Österreichs größte Fotoschau gestartet

Weltkriege, Eiserner Vorhang, Jugoslawien-Krieg: Die größte Fotoausstellung Österreichs, „Eyes On“, zeigt bis 30. November 175 Fotoprojekte an verschiedenen Ausstellungsorten in Wien. Das „Memory Lab“ macht den Auftakt.

Ein idyllischer Wald mit einem Teich in der Mitte. Ein schwarzer Balken durchteilt das Bild. Seinetwegen sieht man das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau in der Ferne nicht. Es wäre heute der einzige Hinweis auf die Geschehnisse hier in der Vergangenheit. „Die Asche von ermordeten Juden wurde in den Teich gestreut und von diesem verschluckt“, erklärt die Künstlerin Tatiana Lecomte.

Wald mit Teich in der Mitte, schwarzer Balken in der Mitte des Bildes

© Tatiana Lecomte/Bildrecht 2014

Teich beim Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau

Brotfabrik ist Hotspot der Fotografie

Es sind Bilder wie jenes von Tatiana Lecomte, die im Zentrum von „Eyes On - Monat der Fotografie“ stehen. Es ist die bereits sechste Ausgabe des Festivals. „Die Jury hat 175 Fotoprojekte aus rekordverdächtigen 300 Einreichungen ausgewählt. Die Zahl ist ein schöner Zufall, da auch 175 Jahre Fotografie gefeiert werden“, sagte Festivaldirektor Thomas Licek.

Ganz Wien ist bis 30. November Ausstellungsort für Fotografien. Mehr als 650 beteiligte nationale und internationale Künstlerinnen und Künstler können von Kulturbegeisterten beim größten Fotofestival des Landes an den unterschiedlichsten Orten besucht werden. Die Liste reicht von der Albertina über das KunstHausWien, das Naturhistorische Museum und das Wien Museum bis zu zahlreichen Galerien zeitgenössischer Kunst. Die Brotfabrik ist mit insgesamt acht Ausstellungen einer der Hotspots des Festivals.

Gemeinschaftsausstellung in acht Städten

„Es wurde kein Thema vorgegeben, aber ‚Erinnerung‘ spiegelt sich in vielen Arbeiten wider“, sagt Licek. So widmen sich gleich mehrere Ausstellungen dem Gedenkjahr 2014 und bearbeiten die Jahrestage markanter Ereignisse: zwei Weltkriege, Zerfall in Ost und West, Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien. Exemplarisch wählen die acht Partnerstädte von „Eyes On“ - Wien, Berlin, Bratislava, Budapest, Ljubljana, Luxemburg, Paris und Athen - den Untertitel „Photography Challenges History“ für die Gemeinschaftsausstellung „Memory Lab“.

Steven Cohen provoziert in Innenstadt

„Memory Lab“ ist in allen Partnerstädten zu sehen. Die Zugänge und Methoden, die die Fotografen darin für die Auseinandersetzung mit den größtenteils schmerzvollen Ereignissen wählen, sind sehr unterschiedlich. So entscheidet sich der Performancekünstler Steven Cohen für Provokation: Nackt – bis auf eine Gasmaske als Lendenschutz, Plateauschuhe und einen Davidstern – putzte er mit einer Zahnbürste den Heldenplatz. Die entstandenen Fotografien sollen an jene Juden erinnern, die während des Zweiten Weltkriegs gedemütigt wurden.

Memory Lab. Photography Challenges History: bis 21. März 2015 im MUSA

„Viele Künstler verwenden aber auch persönliche oder gefundene private Bilder und wählen so den Weg über die eigene Geschichte“, erklärt Kuratorin Gunda Achleitner. Die Slowenin Marija Mojca Pungercar und der Ungar Marcell Esterhazy stellen Bildern aus dem Familienalbum aktuelle Aufnahmen gegenüber. „Die ausgewählten Arbeiten verdeutlichen, dass Geschichte stets aus mehreren Komponenten besteht: Dem Geschehen an sich, seiner Rekonstruktion und letztlich aus uns, die Vergangenes aus dem Heute zu verstehen versuchen.“

Schaufenster als Mahnmale

Auch abseits des MUSA spiegeln sich Jahrestage schwerwiegender Geschehnisse in Ausstellungen wider. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs beschäftigt sich etwa die Künstlerin Christa Biedermann. In ihrer Schau in der Bezirksvorstehung Mariahilf zeigt sie gefundene Bilder vom Bruder ihrer Großmutter. Nadine Krier präsentiert im Studio im Rahmen ihre Bilder vom Fall der Berliner Mauer, die sie als 16-Jährige aufgenommen hat.

Menschen auf der Straße

© Christa Biedermann

Fotografie aus Christa Biedermanns Schau

Das Erinnern hat auch in „Vienna Windows – Auslage in Arbeit“ einen großen Stellenwert. Hanna Schimek und Martin Frey dokumentieren darin Auslagen von Geschäften in Wien, „die wegen Gentrifizierung, steigenden Mieten und Stadtpolitik zu verschwinden drohen“, sagt Schimek. In der Wienbibliothek ergänzen ein nachgebautes Schaufenster und eine Vitrine mit gefunden Utensilien die Fotografien.

Wiederholung 2016 fixiert

„Eyes On“ findet alle zwei Jahre im November statt. 2004 erstmals durchgeführt, dient es als Plattform zur Förderung des Mediums und der damit beschäftigten Künstler, Fotografen und Institutionen. 2012 sahen 385.000 Besucher die Wiener Ausstellungen im Rahmen des Monats der Fotografie. Die Wiederholung 2016 ist laut Licek schon fix.

Als Gründungsmitglied des European Month of Photography (EMoP) arbeitet Wien eng mit den Festivals in den Partnerstädten zusammen. „Memory Lab“ ist die fünfte Gemeinschaftsausstellung des EMoP. Die Ausstellung im MUSA läuft bis 21. März 2015.

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