Unternehmen bedeckt. „Die Auslastung ist für uns keine wesentliche Leistungskennzahl für den Erfolg“, heißt es. Im Vorjahr war von „ungefähr 7.000 Nutzern, 82 Standorten und 133 Fahrzeugen in Wien“ die Rede. Zipcar bietet in Wien sechs verschiedene Modelle an, vor allem größere Modelle, wie der Nissan Primastar sind gefragt - mehr dazu in Holpriger Start für Carsharing-Anbieter (wien.ORF.at; 19.9.2012).

Autos des Carsharing-Modells Flinkster in Stuttgart 2009

APA/EPA/BERND WEISSBROD

Bei Flinkster werden derzeit rund zehn Fahrten pro Tag gebucht

Neue Standorte für Flinkster

Seit dem Vorjahr mischt auch Flinkster, eine Tochterfirma der Deutschen Bahn, am Carsharing-Markt in Wien mit. Flinkster eröffnete ihre Österreich-Zentrale am Westbahnhof. Inzwischen bietet das Unternehmen an 40 Standorten 56 Fahrzeuge an. Immerhin 600 Kunden zählt Flinkster bereits in Wien und zeigt sich damit zufrieden. „Das Angebot wird mit über 2.000 Fahrten im ersten Halbjahr gut angenommen“, heißt es - mehr dazu in Dritter Carsharinganbieter in Wien (wien.ORF.at; 6.8.2013).

Geteiltes Auto als Zukunftstrend

Vor zwei Jahren startete die Plattform „Carsharing24/7“ in Österreich. Dort können Privatpersonen ihr Fahrzeug zur Mitbenutzung vermieten. „Im ersten Jahr hatten wir rund 40 Fahrzeuge, 2013 waren es dann fast 300, jetzt sind es nun 430 und es kommen ständig neue Autos und User dazu“, so Ruth Juric von „Carsharing24/7“. Österreichweit gibt es derzeit 5.500 Nutzer. In Wien stieg die Zahl der Fahrzeuge zuletzt auf 226. Darunter befinden sich E-Fahrzeuge, Cabrios und Mopeds - mehr dazu in Privates Carsharing mit Ausbaupotential (wien.ORF.at; 17.1.2013).

Juric sieht für Wien noch ein hohes Potenzial: „In Wien gibt es aktuell 680.000 Pkws. Wenn nur jeder Tausendste mitmacht, stünden 680 Autos zur Verfügung. Bereits im Jahr 2025 werden laut Statistik Austria rund 180.000 Menschen mehr in Wien leben als heute. Der obligatorische eigene Pkw vor der Tür für jede Familie und Person wird dann sowieso unmöglich sein – das geteilte Auto ist bestimmt ein Zukunftstrend.“

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