Hartmann: „Wie ein Hütchenspiel“

Von vielen Emotionen ist der zweite Verhandlungstag im Prozess des früheren Burgtheater-Direktors Matthias Hartmann gegen seine Entlassung begleitet gewesen. Einige Buchungsvorgänge verglich Hartmann mit einem Hütchenspiel.

Hartmann selbst platzte am Vormittag einmal der Kragen, als ihm vorgeworfen wurde, er habe vom „System Stantejsky“ gewusst und sei daran beteiligt gewesen. „So ein Schwachsinn!“, rief der Ex-Direktor, der ein andermal den Zeigefinger Richtung Ex-Holding-Chef Georg Springer erhob und zischte: „Nicht lügen! Nicht lügen!“. Konsequenterweise bat Hartmann nach der Mittagspause darum, dass Springer während seiner Einvernahme den Raum verlasse, was dieser auch tat.

Sätze wie „Wir wollen uns jetzt alle wieder beruhigen!“, „Sie wissen schon, dass wir das Verfahren irgendwie effizient führen müssen“ oder „Um weitere Verzögerungen zu vermeiden, unterlassen Sie es bitte, zu unterbrechen“ seitens der Richterin Kristina Heissenberger konnten die aufgeheizte Situation immer nur kurzfristig beruhigen.

HArtmann Springer

APA/HERBERT NEUBAUER

Hartmann im ORF-Interview vor dem Prozess

Nicht versteuerte Honorare als Entlassungsgrund

Als designierter Burgtheaterdirektor hatte Hartmann seiner Angabe zufolge von Frühsommer 2006 bis Ende August 2009 Vorbereitungshonorare in Höhe von 273.000 generiert, davon aber nur 110.000 Euro an sich genommen. Den Rest habe er auf Vorschlag der kaufmännischen Verantwortlichen Silvia Stantejksy an der Burg „geparkt“, da sie ihm versichert habe, er könne sich das Geld „holen, wenn du es brauchst“. Nach seiner Entlassung habe Stantejsky zugegeben, dass sie es veruntreut habe, behauptete Hartmann.

Dass Hartmann die Honorare nicht versteuerte, war ein wesentlicher Grund, weswegen er entlassen wurde. Diese Steuerschuld bezeichnete er im Prozess immer wieder als „Privatangelegenheit“, die Versteuerung habe er „vor mir hergeschoben, weil es nicht in meinem vorderen Bewusstsein war.“ Stantejsky habe mit dem Geld verschiedene Buchungsvorgänge vorgenommen. Irgendwann hätte er ihr gesagt „mir raucht der Kopf vor lauter Zettelwerk“, so Hartmann. Stantejsky habe dann eine Zusammenfassung erstellt: „Das war wie ein Hütchenspiel.“

„Keine Gelegenheit zu Stellungnahme“

Ein weiterer Entlassungsgrund war offenkundig ein vier Tage vor seiner Entlassung bekannt gewordener Beleg, demzufolge Hartmann von Stantejsky im Juli 2009 233.000 Euro in bar erhalten haben soll, weil er damals noch kein Konto in Wien hatte. Laut Hartmann handelt es sich bei diesem Beleg um ein „falsches Dokument“, wie er mit Nachdruck in seiner ausführlichen Einvernahme betonte.

Unter dem Eindruck dieses Papiers sei seine bis dahin durchaus freundschaftliche Beziehung zu Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) „schlagartig vereist“, sagte Hartmann. Ostermayer habe sich bis dahin „stets an meine Seite gestellt“. Der falsche Beleg habe dazu geführt, „dass ein Minister, der vor der Presse gut da stehen will, der die Öffentlichkeit sucht, von mir wegspringt, als hätte ich die Lepra“.

Ostermayers Verhalten schien Hartmann nach wie vor sichtlich im Magen zu liegen. „Es wäre ein Gebot der Fairness gewesen, wenn er mich gefragt hätte, ob die Vorwürfe gerechtfertigt sind“, hielt der Ex-Burgtheater-Direktor fest. Das sei unterblieben. Ostermayer habe ihm keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und ihn „gefeuert“.

Garantie für Haus ohne Schulden

Die Details seines Vertrags - darunter auch das Gehalt - habe er mit Bundestheaterholding-Chef Georg Springer besprochen und vereinbart, berichtete Hartmann. Der grobe Rahmen sei bereits festgelegt gewesen und habe sich am Vertrag seines Vorgängers Klaus Bachler orientiert.
Man habe ihm dabei schon im Vorfeld „garantiert, dass das Haus keine Schulden hat“, betonte Hartmann. Das sei ihm wichtig gewesen, „gerade wenn es darum geht, ob man ein Theater übernimmt und nicht klar ist, ob die Basisabgeltung ausreicht, für das, was man mit dem Haus vor hat“.

Seine Verlängerung durch Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ), die am 1. September 2014 in Kraft treten sollte, habe er „per Mail und dann per Boten durch Post bekommen“, so Hartmann weiter. Nach Auffassung von Hartmann hätte er erst ab Inkrafttreten seiner fünfjährigen Verlängerung im Herbst 2014 vom Kulturminister abberufen werden können. Vorher wäre nach seinem Dafürhalten dafür der Bundeskanzler zuständig gewesen. Hartmann war am 11. März 2014 von Schmieds Nachfolger Josef Ostermayer seines Amtes enthoben worden.

An Gespräche über eine leistungs- und erfolgsorientierte Tantiemen ab der Saison 2014/2015 in Höhe von zehn Prozent zusätzlich zu seinem Gehalt könne er sich nicht mehr erinnern, stellte Hartmann fest. „Ehrlich gesagt war ich so aufgeregt, dass ich es nicht verstanden habe“, erklärte Hartmann zu den insgesamt drei Entlassungsschreiben, die man ihm auf den Tisch gelegt habe. Man habe „mir nicht klar sagen können, warum ich entlassen werde“. Auf Anraten seines Anwalts habe er sich entschieden, „dagegen anzugehen“. Er halte die Entscheidung des Ministers „für ungerecht und falsch“.

Anwalt: Kontrollfunktion vernachlässigt

Hartmanns Anwalt Georg Schima wiederholte am Mittwoch, dass seiner Ansicht nach „für eine berechtigte Entlassung die Weiterbeschäftigung auch nur für kurze Zeit unzumutbar gewesen sein muss. Diese Unzumutbarkeit war offenbar nicht gegeben, wenn das Burgtheater Matthias Hartmann einerseits nicht ordnungsgemäße Versteuerung vorwirft und andererseits als Nachfolgerin mit Frau Bergmann jemanden bestellt, von der bekannt und eingestanden ist, dass sie bar bezogenes Vertretungshonorar nicht versteuerte.“

Burgtheater-Anwalt Bernhard Hainz konterte mit schweren Geschützen. Hartmann sei nicht entlassen worden, „weil er mehr oder weniger nicht Bilanzen lesen kann“, sondern weil er seine Verantwortung als Geschäftsführer nicht wahrgenommen habe. Der Burgtheater-Direktor habe nicht nur seine Überwachung- und Kontrollfunktion vernachlässigt, sondern sich am „Verschleierungssystem“ der kaufmännischen Geschäftsführerin Silvia Stantejsky „beteiligt“, hielt Hainz fest. „So ein Schwachsinn“, meldete sich Hartmann daraufhin erstmals mit einem Zwischenruf zu Wort.

Entlassung für Hartmann „unwirksam“

Hartmann hatte nach seiner Entlassung im März über seine Anwälte Klage beim Arbeits- und Sozialgericht (ASG) einreichen lassen. Für ihn ist die Entlassung „unberechtigt“ und „unwirksam“. Zudem hätte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) der Abberufung zustimmen müssen.

Die von Hartmann verlangten rund zwei Millionen Euro setzen sich aus der Kündigungsentschädigung, offenen Gagen sowie Zahlungen aus seinem bis Ende August 2019 abgeschlossenen Vertrag zusammen. Für die Bundestheater-Holding auf der anderen Seite war die Entlassung gerechtfertigt, weil Hartmann seit 2009 Kenntnis von der Schwarzgeldpraxis der bereits im November entlassenen Stantejsky gehabt und davon auch selbst profitiert habe.

Zweites Verfahren derzeit geschlossen

Das zweite Verfahren, das die Bundestheater gegen Hartmann angestrebt haben, ist derzeit geschlossen. In diesem Verfahren klagt das Burgtheater gegen die 2012 erfolgte Vertragsverlängerung von Hartmann. Hätte es vom Finanzdebakel bereits Kenntnis gegeben, wäre der Vertrag nicht verlängert worden, so die Position der Burg. Die erste Tagsatzung endete im Juni jedoch mit einer vorläufigen Schließung des Verfahrens.

Ebenfalls gegen ihre Entlassung kämpft Ex-Geschäftsführerin Silvia Stantejsky. Die nächsten Tagsatzungen am ASG finden am 6. und 8. Oktober statt.

Links: