Ganzes Haus in der Burggasse bemalt

Mit einem Haus in Wien-Neubau will Miteigentümer Niklas Worisch mit einer auffällig bemalten Fassade ein Zeichen für Toleranz setzen. Rechtlich ist er damit auf der sicheren Seite, obwohl das Haus schon über 100 Jahre alt ist.

Seit zehn Jahren malt und sprayt Worisch in seiner Freizeit. Er ist Miteigentümer und Bewohner des Hauses in der Burggasse 98, in dem neben seiner Familie noch drei weitere Mieter wohnen. Er startete das Projekt, indem er die Wiener Irga-Irga Crew (bestehend aus den Künstlern Knarf, Mafia und Freshmax) einlud, die Hausfassade umzugestalten.

Worisch vor Burggasse 98

FreshMax

Worisch vor seinem Kunsthaus

„Hier wohnt ein Mensch“

Inspiriert wurde der Wiener Designstudent laut seiner Aussage von seinem Großvater und dem Künstler Friedensreich Hundertwasser. Worischs Großvater hatte in den 1960er Jahren eine Installeteurfirma im Haus. Laut dem Studenten herrschte ein reges Treiben, welches er nun fortsetzten will. Es geht ihm aber nicht bloß um mehr Menschen im und ums Haus, er will auch die lokale Kreativszene ankurbeln und miteinander vernetzten. Weiters möchte er jungen Künstlern aus Österreich, die eine Promotion notwendig haben, eine Plattform bieten. Die Fassade bekommt regelmäßig neue Motive.

Schon Hundertwasser sprach vom Haus als „dritte Haut“ des Menschen, weshalb diese auch selbst gestaltet werden soll. Die Idee von Hundertwassers Fensterrecht aus dem Jahr 1958 findet Worisch ebenso gut. Bei diesem sollte jeder Bewohner das Recht haben, die Aussenfassade rund um sein Fenster so weit zu bemalen, wie sein Arm reicht. Worisch meint im Gespräch mit wien.ORF.at: „Man sollte seine Wohnung sowohl innen als auch außen frei gestalten können, um zu zeigen: hier wohnt ein Mensch“.

Burggasse 98 vor Umgestaltung

deadrabbitmedia.com

So sah das Haus vor der Umgestaltung aus - zu trostlos aus Sicht von Worisch

Im Rahmen des Erlaubten

Die Stadt Wien kann unabhängig vom Denkmalschutz eigene Schutzzonen festlegen. In diesen Bereichen sollen natürliche Gegebenheiten, historische Strukturen und prägende Bausubstanzen erhalten bleiben.

Bei dem Projekt läuft angeblich alles im rechtlichen Rahmen ab: „Für die Änderungen haben wir eine Genehmigung von der MA 19 und der Baupolizei“, betont Worisch. Das Bundesdenkmalamt bestätigt gegenüber wien.ORF.at, dass das Haus nicht unter Denkmalschutz steht. Und Worisch hat Glück: Das über 100 Jahre alten Haus steht knapp nicht mehr in einer Schutzzone der Stadt.

Burggasse 98 Eröffnung

Laurids Gallée

Die Burggasse 98 bei ihrer „Eröffnung“ mit Feuerwerk

Positives Feedback aus Nachbarschaft

Bei der offiziellen Präsentation der neugestalteten Fassade am 8. August wurden alle Lichter im Haus aufgedreht und ein Feuerwerk gezündet. Damit sollte gezeigt werden, jetzt ist das Haus fertig.

Den Nachbarn gefalle das Projekt. „Einmal zum Beispiel betrachtete ein älterer Herr unser Haus genau, ich dachte er wird jetzt seinen Unmut äußern. Aber dann meinte er, dass ihm das sehr gut gefällt und es mehr davon geben sollte. Und unsere Mitbewohnerin Frau S. war auch beeindruckt, als wir ihr erzählt haben was wir planen.“

Verzierung Burggasse 98

Gilbert Berthold

Frau S. ist von dem Projekt vor ihrem Fenster angetan

Kleine Erfolge hat das Projekt bereits erreicht: „Es hat sich mittlerweile eine Eigendynamik entwickelt, Leute kommen spontan mit ihrem Werkzeug und helfen mit. Man lernt automatisch neue Leute kennen“. Am wichtigsten ist Worisch aber, dass das Haus Toleranz verkörpert. Er betont außerdem, dass die Burggasse 98 ein Kunsthaus ist und nicht nur Street Art zeigen soll, sondern für alle möglichen Kunstrichtungen offen ist.

In Zukunft ist auch eine eigene Website geplant, momentan halten sich Interessierte über die Facebookseite am Laufenden. Events im Innenhof wird es auch bald geben, kündigt Worisch an. Auf die Frage, von wem er sich einen künstlerischen Beitrag an der Fassade wünschen würde, lacht er und meint: „Hundertwasser, aber das wird sich wohl nicht mehr ausgehen“.

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