Lebenslange Haft wegen Herzstichs

Ein 72-Jähriger ist am Dienstag zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Er soll im Cafe Pronto in Meidling einen Mann wegen 11,60 Euro mit einem Herzstich getötet haben. Der Mann kommt in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Die Geschworenen entschieden mit 6:2 Stimmen für Mord. Der Angeklagte meldete Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an, das Urteil ist daher nicht rechtskräftig. Der 72-Jährige habe bereits zum zweiten Mal aus nichtigem Anlass ein Leben ausgelöscht, sagte die Richterin in ihrer Urteilsbegründung.

Der Mann weist 19 Vorstrafen in Österreich, Deutschland, Spanien und der Schweiz auf und verbrachte wegen Totschlags, schweren Raubes und Drogenhandels insgesamt mehr als 30 Jahre in diversen Gefängnissen. Zuletzt war er Anfang Februar 2014 in Irland aus einer sechsjährigen Freiheitsstrafe wegen Drogenhandels entlassen und nach Österreich abgeschoben worden. Keine zwei Monate später kam es zur Bluttat.

Prozess Herzstich

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Der Angeklagte am Dienstag vor Gericht

„Kann mich an nichts erinnern“

„Zuerst einmal möchte ich sagen, dass mir der Tod leidtut. Zum anderen möchte ich sagen, dass die Aggression ausschließlich von ihm ausgegangen ist“, stellte der Angeklagte vorweg klar. Vor den Geschworenen gab der abgebrüht wirkende Mann an, sich an nichts mehr erinnern zu können. Er wisse nicht einmal mehr, dass er das Lokal betreten habe: „Das Nächste, was ich weiß, ist im Spital, wo ich am Kopf genäht worden bin.“

Laut Gutachten hatte der Angeklagte zum Tatzeitpunkt 3,07 Promille Alkohol im Blut. Er soll aber an Alkohol gewöhnt gewesen sein und sich keineswegs in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand befunden haben. Seine Steuerungsfähigkeit sei „vermindert, aber nicht aufgehoben“ gewesen, so die Expertise der Gerichtspsychiaterin. „Ich bin der Meinung, die Frau Sachverständige erstellt ein Gefälligkeitsgutachten“, nahm der Angeklagte dazu Stellung.

Ein Runde Schnaps um 11,60 Euro als Streitgrund

Der 72-Jährige betrat in der Nacht auf den 26. April des heurigen Jahres gegen Mitternacht das Lokal setzte sich neben den Tisch, an dem das spätere Opfer mit einigen Begleitern zechte. Der Verdächtige und der 42-Jährige kamen ins Gespräch, es wurde eine Runde Schnaps bestellt.

Als die Kellnerin um 2.00 Uhr in der Früh die Sperrstunde ausrief, warteten alle darauf, dass der Angeklagte - wie von ihm angekündigt - die offene Runde übernehmen würde. Doch der Mann weigerte sich, die 11,60 Euro für den Schnaps zu bezahlen. Nach einem verbalen Streit versetzte der 42-Jährige dem 72-Jährigen einen Stoß, worauf dieser samt dem Stuhl zu Boden stürzte. Der schwer alkoholisierte Mann kam nicht mehr von selbst auf die Beine, so dass ihm das spätere Opfer auf Bitte der Kellnerin unter die Arme griff, ihn hochzog und aufforderte, das Lokal zu verlassen.

In dieser Situation zückte der Angeklagte plötzlich ein Klappmesser und versetzte dem 42-Jährigen gemäß der Anklageschrift wortlos einen wuchtigen Stich ins Herz und einen zweiten in den Bauch.

Tatort

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Der Tatort in Meidling

Der Schwerverletzte rief noch, man möge die Rettung verständigen, während der Verdächtige sein Messer zusammenklappte, in die Hosentasche steckte und das Cafe verließ. Infolge des massiven Blutverlusts starb das Opfer wenige Stunden später im Spital an einem Herz-Kreislauf-Versagen. Der Tatverdächtige konnte von der Polizei unweit des Lokals in einem Gebüsch aufgegriffen werden, wo er sich zu verstecken versucht hatte - mehr dazu in 72-Jähriger erstach Lokalgast.

Verteidigerin: „Musste sich verteidigen“

Die Staatsanwältin forderte in ihrem Schlussvortrag die Geschworenen auf, den Mann wegen Mordes schuldig zu sprechen und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen. Der Angeklagte habe sich im Cafe Pronto „für das Todesurteil für sein Opfer entschieden“ und sicher nicht im Zustand der vollen Berauschung gehandelt.

„Es war kein Mord. Mord verlangt Mordvorsatz. Aufgrund seiner schweren Alkoholisierung war er nicht in der Lage, einen solchen Vorsatz zu fassen“, hielt dem die Verteidigerin entgegen. Ihr Mandant sei angegriffen worden und habe sich „offenbar aus Angst um sein Leben verteidigen müssen“. Der ums Leben gekommene 42-Jährige hatte als Installateur gearbeitet. Eine 14-jährige Tochter aus einer vorangegangenen und zwei Kinder aus seiner aktuellen Beziehung - sechs und vier Jahre alt - wurden zu Halbwaisen.