Razzia: Festnahme im Gemeindebau

900 Polizisten, 13 Festnahmen: Das ist das Ergebnis einer Großrazzia gegen mutmaßliche Dschihadisten in Wien, Graz und Linz. In einem Gemeindebau in der Donaustadt wurde der Hauptverdächtige - ein mutmaßlicher Hassprediger - festgenommen.

Seit zwei Jahren soll der Mann in dem riesigen Gemeindebau in der Donaustadt gelebt haben. In den frühen Morgenstunden wurde der gebürtige Serbe am Freitag von Cobra-Beamten in seiner Wohnung im siebenten Stock festgenommen. Die Nachbarn bekamen von dem Einsatz gar nichts mit, schildern sie gegenüber „Wien heute“.

Einen Bericht über die Razzia sehen Sie in „Wien heute“, 19.00 Uhr in ORF 2 und in der ORF TVthek.

Verdächtiger wollte nach Syrien

Der Mann, der unter dem Namen „Ebu Tejma“ aufgetreten sein soll, verbreitet auf YouTube-Videos seit Jahren seine Botschaften. Laut bosnischen Medienberichten handelt es sich dabei um einen Mann, der in der serbischen Kleinstadt Tutin im Sandschak geboren worden sei, jedoch später der Wahhabiten-Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina angehört habe. Ihm wird vorgeworfen, Kämpfer für die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS)rekrutiert zu haben. Er soll sogar ein wichtiges Sprachrohr des IS in Europa sein. Angeblich wollte er sich nach Syrien absetzen, die Polizei kam ihm aber zuvor.

Vor Gericht hatte sich der Prediger medienrechtlich gegen den Vorwurf gewehrt, er habe die beiden minderjährigen Mädchen angeworben, die in Syrien vermutet werden - mehr dazu in Prozess: Wiener Imam kein „Hassprediger“.

„Steht für Pop-Dschihadismus“

Claudia Dantschke, Islamismus-Forscherin in Berlin, nannte Ebu Tejma gegenüber der „Presse“ den „geistigen Brandstifter, der Jugendlichen die religiöse Legitimation gegeben hat, nach Syrien zu gehen“. Der Prediger gehöre „zur militanten Kameradschaftsszene, steht für das Phänomen des Pop-Dschihadismus. Und er hat durchaus eine Relevanz im deutschsprachigen Raum.“ Zudem habe er „Verbindungen nach Ex-Jugoslawien - er selbst hat ja einen serbisch-bosnischen Hintergrund. Da ist er sicher ein Dreh- und Angelpunkt.“

Der 32-jährige Vater von fünf Kindern soll in einem Gebetsraum in der Venediger Au gepredigt haben. Auch dort fand am Freitag eine Razzia statt, ebenso wie am Währinger Gürtel und auf der Thaliastraße. Die Verdächtigen aus Wien wurden angeblich in das Polizeianhaltezentrum auf der Roßauer Lände gebracht. Von der Staatsanwaltschaft Graz, unter deren Federführung die Polizeioperation lief, gab es keine Bestätigung der Festnahmen.

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Razzia im Gemeindebau

16 Einvernahmen, 13 Festnahmen

Grundlage für das Einschreiten der Polizei waren Ermittlungsergebnisse des Verfassungsschutzes. Zahlreiche Hausdurchsuchungen wurden im Rahmen der Aktion, die um 4.00 Uhr früh startete, durchgeführt und insgesamt 16 Personen zur Einvernahme vorgeführt. Letztendlich wurden 13 Personen festgenommen, hieß es - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Bei den Hausdurchsuchungen seien unter anderem terroristisches Propagandamaterial, elektronische Datenträger, Bargeld und ein Schlagring beschlagnahmt worden. In dem Ermittlungsverfahren gehe es um den Verdacht der Mitgliedschaft in terroristischen Vereinigungen „im Zusammenhang mit der Rekrutierung junger Menschen für den syrischen Bürgerkrieg“.

Größter Lauschangriff der Zweiten Republik

Zwei Jahre lang habe man die Verdächtigen abgehört und beobachtet - es sei der größte Lauschangriff der zweiten Republik, wie es heißt. Es habe sich der dringende Verdacht gegen mehrere Personen erhärtetet, dass sie junge Muslime radikalisierten, für die Teilnahme an terroristischen Kampfhandlungen in Syrien anwerben und in das Kriegsgebiet entsenden würden.

An der Aktion sollen insgesamt knapp 900 Polizisten aus Wien, der Steiermark, Oberösterreich, Kärnten, Salzburg, dem Burgenland und Niederösterreich und Beamte der Cobra beteiligt gewesen sein. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) betonte in einer Stellungnahme zu dem Polizeieinsatz gegenüber der APA, „dass wir bis zum jetzigen Zeitpunkt von einem bemerkenswerten Erfolg sprechen können“. Im „Ö1-Mittagsjournal“ sagte die Innenministerin, die Ermittlungsarbeiten im Vorfeld der Großrazzia hätten „über ein Jahr“ gedauert. Mikl-Leitner sprach von einem „Großschlag gegen die Dschihadisten“ - mehr dazu in oe1.ORF.at.