Erste Bewohner ziehen in die Seestadt

Am Donnerstag ist in der Seestadt Aspern das erste Haus mit 18 Wohnungen bezogen worden. Die „Pioniere“ sollen herausfinden, wie es sich in der neuen Stadt lebt. Bis Jahresende sollen 900 Menschen in 420 Wohnungen übersiedeln.

Noch dröhnt der Baulärm über dem Wiener Stadtentwicklungsgebiet Seestadt Aspern: Bagger rollen über provisorische Straßen, alles ist mit einem Staubfilm überzogen, Gitter statt Büsche säumen die Wege. Inmitten des Chaos leuchtet eine Fassade weiß: Hier bezogen die Mitglieder der Baugruppe „JAspern“ ihre Wohnungen im ersten fertigen Haus der Seestadt.

„Es ist uns bewusst, dass wir noch mit ein paar Belastungen rechnen müssen“, sagte eine junge Mutter. Gemeint sind vor allem Lärm, Staub und fehlende Infrastruktur. Bis die ersten Geschäfte einziehen, versorgt etwa ein temporärer Greißler die Bewohner. Die neuen Seestädter nehmen das aber in Kauf: „Am Ende hat uns ein gutes Preis-Leistungsverhältnis, das gute Umfeld und das ökologische, verkehrstechnische und soziale Konzept überzeugt“, berichtet die Bewohnerin.

900 Bewohner bis Ende des Jahres

In einem halben bis dreiviertel Jahr sollte zumindest in dieser Ecke des Areals das Gröbste vorbei sein, dann wird es auch eine Apotheke im Erdgeschoß des Hauses geben und der Gemeinschaftsraum fertiggestellt sein. Bis Ende des Jahres werden 420 Wohneinheiten fertig, rund 900 Menschen werden hierher übersiedeln. Bis dahin versucht die Stadt mit dem Stadtteilmanagement auf die Bedürfnisse der neuen Bewohner einzugehen.

Am Donnerstag sind die Betreuer mit den grünen Westen mit einem offenen Ohr und einem Willkommenssackerl vertreten, das sie den Neuankömmlingen in die Hand drücken. Scheinbar mit Erfolg: „Ich bin guter Dinge, dass wir das überstehen werden“, schmunzelt die Neo-Seestädterin. Immerhin konnten die Mitglieder der Baugruppe „JAspern“ rund um Architekt Fritz Oettl den Wohnblock von Anfang an nach ihren eigenen Wünschen mitgestalten.

Ludwig: „Stadtplanung ist Herausforderung“

„Heute ist ein besonders schöner Tag“, kommentierte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) die Etappe des Langzeitprojekts. Denn reibungslos sei der Weg dorthin nicht verlaufen. „Schwierig war vor allem die Größe des Stadtentwicklungsprojekts, die Seestadt ist immerhin so groß wie der siebte und der achte Bezirk zusammen. Wir können daher nicht nur Wohnungen hierherbauen, sondern müssen auch die verkehrstechnische und soziale Infrastruktur bereitstellen“, meinte der Stadtrat.

Bauarbeiter kommen mit der U-Bahn

Man habe jedoch von internationalen Vorgängern gelernt: „Das ist sicher die einzige europäische Baustelle, wo schon die Bauarbeiter mit der U-Bahn zur Arbeit fahren können“, so Ludwig. Derzeit fährt allerdings nur jede zweite U2 tatsächlich bis zur Endstation Seestadt.

Bis 2030 wird sich das ändern - dann sollen auf dem 240 Hektar großen Areal 10.500 Wohnungen entstanden sein und 20.000 Menschen wohnen. Das Interesse sei jedenfalls groß. Alle Wohneinheiten, die bis Jahresende fertig werden, seien schon vergeben. „Am besten interessiert man sich schon in Planungsphase und meldet sich frühzeitig an“, erklärte der Wohnbaustadtrat. Gebaut werden sowohl freifinanzierte, geförderte oder eben von Baugruppen entworfene Wohneinheiten.

Erste Bewohner als „Versuchskaninchen“

Jetzt sind allerdings erst einmal die Versuchskaninchen der Baugruppe „JAspern“ am Zug, sie sollen auch zeigen, wie das Leben in der neuen Stadt vor der Stadt funktioniert. Auch deshalb gibt es vor dem Haus einen „Ideenpool“, einige Kärtchen baumeln schon von den Ästen: Ein Wochenmarkt wird hier gewünscht, viele Bäume schlägt ein anderer Neo-Seestädter vor. Und: Mehr Parkplätze.

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