Umstrittener Regisseur Gustav Ucicky im Fokus

Der Wiener Kameramann und Filmregisseur Gustav Ucicky (1899 - 1961) gilt als umstritten. Das Filmarchiv Austria will ab Donnerstag zeigen, dass die Beschäftigung mit seinem Leben und Werk aber nicht auf die bloße Frage „Nazi oder nicht?“ zu reduzieren ist.

„Professionalist und Propagandist“ heißt die über 500-seitige Publikation von Christoph Brecht, Armin Loacker und Ines Steiner, die am Donnerstag zur Eröffnung der bis 11. Jänner 2015 dauernden Ucicky-Retrospektive im Wiener Metro Kinokulturhaus vorgestellt wird. Umfassende Restaurierungs- und Rekonstruktionsarbeiten ermöglichen eine Auseinandersetzung mit seinem Filmschaffen, das 1919 begann und bis 1960 reichte. Eröffnungsfilm der Retrospektive ist „Der Postmeister“ (1940).

Filmemacher Gustav Ucicky

Ursula Ucicky/Filmarchiv Austria

Provokative Stummfilme wenig bekannt

Ucicky bleibt mit Filmen wie „Cafe Elektric“ (1927, mit Marlene Dietrich und Willi Forst), „Die Sklavenkönigin“ (1924) und „Die Pratermizzi“ (1927), vor allem aber mit NS-Propagandafilmen wie „Heimkehr“ (1941, mit Paula Wessely) in Erinnerung.

Veranstaltungshinweise

  • Retrospektive Gustav Ucicky. Filme von 1921 bis 1960. 20. November 2014 bis 11. Jänner 2015 im Metro Kinokulturhaus, Wien 1, Johannesg. 4
  • Symposium Gustav Ucicky, 22. und 23. November im Metro Kinokulturhaus, freier Eintritt, Anmeldung: 01 / 216 13 00.

„Wenig bekannt sind Ucickys freche und provokative Stummfilme, weithin vergessen die nach 1945 gedrehten Genrestücke, die in ihrer Gesamtheit eine Chronik des in den Wirtschaftswunderjahren herrschenden Zeitgeschmacks bieten“, so der Filmwissenschaftler Christoph Brecht, der aber beim neuen, „unverkrampften Blick auf Ucickys Filme“ nichts beschönigen will: „Gustav Ucicky war ein Opportunist, der sich von den Nazis in Dienst nehmen ließ und ihnen zuverlässig Qualitätskino mit großem Publikumszuspruch lieferte.“

„Kritische Neubetrachtung längst überfällig“

„Seine Regiearbeiten bauen auf emotionale Effekte und bewusst subjektiv gehaltene Personencharakterisierung, in denen zumeist persönlicher Opferbereitschaft im Dienste patriotischer Ideale gehuldigt wird“, schreiben Filmarchiv-Leiter Ernst Kieninger und sein Mitarbeiter Günter Krenn. „Das Werk von Gustav Ucicky heute wieder zu betrachten lädt ein, Bildsprache richtig lesen zu lernen. Beschönigung ist unangebracht, eine kritische Neubetrachtung seiner Person und Arbeit dagegen längst überfällig.“

Möglich wurde diese Aufarbeitung durch Unterstützung der Klimt-Foundation, die von Gustav Ucickys letzter Ehefrau Ursula Ucicky gegründet wurde. Gustav Ucicky war unehelicher Sohn eines Klimt-Modells, der Wäscherin Maria Ucicka, und des Malers Gustav Klimt.

Symposium „Zwischen Propaganda und Unterhaltung“

Am Wochenende beschäftigt sich ein Symposium mit Ucickys Werk „Zwischen Propaganda und Unterhaltung“. Dabei sollen die Arbeiten Ucickys auch als „Erzählungen zur Mentalitäts- und Zeitgeschichte Österreichs“ gedeutet werden. Am ersten Tag spricht etwa Ines Steiner unter dem Titel „Mir tut das Mutterkreuz so weh“ über Ucickys Frauenbilder und beleuchtet Felix Moeller die Filmproduktionsfirmen im Dritten Reich. Am Sonntag befassen sich unter anderen Christoph Brecht mit „Propaganda und Widerspruch in Ucickys NS-Filmen“ und die Politikwissenschafterin Tamara Ehs mit „Staatskünstler/innen zwischen Amnesie und Amnestie“.

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