Wien Museum: Matti Bunzl wird neuer Direktor
Der gebürtige Wiener Matti Bunzl, Jahrgang 1971, wird gewissermaßen eine Baustelle übernehmen. Denn mit der geplanten Generalsanierung des in die Jahre gekommenen Haerdtl-Baus beziehungsweise der Errichtung des Zubaus auf dem Karlsplatz soll ebenfalls in der zweiten Jahreshälfte 2015 begonnen werden.
Mailath: „Glücksfall für Wien“
Bunzl ist derzeit Professor für soziale Anthropologie an der Universität von Illinois und künstlerischer Leiter des „Chicago Humanities Festivals“. Kulturstadtrat Mailath-Pokorny bezeichnete es als „Glücksfall“, dass er für Wien gewonnen werden konnte, „weil er nicht nur diese Stadt, ihre Geschichte und Gegenwart kennt und hier verankert ist, sondern ebenso über weltweite Kontakte in den Bereichen Kunst und Kultur, Wissenschaft und Politik verfügt. Bunzl beweist, dass akademische Seriosität und intellektueller Esprit kein Widerspruch sein müssen“, schwärmte der Kulturstadtrat.
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Bunzl: „Wien Museum wie ein Schatz“
Der designierte Direktor Bunzl betonte bei der Präsentation seine lange Verbindung mit seinem künftigen Haus: „Wenn ich sage: Ich liebe dieses Museum, seit ich Kind bin, dann ist das kein Schmäh.“ Er sei bereits bei Besuchen als Schüler begeistert gewesen, „Stadtgeschichte am Objekt selbst erleben zu können“.
Bunzl weiter: „Für mich ist das Wien Museum ein Schatz, den ich der Wiener Bevölkerung genauso wie den Gästen aus dem In- und Ausland - in Fortführung der großen Leistungen von Wolfgang Kos - erschließen will. Das gilt nicht nur für das erweiterte Stammhaus am Karlsplatz, wo der gesamte historische Rahmen der Stadt dargestellt werden wird, sondern auch für die Dependancen, die es der Institution ermöglichen, in der ganzen Stadt präsent zu sein.“
Zudem wolle er mit einem verstärkt international ausgerichteten „Museum der Gegenwart und Zukunft“ der Frage nachgehen, was es heißt, eine „globale Stadt“ zu sein, und mittels Diskussionen und „Salons“ ein „Labor der Zivilgesellschaft“ etablieren.
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Internationaler positionieren
Außerdem soll das Haus auf dem Karlsplatz internationaler positioniert werden - denn: „Wenn wir verstehen wollen, was an Wien besonders ist, müssen wir den Vergleich mit anderen Weltstädten wie Paris, Berlin oder London ziehen“, so Bunzl. Der künftige Chef strebt „aktive Kooperationen“ an. „Ich kann es kaum erwarten“, zeigte sich der neue Hausherr ungeduldig.
Idee kam ihm in der Aida
Die Idee, sich als Museumschef zu bewerben, kam ihm in seinem Wiener Stammcafe - der Aida in der Praterstraße - gekommen. „Ich bin dort im Februar gesessen und habe in der Zeitung gelesen, dass Direktor Wolfgang Kos bald in Pension geht und ein Nachfolger gesucht wird“, erzählte Bunzl. Seine Pragmatisierung als Professor wird Bunzl für seinen neuen Job im Wien Museum übrigens aufgeben. „Das ist vielleicht gestört, aber manche Möglichkeiten sind zu wichtig, als dass man sich hier windet“, kommentierte er seinen Entschluss heute. Nachsatz: „Die Aida ist Schuld.“
Bunzl wird für fünf Jahre bestellt. Zu seinen Hauptaufgaben gehören die Umsetzung des Um- und Zubaus auf dem Karlsplatz, die Einrichtung einer neuen zeitgemäßen Dauerausstellung, das Erarbeiten neuer Museumsangebote sowie die Beibehaltung der Präsenz des Museums in der Stadt während der Bausphase.
Zum Leben von Matti Bunzl
Matti Bunzl wurde 1971 in Wien geboren. Nach der Matura studierte er Anthropologie an der Stanford University sowie an der University of Chicago, wo er 1998 promovierte. Er ist langjähriges Mitglied der Fakultät der University of Illinois at Urbana-Champaign und seit 2008 Inhaber eines eigenen Lehrstuhls.
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Von 2003 bis 2007 leitete Bunzl das das interdisziplinäre geisteswissenschaftliche Institut „Illinois Program for Research in the Humanities“, das er auch als Kunsthalle bespielte. 2008 übernahm er die Leitung des universitären „Program in Jewish Culture and Society“. Seit 2010 ist Bunzl auch Intendant des „Chicago Humanities Festival“, das alljährlich stattfindet und rund 100 Veranstaltungen umfasst. Bunzl ist zudem Autor und Herausgeber mehrerer Bücher, unter anderem zu Juden in Wien.
50 Bewerbungen
Der Chefposten des Wien Museums war Anfang März neu ausgeschrieben worden. Insgesamt bewarben sich bis Ende April 50 Personen für die Nachfolge von Kos, der sich im Herbst kommenden Jahres in die Pension verabschiedet - mehr dazu in 50 Bewerbungen für Kos-Nachfolge .
Links:
- Wien Museum bleibt am Karlsplatz(wien.ORF.at; 11.11.2013)
- Wien Museum