U-Bahn-Showmaster sorgt für Sicherheit

„Kommen Sie nach vorne, hier gibt es noch Sitzplätze! Vorne sitzen, hinten schwitzen“, ruft Nikolaus Panzera ins Mikrofon. Mit lustigen Sprüchen dirigiert er die Fahrgäste in der U-Bahn-Station nach Großveranstaltungen im Ernst Happel-Stadion.

Anpfiff zum Spiel „Österreich gegen Schweden“ im Ernst-Happel-Stadion am Montagabend. Rund 48.500 Fans drücken der österreichischen Nationalmannschaft die Daumen. Währenddessen bespricht Nikolaus Panzera mit seinen Mitarbeitern in der U2-Station „Stadion“, wie die Abreise der Fans nach dem Match reibungsfrei ablaufen kann. „Wir rechnen damit, dass bis zu 25.000 Fahrgäste mit der U-Bahn nach Hause fahren wollen“, so Panzera. „Und das in einem Zeitraum von 45 Minuten.“

Wiener U-Bahn-Moderator Nikolaus Panzera

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Gewartet wird in Ruhe vor der Station, innerhalb ist alles in Bewegung

Viel Technik, wenig Personal

Gegen 22.30 Uhr ist das Match aus. Innerhalb von wenigen Augenblicken strömen Menschenmassen auf die U-Bahn-Station zu - mehr dazu in Remis sorgt für gemischte Gefühle (sport.ORF.at). Auf Panzera wartet ein spannender Abend. Als Eventleiter der Wiener Linien ist er für die gesamte Verkehrsabwicklung vor und nach dem Match verantwortlich. Unterstützt wird er von 29 Mitarbeitern und 16 Securities in gelben Warnwesten sowie der Polizei.

Die Einsatzkräfte bleiben gelassen, da die Station - gebaut für die Fußballeuropameisterschaft 2008 - für solche Situationen ausgestattet ist. Wartezeit-Anzeigen werden eingeschaltet, acht Eingänge und drei Gleise werden geöffnet. Die U-Bahnen fahren im Zweiminutentakt. Eine Steuerungsanlage sorgt dafür, dass nicht mehr als 900 Personen auf einen Bahnsteig gelangen.

Wiener U-Bahn-Moderator Nikolaus Panzera

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„Animateur“ Panzera hält die Fahrgäste mit flotten Sprüchen bei Laune

25.000 Fahrgäste in 45 Minuten

Über Monitore in der Stationsüberwachung verschafft sich Panzera einen Überblick über alle Bewegungen in der Station. Dann geht er zum Bahnsteig, greift zum Mikrofon und kümmert sich persönlich als „U-Bahn-Moderator“ um die Fahrgäste. „U-Bahn-Moderator, das ist ein Spitzname, den ich mir erarbeitet habe, weil ich offenbar lustig bin“, so Panzera.

Die besten Sprüche:

  • „Bitte zusteigen. Wir fahren in vier, drei, zwei, eins - gute Fahrt!“
  • „Vorne gibt es die Sitzplätze!“
  • „Am Boden haben wir keine Kosten und Mühen gescheut und eine gelbe Linie aufgezeichnet. Bitte bleibt hinter der Linie!“
  • „Die Fahnen hätte ich gerne am Bahnsteig gesehen und nicht im Gleisbereich, das wäre lieb!“
  • „Kuschelt euch ein bisschen zusammen, wir fahren gleich!“
  • „In diesen Zug passen 900 Fahrgäste, wir fahren erst, wenn 1.000 drin sind!“
  • „Strecken wir alle die Hände nach vorne und begrüßen wir den nächsten Zug mit der Welle. Ohhhhh....“
  • „Bitte einsteigen! Der nächste Zug ist genauso voll!“
  • „Vorne wartet schon meine blonde Kollegin auf euch. Die verrät euch, wie es weitergeht!“

Sicherheit und Effizienz

Es ist tatsächlich amüsant, wenn Panzera die Fahrgäste mit Schmäh dazu animiert, nicht nur im hinteren Bereich des Zuges einzusteigen. Er hat bereits ein Repertoire an Sprüchen, die er immer wieder verwendet. „Wenn ich die Leute darauf hinweisen möchte, dass es vorne noch Sitzplätze gibt, sage ich: vorne sitzen, hinten schwitzen.“

Auch der Spruch „Eine U-Bahn ist kein Adventkalender. Sie können heute alle Türchen gleichzeitig öffnen“, kommt bei Gelegenheit. „Im Prinzip geht es immer darum, dass die Leute gleichmäßig verteilt in den Zug einsteigen, die Türbereiche frei bleiben und der Zug rasch abfahren kann“, so Panzera. Hinter der scheinbaren Unterhaltung, steht der Wunsch nach Sicherheit und Effizienz für den Fahrbetrieb.

Die „Welle“ für den Zug

Manchmal lässt er die Fahrgäste auch die Welle machen, wenn der Zug einfährt. „Die U-Bahn-Fahrer sagen, es ist urleiwand, wenn man die Welle macht - und den Fahrgästen macht es auch Spaß“, so Panzera. Zuletzt bekam er sogar Applaus für seine Unterhaltungsshow.

Manchmal informiert er die Fahrgäste auch rein sachlich. „Ich muss immer abchecken, wie die Leute drauf sind. Wenn sie gut drauf sind, mach ich auch einmal die Welle. Wenn die Stimmung am Kippen ist, dann mache ich das nicht, weil es mir zu gefährlich ist, denn sie stehen ja doch bis ganz vorne an der gelben Linie“, so Panzera.

Wiener U-Bahn-Moderator Nikolaus Panzera

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Alles im Überblick: Panzera in der Stationsüberwachung

„Geiler als jeder Stadionsprecher“

Die scheinbaren Blödeleien kommen bei den Fahrgästen zumeist gut an. „Der Typ ist geiler als jeder Stadionsprecher“, meint ein Fahrgast. „Wie am Oktoberfest“, freut sich ein anderer. „Nach diesem Fußballmatch brauchen wir eh ein bisschen Kabarett und Action“, so ein dritter Fan.

TV-Hinweis:

„Wien heute“, 9.9.2014

Generell ist die Stimmung am Bahnsteig gut, auch wenn Alkohol und das Spielergebnis die Situationen am Bahnsteig stets beeinflussen. „Ihr seid nur ein Möbellieferant, Möbellieferant…“, singen beispielsweise österreichische Fans in Richtung der schwedischen Anhänger. Dennoch verläuft die Abreise friedlich.

Hochsaison für Bahnsteig-Sprecher

Gegen Mitternacht ist der Einsatz abgeschlossen. Panzera zieht gemeinsam mit der Polizei ein positives Resümee: „Es waren viele Fahrgäste vor der Tür, aber mittlerweile haben wir alle gut, sicher und halbwegs pünktlich nach Hause gebracht. Wenn ich auf den Bildschirmen sehe, wie die Leute wie die Ameisen in ständiger Bewegung sind, dann ist das super.“

Panzera hat noch eine intensive Zeit als U-Bahn-Moderator vor sich. Denn in den nächsten beiden Bundesliga-Saisonen werden viele Rapid-Heimspiele im Ernst Happel-Stadion stattfinden - mehr dazu in Faneuphorie über neues Rapid-Stadion (wien.ORF.at; 11.6.2014).

Florian Kobler, wien.ORF.at

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