Diabetiker-Versorgung in Österreich mittelmäßig

Acht Prozent der Österreicher sind zuckerkrank. Doch Österreich schneidet beim Management dieser Krankheit nur mittelmäßig ab. Das ergab der Euro-Diabetes-Index 2014, der am Mittwoch beim Europäischen Diabetes-Kongress in Wien präsentiert wurde.

Österreich liegt unter 30 analysierten Staaten nur auf Rang 13, an der Spitze finden sich Schweden und die Niederlande. Die Vergleichsstudie, zum zweiten Mal nach 2008 von „Health Consumer Powerhouse“ mit finanzieller Unterstützung des US-Pharmakonzerns Merck, Sharp and Dohme (MSD) erstellt, soll den Status von Prävention, Diagnose und Behandlung der Zuckerkrankheit anhand 35 erhobener Indikatoren darstellen.

Sechs Gruppen als Faktoren

Diabetes ist eine chronische Erkrankung, im Fall von Typ-2-Diabetes (nicht insulinabhängige Diabetes) handelt es sich um eine auf der Basis von genetischen Vorbedingungen und Lebensstilfaktoren (falsche Ernährung, mangelnde Bewegung, Übergewicht etc.) langsam entstehende Krankheit, die oft erst entdeckt wird, wenn die ersten Spätschäden schon vorhanden sind.

Die Analysten gruppierten ihre Indikatoren daher in sechs Gruppen und erhoben jeweils den Status in den 30 Staaten: für Prävention, Erstdiagnose, angebotene Betreuung, Zugang zu medizinischer Versorgung, Organisation und Abwicklung der Betreuung der Langzeitpatienten sowie für die erzielten Behandlungsresultate.

„Weltweit leben 382 Millionen Menschen mit Diabetes“

Wie wichtig das ist, belegte die federführende Autorin des Berichts, Beatriz Cebolla: „Weltweit leben 382 Millionen Menschen mit Diabetes. Bei 46 Prozent ist die Krankheit nicht diagnostiziert. In Europa sind es 32 Millionen Diabetiker oder 8,1 Prozent der Bevölkerung. Bei 15 Millionen Betroffenen ist die Krankheit noch nicht diagnostiziert. Jährlich beträgt der Kostenanteil für Diabetes an den Gesundheitsbudgets etwa zehn Prozent.“

Die Resultate sind nicht besonders schmeichelhaft für Österreich. Die Expertin: „Wir sehen drei verschiedene Regionen. In Ländern wie Frankreich, Großbritannien, Schweden, Norwegen, Slowenien und den Niederlanden hat man das Problem erkannt und Maßnahmen ergriffen. Im Mittelfeld liegen Staaten wie Spanien, Portugal und Italien.“ Zu dieser Gruppe gehört auch Österreich. Schlecht schneiden Länder wie Polen, Ungarn und Griechenland ab.

Mit 936 von 1.000 möglichen Punkten liegt Schweden in dem Ranking an der Spitze, gefolgt von den Niederlanden (922), Dänemark (863), Großbritannien (812), der Schweiz (799) und Slowenien (778). Österreich findet sich mit 706 Punkten im Umfeld von Staaten wie Italien (713) und Belgien (700). Deutschland schneidet mit 733 Punkten besser ab. Am Ende der Liste finden sich Bulgarien (473) sowie Litauen (509), Estland (544) und Rumänien (551).

Österreich konnte teils keine Angaben machen

Sieht man sich die Werte für die Indikatorgruppen an, so fällt auf, dass Österreich keinerlei Angaben über jährliche Blutzucker-Einstellungstests (HbA1c-Werte), Kontrolle der Füße von Diabetikern, jährliche Nierenfunktionstests (Mikroalbuminurie), jährliche Tests von Blutfettwerten und Augenhintergrund-Untersuchungen alle zwei Jahre liefern konnte. Organisation und Abwicklung der Diabetikerbetreuung scheinen weitgehend im Dunklen abzulaufen.

Allein ist Österreich in dieser Hinsicht nicht: Nur sieben der 30 Staaten betreiben Diabetes-Register, in die regelmäßig die Kenndaten der Patienten eingetragen werden. Damit fehlen die Informationen für eine objektive Analyse der Qualität der Betreuung. Die Daten werden auch europaweit sehr unterschiedlich erhoben. „Es sieht so aus, als würde es in Europa fast keine Screening-Programme für Personengruppen mit einem hohen Risiko für den Ausbruch von Diabetes geben“, kritisiert der Bericht rund um das Ranking.

„Diabetes gehört auf die politische Tagesordnung“

Sandra Brsec Rolih, selbst Diabetikerin und Repräsentantin der Internationalen Diabetes-Stiftung (IDF): „Die Existenz eines nationalen Diabetes-Registers trennt die besten Länder von Rest der Staaten. Keine Daten - keine Heilung.“ Der Präsident der Österreichischen Diabetes-Gesellschaft, Thomas Wascher, fordert, die Zuckerkrankheit auch in Österreich zu einem öffentlichen Thema zu machen. „In Österreich stirbt alle 50 Minuten ein Mensch an den Folgen von Diabetes. Das sind pro Jahr 10.000 Tote“, betonte Wascher am Mittwoch. „Jene Länder sind gut, in denen Diabetes ein Thema ist. Das gehört also auf die politische Agenda“, so Wascher.

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