Vielseitiger Einsatz von Postkarten

Öffentliche Liebesbriefe und Werbung für Schausteller: Die Ausstellung „Format Postkarte. Illustrierte Korrespondenzen, 1900 bis 1936“ beleuchtet bis 13. Februar 2015 die Postkarte als Kunstform, Kommunikationsmittel und Sammelobjekt.

Die Postverwaltung erfand sie, um ein einheitliches Format für kurze Mitteilungen zu billigen Tarifen durchzusetzen. Doch die Benützer zeichneten oder klebten Bilder darauf und starteten so um 1900 eine Erfolgsgeschichte: Millionen illustrierte Postkarten wurden allein in Österreich verschickt und landeten schlussendlich oft in Sammelalben. Heute machen diese Privatsammlungen Reiserouten nachvollziehbar oder erzählen den Verlauf von Liebesgeschichten.

Familienaustausch via Postkarte

So können die Besucher der Ausstellung „Format Postkarte. Illustrierte Korrespondenzen, 1900 bis 1936“ bis 13. Februar 2015 unter anderem Zeugen des Entstehens und Werdens der Liebesgeschichte von Helene M. werden. Ihre Postkartensammlung ist jedoch nur ein Teil der Ausstellung. Denn in unterschiedlichen Stationen rücken jeweils andere Aspekte der Postkarte ins Blickfeld: Vom Kommunikationsmittel und Sammelobjekt über die Kunstform und Werbung bis zur Raubkopie und Sonderform.

„Format Postkarte“: Bis 15. Februar 2015 im Photoinstitut Bonartes

„Man sandte einander nicht nur Urlaubsgrüße oder Geburtstagswünsche, sondern tauschte aktuelle Nachrichten, verabredete sich und dankte für erhaltene Briefe“, heißt es von den Kuratoren Monika Faber, Eva Tropper und Timm Starl. Diese Praxis veranschaulichen zum Beispiel rund 4.000 Postkarten der Familie Schaukal, die „ganz intensiv per Postkarte kommuniziert hat“, sagt Michael Ponstingl, Verantwortlicher für die Fotogeschichten. „Ein Film visualisiert in der Ausstellung mit Pfeilen, wo die Familienmitglieder gewohnt haben und wie kommuniziert wurde.“

Schausteller warben mit Postkarten

Doch die täglichen sechs bis sieben Postzustellungen damals in Wien ermöglichten nicht nur eine rasche Kommunikation: Das Format bot sich auch als Experimentierfeld für alle möglichen technischen Innovationen an. Das in der Ausstellung gezeigte Spektrum reicht von Lithografie und Lichtdruck über Originalfotografien bis zu Heliochromie und Reliefdruck. Die Sujets waren mannigfaltig, die massenhafte Verbreitung attraktiv, so die Kuratoren.

Tänzerin in Kostüm

© Theatermuseum, Wien

Postkarte von Helly Graf: Sopranistin und Tänzerin

Die Nutzung des Bildträgers war vielfältig, für private Experimente ebenso wie als kommerzielles Werbemittel. „Der Bestand einer Theateragentur der 1920er und 30er Jahre zeigt, dass Schausteller, Hundedresseure etc. mit Postkarten Werbung gemacht haben“, erzählt Ponstingl. Auch der Kunstfotograf Rudolf Koppitz nutzte sie 1936 für diesen Zweck. Er bot den Besuchern seiner Ausstellung an, die Bilder im Taschenformat mit nach Hause zu nehmen.

Champagneretiketten mit Grüßen

Die Postkarte im Standardformat 14 x 9 Zentimeter wurde 1878 festgelegt. Daneben hat sich jedoch eine Kultur an Sonderformaten etabliert. Zu sehen sind verschiedene Formen von Faltkarten, eine sogenannte „Riesenkarte“, Sonderformen als Oval, als Henkelbecher und auch als Postkarten verwendete Champagneretiketten.

Das Photoinstitut Bonartes hat sich die Erforschung, Bewahrung und Vermittlung historischer Fotografie von deren Anfängen bis in die 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts zur Aufgabe gemacht. Zur Ausstellung erscheinen in der „new academic press“ zwei Publikationen von Eva Tropper und Timm Starl: „Format Postkarte. Illustrierte Korrespondenzen, 1900 bis 1936“ und „Identifizieren und Datieren von illustrierten Postkarten“.

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