Welser-Möst verlässt Staatsoper

Dirigent Franz Welser-Möst hat mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt als Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper erklärt. Der Grund sind „Auffassungsunterschiede in künstlerischen Belangen“ mit Staatsoperndirektor Dominique Meyer.

„Es gibt Differenzen über die künstlerische Ausrichtung des Hauses, die nicht von heute auf morgen entstanden sind. Dominique Meyer ist als Direktor die Nummer eins. Er ist ein sehr netter Mensch und hat in künstlerischen Dingen andere Meinungen. Das steht ihm auch zu. Aber dann muss ich die Konsequenzen ziehen“, begründete Franz Welser-Möst seinen Rücktritt.

Rücktritt sei „gereifter Entschluss“

Sein Entschluss sei nicht ad hoc gefasst worden, sondern langsam gereift. „Ich habe den Direktor dann heute Früh um 10.00 Uhr persönlich davon informiert und ihm auch mein Rücktrittsschreiben überreicht. Er hat gefasst und ruhig reagiert. Er hat nichts gesagt“, so Welser-Möst. Über Details der künstlerischen Differenzen wolle er nicht sprechen. „Da geht es um Sänger und Dirigenten, da geht es um den ganzen Bereich, der die künstlerische Ausrichtung des Hauses ausmacht.“

Dominique Meyer (l.) und Franz Welser-Möst

APA/Robert Jäger

Dominique Meyer und Franz Welser-Möst gehen künftig getrennte Wege

Vermittlungsversuche ohne Erfolg

Die Differenzen zwischen Meyer und Welser-Möst eskalierten offenbar in den vergangenen Tagen. Am Donnerstag fand noch ein Vermittlungsgespräch zwischen dem amtierenden interimistischen Bundestheater-Holding-Chef Günter Rhomberg, Meyer und Welser-Möst statt. Es gab aber keine Annäherung. Auch Telefonate, die Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) nach der Bekanntgabe von Welser-Mösts Rücktritt mit diesem sowie mit Meyer und Rhomberg führte, brachten keine Einigung.

Nur vier Jahre währte die Tätigkeit Welser-Mösts als Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper. Im Herbst 2010 war der österreichische Dirigent an der Seite von Dominique Meyer angetreten, bereits im Jänner 2012 war sein Vertrag bis 2018 verlängert worden.

Meyer bedauert Rücktritt

„Mit großem Bedauern“, nahm Meyer die Entscheidung von Welser-Möst an. „Das ist natürlich ein großer Verlust und auch persönlich tut mir dieser Schritt sehr leid, denn ich schätze Franz Welser-Möst als Künstler und Dirigenten sehr. Meine Sorge und erste Aufgabe ist es nun, so rasch wie möglich adäquaten Ersatz für die Aufführungen zu finden, die er 2014/2015 an der Wiener Staatsoper hätte dirigieren sollen. immerhin 34 Vorstellungen, darunter die zwei mit ihm geplanten Premieren von Rigoletto und Elektra“, so Meyer.

Die Entscheidung, mit seinem Rücktritt auch alle für die Saison 2014/2015 vorgesehenen Dirigate und Neuproduktionen zurückzulegen, begründete Welser-Möst damit, „Abstand gewinnen“ zu müssen. „Das kann ich aber nicht, wenn ich ihm Haus bin. Glauben Sie mir: Das ist eine für mich sehr schmerzliche Entscheidung. Gerade nach diesem besonders glücklichen ‚Rosenkavalier‘ in Salzburg fällt es mir nicht leicht, auf die weitere Zusammenarbeit mit diesem Orchester zu verzichten.“

Mit dem Cleveland Orchestra, dessen Chefdirigent Welser-Möst ist, wird er jedenfalls programmgemäß seine Tournee absolvieren und am 13. September in Linz sowie in den Tagen darauf auch im Rahmen einer Residenz Konzerte im Wiener Musikverein und im Konzerthaus bestreiten. „Ich habe ja nichts gegen Wien.“

Welser-Möst beim Neujahrskonzert 2011

APA/Neubauer

Welser-Möst dirigierte 2011 und 2013 das Neujahrskonzert im Musikverein

Steile Karriere als Dirigent

Geboren wurde Welser-Möst am 16. August 1960 als Franz Möst in Linz. Ursprünglich wollte er Geiger werden, die Folgen eines Autounfalls verbauten ihm diesen Weg. Er gab 1985 sein Debüt als Dirigent bei den Salzburger Festspielen, ein Jahr später hob die internationale Karriere mit dem Debütkonzert beim London Philharmonic Orchestra an, dessen Musikdirektor er in Folge wurde.

In den USA dirigierte er erstmals 1989 beim Saint Louis Symphony Orchestra. An der Zürcher Oper stand er erstmals 1992 am Pult und brachte als Musikdirektor 27 Neuproduktionen hervor. 2005 übernahm er dort die Stelle des Generalmusikdirektors. 2002 übernahm der Dirigent das renommierte Cleveland Orchestra. Seit September 2010 war er Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper.

Erfolge mit Neujahrskonzert

Auch als Dirigent des Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker war Welser-Möst in seiner Zeit als Generalmusikdirektor gleich zweimal zu erleben. Erstmals dirigierte er das Klassikevent 2011, 2013 folgte ein Dacapo. Welser-Mösts Vertrag als Chefdirigent des Cleveland Orchestra läuft bis 2018. Im Vorjahr hatte es Aufregung um Welser-Möst gegeben, als er bei einer Aufführung kollabierte - mehr dazu in Welser-Möst in Staatsoper kollabiert (wien.ORF.at; 1.4.2013).

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