Falter: „Sexueller Missbrauch in Justizanstalt“

Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von weiblichen Häftlingen in der Justizanstalt Josefstadt hat sich erhärtet. Das berichtet die Zeitung „Falter“ und beruft sich dabei auf einen Abschlussbericht des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK).

Unter Missbrauch des Autoritätsverhältnisses sollen Gefangene in Jausenräumen, Putzkammern und Wachzimmern sexuell ausgebeutet worden sein. Dem „Falter“ liegen Zeuginnenaussagen vor, die auf jahrelangen und systematischen Missbrauch schließen lassen.

Gefangene: „Augen zu und durch“

So hätten Insassinnen gebangt, Besuchsrechte von Kindern oder Vergünstigungen in der Haft zu verlieren, wenn sie nicht mit Beamten schlafen. „Ich wusste, was er wollte, ich wusste nicht, was ich tun sollte“, erzählte eine Insassin. Das Motto unter den Gefangenen lautete „Augen zu und durch“. Laut „Falter“ wurde bisher nur eine Konsequenz vollzogen, und zwar die Beamtin, die den Fall aufdeckte, in eine andere Anstalt versetzt.

Justizanstalt Josefstadt

ORF.at/Patrick Wally

Häftlinge der Justizanstalt sollen zu sexuellen Handlungen genötigt worden sein

Bericht liegt bei der Staatsanwaltschaft

Im größten Gefängnis des Landes wird bereits länger ermittelt, 2012 war eine Anzeige eingelangt. Im Abschlussbericht ist nun von „psychischem Druck“ eines Beamten auf Frauen die Rede. Dieser versieht weiterhin Dienst in der Justizanstalt - mehr dazu in Häftlinge angeblich zu Sex genötigt (wien.ORF.at; 17.9.2013).

Sendungshinweis

Das Ö1-Mittagsjournal hat Peter Prechtl von der Vollzugsdirektion und Christian Pilnacek aus dem Justizministerium mit den Vorwürfen konfrontiert - mehr dazu in Sexuelle Ausbeutung im Gefängnis (oe1.ORF.at).

Der Vollzugsdirektion liegt der Abschlussbericht noch nicht vor. Bisher hätten sich keine Gründe ergeben, eine Suspendierung auszusprechen, sagte Peter Prechtl, der Leiter der Vollzugsdirektion. Allerdings werde man, „wenn sich das Szenario verdichtet, schnell reagieren und die notwendigen Schritte setzen“. Dann können „dienstrechtliche Schritte“ gesetzt werden. Jedenfalls sei der Beamte „nicht im Frauenvollzug eingeteilt“, so Prechtl.

„Wir haben den Bericht noch nicht in den Händen“, sagte auch Sektionschef Christian Pilnacek vom Justizministerium. Über das weitere Vorgehen müsse jedenfalls die Staatsanwaltschaft entscheiden. Dort sei der Abschlussbericht im Juni eingelangt, sagte Staatsanwaltschaftssprecherin Nina Bussek. „Inzwischen waren aber weitere Bearbeitungen erforderlich.“ Derzeit werde an der Erledigung gearbeitet. Bussek: „Es wird dann im Wege der Oberstaatsanwaltschaft ein Vorhabensbericht dem Bundesministerium für Justiz übermittelt.“

NEOS verlangt Aufklärung

NEOS-Justizsprecherin Beate Meinl-Reisinger verlangt die sofortige Aufklärung der neuen Vorwürfe und eine Stellungnahme von ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter. Dienstrechtliche Folgen seien das Mindestmaß an notwendigen Konsequenzen.

„Brandstetter richtet immer neue Arbeitsgruppen ein, aber er muss jetzt sofort handeln und die zuständigen Beamten suspendieren“, so Meinl-Reisinger. „Es wurden zum Beispiel in den letzten fünf Jahren sieben Strafanzeigen gegen Justizwachebeamten von Untergebrachten eingebracht und es gab kein einziges Disziplinarverfahren. Wie kann das sein? Offenbar ist das Justizministerium nicht ernsthaft interessiert daran, gegen diese Beamten vorzugehen.“

Causa Stein: Prämie für Kommandanten

Der „Falter“ berichtet zudem über die Ermittlungen betreffend Misshandlungen von Insassen in den Anstalten Stein und Suben. So sollte jener Abteilungskommandant der für den nach Verwesung riechenden Insassen Wilhelm S. zuständig war, vom Justizministerium mit einer Prämie für „besondere Verdienste“ ausgezeichnet werden, obwohl die Staatsanwaltschaft gegen ihn noch wegen „Quälens eines Gefangenen“ ermittelt. Brandstetter stoppte die Auszahlung - mehr dazu in Mehr Personal für Justizanstalt Stein (noe.ORF.at; 9.10.2014).

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