Grasser verteidigte Westenthaler vor Gericht

Karl-Heinz Grasser hat heute in Wien im Prozess gegen seinen politischen Weggefährten Peter Westenthaler ausgesagt. Er habe „keine Wahrnehmung dazu“, dass die Jugendfördermillion an die Bundesliga zweckwidrig verwendet worden sei, so Grasser.

Eine Stunde ist der Ex-Finanzminister am Donnerstag im Landesgericht Wien als Zeuge befragt worden. Es ging dabei unter anderem um eine vom Nationalrat genehmigte Nachwuchsfördermillion für die Bundesliga. Westenthaler soll dieses Geld widmungswidrig verwendet und damit einen außergerichtlichen Vergleich mit der Finanzprokuratur finanziert haben.

Grasser konnte keinen Zusammenhang zwischen diesen beiden Vorgängen erkennen. Diese Komplexe seien „als zwei getrennte Themen gesehen und behandelt worden“. „Ich habe bis heute keine Wahrnehmung dazu, dass Geld zweckwidrig verwendet wurde“, gab Grasser zu Protokoll.

Grasser

APA/Herbert Neubauer

Grasser auf dem Weg zum Gerichtssaal

Grasser: Schüssel wollte „Zusatzmillion“

Grasser versicherte, er sei als zuständiger Ressortchef nicht in die außergerichtliche Streitbeilegung mit der Bundesliga involviert gewesen. Dass sein Kabinettschef Matthias Winkler in die Gespräche eingebunden gewesen sein soll, konnte Grasser nicht aufklären.

Dass die Bundesliga eine Sonderförderung in Höhe von einer Million Euro erhielt, sei ausdrücklicher Wunsch von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) gewesen, so Grasser weiter. „Der Bundeskanzler hat mir mitgeteilt, dass er eine Zusatzmillion haben will.“ Hintergrund war die Fußball-EM 2008, die an Österreich und die Schweiz vergeben worden war, Schüssel sehnte sich offenbar nach einem starken heimischen Team.

Grasser: „Wer sind Sie eigentlich?“

Grundsätzlich bemerkte Grasser, dass er die Möglichkeit gehabt hätte, als Ressortchef auf die Steuerschuld der Bundesliga überhaupt zu verzichten. Insofern verstehe er die Anklage nicht: „Wenn wir die Steuerschuld streichen hätten wollen, hätten wir sie einfach gestrichen.“ Wenn die Anklagebehörde davon ausgehe, dass es einer Subvention in Höhe von einer Million Euro bedurft habe, um die Probleme der Bundesliga zu beseitigen, „macht das keinen Sinn“.

Als ein wenig lästig dürfte Grasser den Verteidiger des mitangeklagten Ex-Bundesliga-Vorstands Thomas Kornhoff, Michael Dohr, empfunden haben. Dohr richtete eine Reihe von Zusatzfragen an den prominenten Zeugen. „Lieber Herr Anwalt, ich war praktizierender Politiker. Das läuft so“, wehrte Grasser zunächst eine ihm widersinnig scheinende Frage ab. Als Dohr nicht locker ließ, meinte Grasser: „Wer sind Sie eigentlich?“ Genau dieselbe Frage hatte sich Dohr bereits von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bei dessen Zeugenauftritt im November anhören müssen.

Grasser im Gerichtssaal

APA/Neubauer

Grasser trat als Fürsprecher Westenthalers auf

Politischer Deal?

Die Staatsanwaltschaft wirft Westenthaler und einem mitangeklagten Ex-Bundesliga-Vorstand vor, die Million zweckwidrig für die Tilgung einer Steuerschuld des FC Tirol, für die die Bundesliga geradestehen musste, verwendet zu haben - mehr dazu in Westenthaler hält mit Powerpoint dagegen.

Schon zu Beginn der Ermittlungen in der Causa stand hier ein politischer Deal im Raum. "Ich habe das so verstanden, dass die Bundesliga etwas zahlt und die Bundesliga etwas bekommt, sagte ein Bundesliga-Anwalt im Prozess. Grasser hatte damals den Antrag für die Jugendfördermillion im Nationalrat eingebracht. Sein damaliger Kabinettschef wiederum soll bei den Vergleichsgesprächen rund um die Steuerschulden der Bundesliga dabei gewesen sein.

Ex-Leibwächter Westenthalers sagte aus

Am Vormittag beschäftigte sich das Gericht mit der zweiten Anklage gegen Westenthaler rund um eine 300.000-Euro-Zahlung der Lotterien an das BZÖ für eine „Pseudostudie“. Als Zeuge wurde hier unter anderem der einstige Chauffeur und Mitarbeiter von Westenthaler im BZÖ-Wahlkampf 2006 befragt. Er war persönlich zugegen, als Westenthaler im Juli 2006 seinem engen Vertrauten Kurt Lukasek den Auftrag erteilte, ein Gutachten zum Online-Glücksspiel und Responsible Gaming zu erstellen.

Westenthalers Leibwächter, der zunächst den BZÖ-Gründer Jörg Haider beschützt hatte, kümmerte sich ab Sommer 2006 für 7.500 Euro brutto um die Sicherheit und Terminkoordination Westenthalers. Kontakte zwischen den Lotterien und dem BZÖ bekam er nicht mit. Auch das Glücksspielgesetz habe sich nicht auf Westenthalers Agenda befunden. „Es gab keinen einzigen Termin in dieser Sache“, erwiderte der 44-Jährige auf Befragen von Richter Wolfgang Etl.

"Kannst da ein paar Seiten z’ammschreiben?

Eines Tages habe Westenthaler mit den Worten „Kannst da ein paar Seiten z’sammschreiben?“ Lukasek mit der Erstellung der Studie zum Responsible Gaming beauftragt. Auf Lukaseks Frage, wann Westenthaler das Dokument benötige, habe dieser „So schnell es geht“ entgegnet, so dessen Ex-Leibwächter. Lukasek habe danach ihm gegenüber „unter Kollegen“ ein „Boah, was soll ich da wieder schreiben?“ fallen lassen, erinnerte sich der Zeuge. Er selbst habe „das Ding erst ein paar Wochen später gesehen“ und „nie gelesen“, gab der 44-Jährige an: „Es war nicht wichtig. Mein Objekt der Dringlichkeit saß vor mir im Auto.“

„Für 300.000 Euro muss auch eine Oma lang stricken“

Als „Studie“ wollte der frühere Leibwächter, der mittlerweile in Deutschland lebt und als kaufmännischer Angestellter tätig ist, Lukaseks Ausführungen nicht bezeichnen: „Das Wort ‚Studie‘ fällt mir schwer“. Das „Zettelwerk“ sei ja „aus Google zusammengeschrieben“ worden. Dass die Österreichischen Lotterien dafür 300.000 Euro bezahlten, konnte sich der 44-Jährige „logisch nicht erklären. Da fällt man aus allen Wolken. Das Leben hätt’ ich auch gern.“ Und weiter: „Für 300.000 Euro muss auch eine Oma lang stricken.“

Der 44-Jährige merkte auch noch an, nach seinem Dafürhalten hätte Westenthaler gar nicht die Möglichkeit gehabt, Einfluss auf die Gesetzgebung - etwa zugunsten der Österreichischen Lotterien - zu nehmen: „Er hat das Parlament nur als Gast, als Spitzenkandidat besucht.“

Der ehemalige BZÖ-Bundesfinanzreferent Harald Fischl kam seiner Zeugenladung unentschuldigt nicht nach. Eine weitere Zeugin konnte witterungsbedingt nicht ins Wiener Straflandesgericht kommen. Wie sie dem Richter telefonisch mitteilte, sitze sie im Eisregen im Waldviertel fest.

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