Großrazzia: Sechs Verdächtige vor Überstellung

Sechs in Wien inhaftierte mutmaßliche Dschihadisten, die im Zuge der Großrazzia vergangene Woche festgenommen worden sind, sollen in den kommenden Tagen in die Justizanstalt Graz-Jakomini überstellt werden, unter ihnen auch der Hauptverdächtige.

Zwei der acht in Wien Inhaftierten wurden gleich nach Graz gebracht. Von den in Oberösterreich festgenommenen mutmaßlichen Jihadisten wurden alle nach der Befragung auf freien Fuß gesetzt, ebenso wie Verdächtige in Graz und Wien. Gegen sie alle werden aber weiterhin Ermittlungsverfahren geführt und zwar wegen der gleichen Tatbestände wie bei den Inhaftierten: „Bei ihnen waren aber die Haftgründe oder der Tatverdacht nicht schwerwiegend genug für eine Haft“ erklärte Staatsanwaltssprecher Hansjörg Bacher.

„Ebu Tejma“ streitet Vorwürfe ab

Der mutmaßliche Salafisten-Prediger, der in einem Gemeindebau in der Donaustadt festgenommen wurde, streitet die Vorwürfe, er hätte Jugendliche radikalisiert, laut seinem Anwalt Lennart Binder zurück - mehr dazu in „Ebu Tejma“ bestreitet Dschihad-Rekrutierung, Nach Razzia: Verdächtiger schweigt und in „Ebu Tejma“ in Untersuchungshaft. Ob alle acht Verdächtigen in Graz in Untersuchungshaft bleiben, müsse die Justizanstalt noch klären. Eventuell findet eine sogenannte Komplizentrennung statt, sagte Bacher.

Insgesamt wurden am vergangenen Freitag 14 Verdächtige festgenommen, 13 im Zuge der Razzia mit rund 900 beteiligten Beamten, einer etwas später. Zahlreiche Wohnungen und Fahrzeuge wurden durchsucht. In den Ermittlungsverfahren geht es um den Verdacht der Mitgliedschaft in terroristischen Vereinigungen „im Zusammenhang mit der Rekrutierung junger Menschen für den syrischen Bürgerkrieg“.

Eltern fordern flächendeckenden Ethikunterricht

Die Radikalisierung vieler Jugendlicher hat nicht nur den Verfassungsschutz auf den Plan gerufen. Auch Schulen, Eltern und Lehrer sind gefordert. Der Elternverband der Höheren und Mittleren Schulen in Wien fordert, dass der Ethikunterricht flächendeckend an den Schulen eingeführt, um einer möglichen Radikalisierung von Jugendlichen vorzubeugen.

„Wenn alle Kinder in einer Klasse aus den verschiedenen Religionsgruppen oder Nichtreligionen zusammen sitzen, kann das sehr wohl die Toleranz und das Verständnis füreinander stärken“, sagt Elisabeth Rosenberger vom Elternverband. Sie fordert auch mehr Unterstützungspersonal an Schulen. Sozialarbeiter und Schulpsychologen sollen die Lehrer entlasten.

Nicht zuletzt seien auch die Eltern gefordert, sagt Rosenberger. „Eltern sollen einfach aufmerksam sein, am Leben der Kinder teilhaben, um dann eben Auffälligkeiten früher zu entdecken.“ Trotzdem sei niemand vor Radikalisierung gefeit, sagt Rosenberger. Sie könne in allen Bevölkerungsschichten passieren.

Neue Beratungsstelle und Hotline

Die Regierung will die Präventionsarbeit verstärken. Am Montag wurde eine neue „Beratungsstelle Extremismus“ und eine Hotline präsentiert. Die Beratungsstelle richtet sich an die Familie, Arbeits- und Schulkollegen, Lehrer und Freunde, wenn sich ein Jugendlicher „entfernt“, erklärte Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP).

Dabei gehe es nicht nur um Dschihadismus, sondern alle Formen des Extremismus. Neben der Hotline (0800 2020 44) bestehe die Beratungsstelle aus einem mobilen Team, deren Mitarbeiter für Kriseninterventionen ausgebildet seien und die Familien oder Freunde schnell aufsuchen können. Auch die Familienberatungsstellen und die Offene Jugendarbeit würden in die Arbeit der Beratungsstelle einbezogen.

Man dürfe die Gefahr nicht auf einige Personen reduzieren, warnte der islamische Religionspädagoge Ednan Aslan. Er fordert, dass sich Muslime mit ihrer Lehre kritisch auseinandersetzen - mehr dazu in wien.ORF.at.

Links: